Regisseur der Kochdoku "Am Pass": "Champions League der Küche"
In der dritten Staffel der Kochdoku "Am Pass" geht es in jeder der acht Folgen um eine Spitzenküche in Norddeutschland. Im Interview erzählt Filmemacher Christoph Heymann, was die Sterne-Gastronomie ausmacht und was man von den Protagonisten seiner Doku lernen kann.
In den neuen Folgen von "Am Pass - Geschichten aus der Spitzenküche" konzentriert sich Regisseur Christoph Heymann mit seinem Team ganz auf Restaurants im Norden. In exzellent inszenierten Bildern zeigen die 30-minütigen Filme, wie in Sterne-Restaurants zwischen Norderney und Osnabrück, Hamburg und Bad Zwischenahn gezaubert wird. Alle acht Folgen ab sofort in der ARD Mediathek.
Herr Heymann, man denkt bei Sterneküche vielleicht eher an Großstädte. Aber weit gefehlt - Norderney, Osnabrück, Bad Zwischenahn oder Friedland: Was haben Sie beim Blick auf die Karte gedacht, als Sie die Drehorte für die neue Staffel von "Am Pass" geplant haben?
Christoph Heymann: Erst einmal dachte ich: Schade, das liegt alles so nah beieinander. Und vermutlich sind die sich alle ähnlich, weil sie auf dem gleichen Fleckchen Erde leben. Teilweise sind die Küchen drei Kilometer auseinander, wie zum Beispiel in Osnabrück. Aber trotzdem sind die Köche grundverschieden und ganz anders. Das war dann die schöne Überraschung.
Was macht denn Spitzengastronomie so teuer? Ist es das Handwerk? Sind es die Zutaten? Oder ist es die Kombination, mit Ambiente und allem?
Heymann: Ich würde sagen, es ist schon die Arbeit, die die Köche in die Produkte stecken, weil sonst wäre das ja recht einfach. Dann könnten wir jetzt beide auch gemeinsam ein Sterne-Restaurant eröffnen, indem wir uns einfach gute Zutaten kaufen, die schön zubereiten und fertig ist. Es geht um die Energie und die Leidenschaft, die die Köche in ihre Arbeit stecken. Es geht um die Zeit, die in Produkte investiert wird, auch in die Ideen und die Geschichten hinter den Gerichten. Es ist eher das Handwerk als das Produkt an sich.
Die Serie heißt "Am Pass" - das ist dieser Tresen zwischen Küche und Service, wo das Essen angerichtet wird, quasi als Verbindung zwischen Küche und Gast. Warum ist diese Stelle besonders interessant?
Heymann: Am Pass kommt alles zusammen, da ist die größte Energie und man merkt den größten Stress während des Services. Dort ist oft auch die Position des Küchenchefs, der da steht und noch mal die Gerichte überprüft, damit sie so rausgehen, wie er sie sich vorgestellt hat. Alles soll so passen, wie es den Tag über vorbereitet wurde. Von daher ist das die spannendste Stelle für ein Filmteam in der Küche.
Sie haben da viel Zeit verbracht. Richten Sie Ihr eigenes Essen zu Hause jetzt auch ein bisschen liebevoller und künstlerischer an?
Heymann: Nein, ich bin ja kein Sternekoch (lacht). Am Ende ist es ja eine Arbeit, in der ich zeigen möchte, wieso Menschen so viel Leidenschaft in ihre Produkte stecken. Und es wäre total vermessen, wenn ich jetzt sage, ich würde von denen Kochen lernen. Das ist quasi die Champions League der Küche - und da kann man oft auch einfach nur staunend zugucken. Das macht dann ganz etwas anderes mit mir, als dass ich mein Essen schöner anrichten möchte.
Gezeigt werden ausschließlich Männer - aber es gibt ja auch Spitzenköchinnen.
Heymann: Dem ist so. Aber da gibt es nur ganz wenige, in Norddeutschland sowieso. Deswegen war das jetzt nicht die Frage. Das ist auch immer so ein journalistischer Blick auf das Thema. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ein super schwieriges Thema in Deutschland. Das macht es für Frauen in der Spitzengastronomie oft schwer, weit zu kommen. Es gibt, Stand jetzt, 15 besternte Köchinnen in ganz Deutschland, so dass es fast selbsterklärend ist, warum so wenige von ihnen in der Sendung auftauchen. Wir hatten in der ersten Staffel eine Frau und ein Koch-Pärchen. Seitdem sind wir leider wieder ohne Sterneköchin unterwegs. Das würden wir gerne ändern.
Das Interesse an Kochsendungen ist sehr groß im Fernsehen. Nun ist "Am Pass" keine Kochsendung. Aber kann man dennoch etwas lernen? Was nehmen wir mit, wenn es keine Rezepte sind und keine Ideen für das eigene Essen?
Heymann: Wir nehmen mit, wie man mit ganz viel Leidenschaft etwas erschaffen und wie man kreativ an die Produkte und die Arbeit herangehen kann. Wir nehmen mit, dass Köche einen ganz anderen Blick auf Leben und Arbeit haben. Sie verbringen einfach sehr viel Zeit in der Küche. Ein Koch aus der zweiten Staffel hat mal gesagt: Das ist total witzig - ich habe nicht mal einen Hauptschulabschluss und trotzdem nehmen mich Professoren und hochstudierte Menschen total ernst, einfach nur, weil ich richtig salzen kann. Ich finde, das beschreibt ganz gut, was wir da lernen. Wir lernen einfach ganz viele unterschiedliche Charaktere kennen, die etwas zum Leben zu sagen haben.
Das Gespräch führte Philipp Schmid.