Die Formen und Farben des Darko Nikolic
Er zählt zu den derzeit angesagtesten Künstlern des Konstruktivismus in Deutschland. Nun sind seine Arbeiten gleichzeitig in Hamburg und in China zu sehen. Ein Porträt.
"Es ist eine aufregende Zeit", sagt Darko Nikolic. Für den 45-Jährigen geht es ein paar Stunden später nach Shanghai, von dort weiter in die Sechs-Millionen-Metropole Nanchang. Dort stellt er seine Arbeiten in einem der bedeutendsten Ausstellungshäuser im Südosten Chinas aus. Gleichzeitig präsentiert er Arbeiten in einer Soloshow am Emerging Artist Stand bei der Affordable Art Fair in Hamburg, "wofür ich total dankbar bin, dass man so viel Raum für schwer zu verkaufende Kunst gibt - in Galerien hat man es damit eher schwer."
13 von 36 Bildern seiner Reihe "Archetypes of concrete art" sind in der Hansestadt auf der Messe zu sehen. "Im Grunde genommen ist es so eine Art Blick in den Künstlerkopf", erzählt Nikolic, "weil es eigentlich eine riesige Studie ist. Ich hab mich gefragt: Was kann Farbe, was kann Form unter welchen Bedingungen nicht und habe ein Vergleichssystem gemalt, was mir und allen anderen helfen soll, die Kräfte zu erforschen. In diesem Fall ist der Bereich die Konkrete Kunst - nur Hard Edge Malerei im Grunde."
Darko Nikolic: Kunstwerke als Werkzeuge zur Selbstfindung
Hard Edge beschreibt eine Stilrichtung in der Malerei, die ab ca. 1958 durch den amerikanischen Kunstkritiker Jules Langsner ihren Namen bekommen hat. Hard Edge, zu deutsch: harte Kante. Man erkennt nichts Darstellendes wie eine Landschaft, Dinge oder Personen. Oft sind die geometrischen Grundformen wie Kreise, Dreiecke und Quadrate mit unterschiedlichen, klaren Farbflächen zu sehen. Diese Konstruktive Malerei ist ein Herantasten an das Fundament der Malerei. "Ich forsche viel", erklärt Nikolic. "Ich habe zwei Werkszyklen: Der eine ist forschend. Das, was viele Künstler als kleine Zettel als Studien im Atelier haben - und eigentlich nicht sichtbar ist - formuliere ich aus. Und aus diesen Forschungsstudien entwickle ich einzelne Werke."
Wer glaubt, das sei simples Malen nach Zahlen, irrt. Es ist eine tiefe Auseinandersetzung mit Kräften, Gewichtungen und Empfindungen. "Was mir daran gefällt, ist, dass man auf so einer Meta-Ebene arbeitet", sagt Nikolic. "Im Grunde geht es einfach nur darum, die Farbe und die Form aufzunehmen und die mal mit sich selbst klingen zu lassen." Das sei kein intellektueller Prozess, findet der in Göttingen geborene Künstler, sondern es sei eher ein Prozess des Loslassens und der Introspektive, bei der man die Assoziationen, die man entwickelt, einfach abschalte. "Gerade dieser kontemplative Moment kommt heutzutage eher zu kurz", meint Nikolic. Es ist eher ein Philosophieren mit Formen und Farbe. "Auch Serien, die zehn Jahre alt sind, zu denen formuliere ich immer wieder neue Positionen. Und das ist total interessant zu sehen, weil die über die Jahre immer reifer werden."
Konkrete Kunst und die Einflüsse auf sein Zeichentalent
Angefangen hatte die Liebe zu dieser konstruktiven Malerei bei Nikolic eher zufällig und unbewusst. Als Zehnjähriger musste er einigen Wochen im Krankenhaus verbringen. Die Räume und Flure dort waren mit Formen und Farbflächen versehen. Sie hinterlassen tiefe Spuren im Gedächtnis bei ihm: "Ich war immer angetan von dieser Kraft der Formen, was die alles mit einem machen können, wie die mit einem spielen und wie man in ihnen wegdriften kann." Später haben sie Einfluss auf seine Graffiti-Werke oder auf seine Arbeit als Grafiker bei der Logo-Entwicklung. "Das moderne Logo-Design hat ja als Basis die Konkrete Kunst."
Dennoch merkt er, dass die Arbeit als freiberuflicher Werbegrafiker, nicht sein Ding ist. Als studierter Kommunikationsdesigner hat er "irgendwann gemerkt, dass ich über einen langen Zeitraum meine ganz eigene Sprache entwickeln will. Und das ist in der angewandten Grafik und Kunst nicht möglich. Sich jetzt 15 oder 20 Jahre Zeit zu nehmen, um seine eigene Sprache in der Tiefe zu entwickeln, das kann ich nur als Künstler." Und so wurde aus dem Jungen, der am liebsten Comic-Zeichner hätte werden wollen, ein Maler für großflächiges Nachdenken über Form und Farbe und deren Wechselwirkungen. Seine Arbeiten sind auch im öffentlichen Raum zu sehen, für den er gerne arbeitet. So zum Beispiel große wachsende Farbkreise an einer Hausfassade im Hamburger Gängeviertel oder, wenn alles klappt, demnächst in Harburg.
Offen für eine spannende Zukunft
So wird Darko Nikolic auch weiter am Prozess des Dialogs zwischen Form und Farbe in seinen Bildern, Skulpturen oder Installationen arbeiten: "In den nächsten fünf Jahren möchte ich noch klarer mit den unterschiedlichen Werkzyklen unterwegs sein, also noch strukturierter inszenieren und kommunizieren, weil ich gemerkt habe, dass ich das nicht so klar rausstelle, was mich ausmacht." Sonst ist er für die Zukunft offen, denn "es entwickelt sich gerade total interessant und es gibt ganz neue Möglichkeiten und ganz neue Wege - ich darf einfach nur gespannt sein, was ich so geschenkt bekomme."