Stand: 09.05.2011 15:30 Uhr

Nivea: Vom Alltagsprodukt zur Kultmarke

von Ann-Katrin Johannsmann, NDR Info
Ein historisches Nivea Plakat. © Beiersdorf AG
Eine Marke mit Geschichte: Werbung für Nivea in Frankreich und Belgien im Jahr 1939.

Nivea ist die Doris Day unter den Cremes: kein Schnickschnack, keine 'Total Effects', kein 'Invisible Lift', sondern solide Pflege. Eine Freude für Puristen. Blaue Dose, weiße Creme. Dazu passt auch der Name: "Nix, Nivis ist im Lateinischen der Schnee. Der abgeleitete Name Nivea ist eben die Schneeweiße", erklärt der Historiker Thorsten Finke, der bei dem Hamburger Unternehmen Beiersdorf für die Markengeschichte zuständig ist.

Vor 100 Jahren kaufte Firmengründer Oskar Troplowitz das entscheidende Patent für die Mutter aller Cremes. Durch den Emulgator Eucerit gelang es ihm, Wasser und Öl miteinander zu einer schneeweißen Creme zu verrühren. Hinzu kamen Duftstoffe wie Maiglöckchenöl, Bergamotte und Zitrone. Und heraus kam ein Duft, der wie Badewanne, Abendbrot und Samstagabendshow in einem riecht - nach Erinnerung.

VIDEO: Beiersdorf feiert 100 Jahre Nivea (3 Min)

Die blaue Dose als Markenzeichen

Eine historische Nivea-Dose des Unternehmens Beiersdorf in Hamburg vor einem moderneren Design. © dpa Foto: Jens Ressing
Das ursprüngliche Design der Nivea-Dose war gelb. Werbeleiter Juan-Gregorio Claussen verpasste ihr erst 1924 die schlichte blau-weiße Optik.

Die Basis der Nivea-Creme hat sich in den vergangenen 100 Jahren kaum verändert. Die Verpackung schon: Die erste Dose aus dem Jahr 1911 sah nicht so aus, wie wir sie heute kennen. Sie war noch nicht einmal blau. Die Dose war gelb, mit grünen Jugendstilranken am Rand. 1924, sechs Jahre nach dem Tod von Troplowitz, verpasste Beiersdorf-Werbeleiter Juan-Gregorio Claussen der Nivea-Creme-Dose ihre neue schlichte Optik.

Claussen hatte mexikanische Wurzeln, war ehemaliger Kapitän und mochte blau und weiß. Er traf den Nerv der Zeit: "Die Nivea-Creme war anfangs für eine elegante Dame gedacht, die möglichst wenig im Freien war und wenn, dann nur mit Schirm, um ihren blassen Teint nicht zu verderben. Das änderte sich dann Mitte der 1920er-Jahre sehr stark. Die Menschen trieben Sport, gingen in Bäder und an den Strand", weiß Historiker Finke zu berichten.

Boykottaufrufe während der Nazi-Zeit

Beiersdorf-Labor im Jahr 1914. © dpa
1911 kreierte der Apotheker Oskar Troplowitz die Nivea-Creme im Beiersdorf-Labor.

Schon 1914 war Beiersdorf ein internationales Unternehmen, mit Filialen auf allen fünf Kontinenten. In der Nazi-Zeit war die mittlerweile in eine Aktiengesellschaft umgewandelte Beiersdorf AG aufgrund der jüdischen Herkunft der Gründerfamilie und des damaligen Vorstandsvorsitzenden Willy Jacobson Hetzkampagnen von Parteizeitungen und der Konkurrenz ausgesetzt. "Es gab Kampagnen wie: 'Kauft keine Judencreme', oder ähnliches. In der Nazi-Presse gab es Artikel gegen Beiersdorf, unter anderem im Stürmer. Und es gab diese kleinen Klebezettel, die teilweise von der Konkurrenz lanciert wurden und auf Beiersdorf-Produkte geklebt wurden," so Finke.

Der damalige Vorstandsvorsitzende floh zuerst in die Niederlande und dann in die USA. Nach dem Zweiten Weltkrieg war Beiersdorf damit beschäftigt, seine internationalen Markenrechte, die von den Alliierten beschlagnahmt worden waren, wieder zurückzukaufen.

Zahnpasta erwies sich als Flop

Nivea war von Anfang an nicht nur Hautcreme, sondern eine ganze Marken-Familie: Rasierschaum, Puder, Sonnencreme. Auch Zahnpasta war mal dabei, doch die sei ein Flop gewesen, erzählt Finke: "Man kannte natürlich schon die Creme, die man auf die Haut aufträgt, und dann eine weiße Creme zu benutzen, mit der man die Zähne putzt - ich glaube, da gab es einfach ein kleines Problem im Transfer."

Heute hat die Nivea-Creme über 100 verschiedene Produktableger. Aber die Zahnpasta ist nicht die einzige Markenerweiterung, die nicht funktioniert hat. Das gleiche Schicksal ereilt aktuell die Make-Up-Serie von Nivea. Roter Nagellack und grüner Lidschatten haben aus Sicht der Kunden einfach nicht zum Reinheitsgebot der Nivea-Marke gepasst.

Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal | 03.03.2001 | 19:30 Uhr

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