Stand: 03.06.2015 14:42 Uhr

Flanieren übers Meer: Seebrücke Heringsdorf

Die historische Seebrücke Heringsdorf um 1924 © picture-alliance/ ZB Foto: Sammlung Sauer
Die alte Seebrücke - hier um 1924 - war Anleger und Flaniermeile zugleich. Ein Feuer zerstörte den Bau 1957.

Mit 508 Metern ist sie die längste ihrer Art in Deutschland: die Seebrücke Heringsdorf auf der Insel Usedom. 300 Meter des gesamten Bauwerks führen über das Wasser der Ostsee. Die heutige Seebrücke wurde am 3. Juni 1995 eingeweiht, steht aber in der Tradition ihrer Vorgängerin aus dem 19. Jahrhundert. Bereits seit 1893 gab es eine erste Seebrücke, eine aufwendige Holzkonstruktion mit Türmchen und Kolonaden. Sie sorgte dafür, dass Heringsdorf für seine prominenten Urlaubsgäste gut mit dem Schiff zu erreichen war. Allerdings trotzte das Bauwerk Wind und Wellen nur gut 60 Jahre lang: 1957 vernichtete ein Feuer die Kaiser-Wilhelm-Brücke.

Neubau nach mehr als 40 Jahren

Seebrücke von Heringsdorf © NDR Foto: Detlef Matthias aus Greifswald
In der Mittelplattform laden Geschäfte zum Einkauf über dem Wasser ein.

Mehr als 40 Jahre musste das Seebad dann ohne Brücke auskommen. In der DDR wurde offenbar kein Wert auf den Bau gelegt, der als Symbol für die herrschaftlichen Besucher der Insel galt. Erst in den 1990er-Jahren entdeckte die Gemeinde Heringsdorf den Reiz der Seebrücke wieder. So gibt es heute - etwa 50 Meter vom ursprünglichen Standort entfernt - einen Neubau, der 50 Meter länger ist als das Original. Die Brücke steht auf Stahlpfeilern, die sechs Meter tief in den Meeresboden gerammt und mit Sand gefüllt wurden. Am Ende der Seebrücke bietet ein Restaurant mit einem auffälligen, pyramidenförmigen Dach beste Aussichten auf Meer und Küste. Der hölzerne Steg dorthin ist zum Schutz gegen Wind und Wetter überdacht. Die letzten Meter der Brücke führen hinab zum Anleger, von dem aus Ausflugsschiffe Heringsdorf mit anderen Seebädern verbinden. An Land beginnt die Seebrücke mit einem Gebäudekomplex: Zahlreiche Geschäfte, mehrere Lokale, ein Kino, das Muschelmuseum und Ferienwohnungen sind dort untergebracht. Auf der Mittelplattform haben weitere Läden eröffnet.

Vom Landungssteg zur Flaniermeile

Seebrücke Heringsdorf bei Nacht © www.usedom.de
Auf beleuchteten Wegen über das Meer: die Seebrücke 2010.

Die heute rund 20 Seebrücken an der Ostseeküste Mecklenburg-Vorpommerns haben eine mehr als 100-jährige Geschichte. Damals waren sie nicht nur - wie noch heute - beliebte Flaniermeilen, sondern auch Landungsstege für betuchte Besucher, die auf dem Seeweg anreisten. Sie mussten nicht mehr vor der Küste in kleine Boote umsteigen und durch die Wellen zum Strand gerudert werden, sondern konnten ihre Schiffe bequem und trockenen Fußes verlassen. Heringsdorf war und ist das bekannteste und das älteste Bad auf der Insel Usedom. Forstmeister George Bernhard von Bülow ließ 1824 in dem kleinen Fischerort die erste private pommerische Badeanstalt am Strand errichten. Später folgten zahlreiche klassizistische Villen. Sie zogen immer mehr wohlhabende Gäste in den Ort und die Umgebung. Im "Nizza des Ostens" trafen sich Persönlichkeiten wie Theodor Fontane, Maxim Gorki und Leo Tolstoi. Als Ausdruck des feinen Lebensstils schillerten die eleganten Prachtbauten wie die Villa Staudt oder die Villa Oppenheim, wo einst der Künstler Lyonel Feininger residierte.

Nach der Wende wurden zahlreiche Villen restauriert und erstrahlen in neuem Glanz. Die kilometerlangen Strände der Insel locken heute in jedem Jahr Zehntausende Urlauber nach Usedom.

Weitere Informationen
Blick über die Seebrücke in Ahlbeck. © NDR Foto: Tino Pfundt aus Leipzig

Von verträumt bis mondän: Usedom

Lange Strände, prächtige Bäderarchitektur und die malerische Lage zwischen Ostsee und Achterwasser zeichnen Usedom aus. mehr

Strandleben in Heiligendamm, Bad Doberan, um 1934 © picture alliance / arkivi

Vor 230 Jahren: Heiligendamm geht als erstes Seebad in Betrieb

Am 21. September 1793 fiel der Startschuss für Heiligendamm als Seebad. Der Adel finanzierte die Badefreuden an der Ostsee. mehr

Dieses Thema im Programm:

Mein Nachmittag | 09.03.2016 | 16:10 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Vorpommern

Mehr Geschichte

Horst Janssen, 1992. © picture-alliance/dpa Foto: Uwe Zucchi

Horst Janssen: Exzessives Leben und expressive Kunst

Vollblutzeichner Horst Janssen lebte exzessiv und galt als Frauenheld. Am 14. November 1929 wurde er in Hamburg geboren. mehr

Norddeutsche Geschichte