Der Maler und das Moor - Otto Modersohn
"Die Verbindung zu ihm war für mich eine große Bereicherung. Im Wesentlichen über die Landschaft - mit einem ganz breiten Horizont und einem riesenhaften Himmel oben drüber. Diese Landschaft hat mich immer angezogen. Und Modersohns Art sie zu malen" begründete Altkanzler Helmut Schmidt, der Otto Modersohn als junger Soldat kennenlernte, seine Begeisterung für dessen Malstil.
Norddeutsche Landschaften im Licht
Modersohn, am 22. Februar 1865 im westfälischen Soest geboren, gilt zusammen mit Fritz Mackensen als Gründer der Künstlerkolonie Worpswede in der Nähe von Bremen. Das war im Jahr 1889. Später stießen unter anderem der Impressionist Hans am Ende und Heinrich Vogeler, der durch Jugendstil- und Grafikmalerei bekannt wurde, dazu.
Beeinflusst von der französischen Freilichtmalerei malten sie niederdeutsche Moorlandschaften an der Wümme unter dem Einfluss von den Natur- und Wetterverhältnissen, Gebäude und Straßenzüge und porträtierten einfache Leute bei ihrer Arbeit.
Modersohn malt inspirierende Moorlandschaften
Die frühen Arbeiten Otto Modersohns faszinieren durch ihre klare einfache Sprache. Auf einer Ausstellung in München 1895 werden Modersohns großformatige Moorlandschaften gefeiert.
Sobald dem Maler etwas auffällt, notierte er es im Stehen oder Gehen in ein Skizzenbuch. Nach dem Durchsehen machte er daraus noch am Abend Kompositionszeichnungen. 186 solcher Skizzenbücher besitzt das Otto-Modersohn-Museum. Viele dieser analytischen Zeichnungen werden später die Vorlage für Modersohns Ölgemälde.
Nach dem dem Tod seiner ersten Frau im Jahr 1900 heiratet er ein Jahr später die viel jüngere Malerin Paula Becker. Er ist ihr Förderer, aber auch ihr Kritiker. Bekannt wird seine zweite Frau durch ihre von Paul Cézanne beeinflussten expressiven Porträts. Sie stirbt 1907 im Wochenbett nach der Guburt ihrer Tochter Mathilde. Obwohl Paula Modersohn-Becker zu Lebzeiten nur wenige Bilder verkaufte verkauft, steht der bodenständige Landschaftsmaler Otto Modersohn, dessen Werk auf rund 12.000 Bilder geschätzt wird, bis heute im Schatten seiner zweiten Frau.
Otto Modersohn zieht nach Winterhude
Nach deren Tod zieht er in das rund 20 Kilometer nordöstlich von Worpswede gelegene Fischerhude. Modersohn und Vogeler stoßen bei ihrer gemeinsamen Suche nach einem ruhigeren Künstlerort auf das märchenhaft abgeschiedene Dorf. Aus der Ehe mit Louise Breling, Tochter des ortsansässigen Malers Heinrich Breling, die er 1909 heiratet, gehen die Söhne Ulrich und Christian hervor. In dieser Zeit spricht er sich als einer der wenigen Künstler in einem mit nationalistischen Untertönen geführten Streit für den Ankauf des Gemäldes "Mohnfeld" von van Gogh durch die Bremer Kunsthalle aus.
In Fischerhude entstehen Bilder von überraschender Farbigkeit und Leuchtkraft. Beim Malen habe sich Modersohn nach Möglichkeit in einen tranceartigen Zustand versetzt und völlig in sich gekehrt zu malen begonnen, beschreibt seine Enkelin Antje Modersohn die Arbeitsweise ihres Großvaters. Wenn er im Atelier gemalt hat, habe er dort die Erinnerungen an die Naturerscheinungen umgesetzt. "Er hat irgendwann mal gesagt: 'Man muss die Grammatik der Natur lernen, ehe man ein Bild malt'... In diesem Zusammenhang ist auch seine berühmte Formulierung gefallen, dass es irgendwann so ist als Maler, dass man vor der Staffelei sitzt oder vor der Zeichnung und man hat dann plötzlich gar nicht mehr das Gefühl, dass man selbst malt, sondern das Es malt".
1922 begibt sich der Maler zusammen mit seiner Frau Louise auf eine ausgedehnte Studienreise nach Wertheim, Würzburg und ins Allgäu. Im Schloss Wertheim (in Baden-Württemberg) befindet sich heute noch ein rund 30 Bilder umfassendes Modersohn-Kabinett.
Konzentration auf das Wesentliche
Die künstlerische Arbeit fällt Modersohn nach 1936 sehr schwer. Er verliert durch eine Netzhautablösung das Licht eines Auges und musste sich fortan mit dem verbliebenen Auge extrem beim Malen konzentrieren, um seinen Motiven die richtige Form zu geben, besonders in der perspektivischen Darstellung. Wenn er gefragt wird, ob das für ihn als Maler furchtbar sei, geantwortet er: "Nein. Jetzt sehe ich nur noch das Wesentliche".
Otto Modersohn stirbt am 10. März 1943. Sein Sohn Christian Modersohn (1916 bis 2009), der als Maler in Worpswede lebte, baut für seinen Vater und dessen Gemälde ein eigenes Museum in Fischerhude.