"Faszination Höhle": Labyrinth aus Stalagmiten und Stalaktiten
Die Sonderausstellung "Faszination Höhle" der Museen Böttcherstraße in Bremen widmet sich zum ersten Mal überhaupt dem Motiv Höhle in der Bildenden Kunst und präsentiert dafür rund 50 Kunstwerke aus 200 Jahren.
Fast triumphierend führt Franz Catel auf seinem Gemälde von 1820 den Blick aus dem Dunkel einer Höhle in die lichte Weite einer italienischen Sommerlandschaft - hinein in das Unbekannte, dass der Maler damals gerade zu entdecken begann. Bei Eugène Delacroix dient die Höhle dagegen als Schutzraum: Geborgen im Felsenrund betrauern dort Maria und ihre Gefährten den toten Jesus. Und Dorothy Cross greift in ihrer Videoarbeit das Mythische von Höhlen auf: Sie entführt in das Dunkel einer Tropfsteinhöhle, wo ein schmächtiger Junge unter einem gewaltigen Stalaktiten singt.
"Dorothy Cross lebt tatsächlich in Irland in der Nähe von einer Höhle - die fasziniert sie schon seit langem", erklärt Museumsdirektor Frank Schmidt. "Sie sieht 'Höhle' auch als einen Ort der Geschichte. In den Höhlen fängt alles an. Es gibt ganz viele Ur-Mythen, die sich mit Höhlen beschäftigen. Es ist auch diese Verbundenheit mit der Erde: Aus der Erde kommen wir, das ist ein Schutzraum. Und das fasziniert sie."
Herumlaufen in knallbunter Höhlen-Installation
Diese Faszination überträgt der Museumsleiter nicht nur mit Gemälden, historischen Fotografien, Zeichnungen und Videoarbeiten in die Ausstellung. Gleich im ersten Saal lockt sogar eine echte, den ganzen Raum ausfüllende Höhle! Bestehend aus knallbunten Stoffelementen beherbergt sie ein Labyrinth aus Stalagmiten und Stalaktiten, in dem Herumlaufen ebenso möglich ist, wie sich einfach in die weichen Polster fallen zu lassen.
"Wir wollten, dass die Besucher nicht nur Höhlen als Bilder sehen, sondern auch in eine Höhle eintreten und sich dort aufhalten können", sagt Schmidt. "Wir sind sehr dankbar, dass wir ein Exemplar der 'Fantasy Landscape' von Verner Panton bekommen konnten, ursprünglich von 1970, auf der Möbelmesse von Köln erstmals gezeigt."
Damals entstanden als ein Ideenbeitrag zum "Wohnen in der Zukunft", verführt die fantastische Höhle jetzt dazu, in ihrer Geborgenheit kauern zu bleiben - würde da nicht dieses betörend blaue Licht am Ausgang der Höhle locken: Es entpuppt sich als ein drei Meter breiter Leuchtkasten mit einer riesig vergrößerten Fotografie von 1905. Sie zeigt die Einfahrt der Blauen Grotte von Capri, die Felsen behängt mit Werbeschildern für Restaurants und Hotels - der Beginn des Massentourismus.
Die Höhle in ihrer ganzen Schönheit
Einen Saal weiter präsentieren gleich mehrere Gemälde von August Kopisch und Ernst Fries die Höhle in ihrer ganzen, stillen, erhabenen Schönheit - so wie die beiden sie 1826 wiederentdeckt hatten. "Die Einheimischen haben sie dorthin gerudert, dann sind sie hineingeschwommen, haben dieses wundervolle, blaue Licht gesehen und natürlich sofort als Maler erkannt, dass es ein tolles Motiv ist. Dann sind sie mit Malwerkzeug zurückgekommen und haben die ersten Skizzen gemacht. So haben sie es zu dem gemacht, was es heute ist - ein touristisches Highlight in der Region", erzählt Schmidt.
Der beunruhigende Blick ins Ungewisse
Die Idee zu dem Höhlen-Projekt kam Kurator Schmidt anlässlich des 150. Geburtstags von Bernhard Hoetger. Der Architekt des Böttcher-Museums inszenierte den Eingang des Hauses damals als Grotte, um den Besucher vom Dunkel ins Licht der Museumssammlung zu führen.
Zwar ist es schade, dass ein kleiner, bebilderter Abriss über die Bedeutung der Höhle in Urzeit, Mystik und Philosophie in der Ausstellung fehlt. Doch dafür zeigt sie erstmals anschaulich, was Künstler*innen an dem Höhlen-Motiv überhaupt interessierte und dass es bis heute, bis zu Axel Hüttes großer Fotografie in das Dunkel einer Tropfsteinhöhle, vor allem dieser beunruhigende Blick in ein vielfältig interpretierbares Finstere, Geheimnisvolle und Ungewisse ist.
"Faszination Höhle": Labyrinth aus Stalagmiten und Stalaktiten
Das Paula-Modersohn-Becker-Museum in Bremen zeigt, wie Künstler*innen sich mit dem Motiv Höhle auseinandergesetzt haben.
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Paula Modersohn-Becker Museum
Böttcherstraße 6-10
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