Mediathekstipp: "Am Pass - Geschichten aus der Spitzenküche"
Eigentlich müsste man die ARD-Serie "Am Pass" mit einer Trigger-Warnung versehen - wegen der Bilder, die Lust aufs Essen machen. Jede der acht Folgen erzählt eine Geschichte aus einer norddeutschen Spitzenküche. Das Restaurant IKO in Osnabrück macht den Auftakt.
"Also in erster Linie kochen wir hier, was Spaß macht", sagt Tom Elstermeyer und fügt lachend hinzu: "In erster Linie uns und dann den Gästen im besten Fall." Elstermeyer kocht seit mehr als 20 Jahren. Und am Anfang hielt sich der Spaß in Grenzen: "Ich war einfach genervt, dass man immer kochen muss, was die Leute sowieso schon kennen: Nudeln mit Tomatensauce, Parmesan, Carbonara, irgend ein Curry…". Elstermeyer fühlte sich wie in einem Korsett. Doch dann hörte er von dem Spanier Ferran Adrià, der mit seiner Molekularküche alle Regeln des Kochens auf den Kopf stellte. Ihn habe fasziniert, Dinge "krass infrage zu stellen und zu sagen: Ey, du kannst alles machen. Es gibt keine Regularien".
Erfahrungen aus Spitzenrestaurants in Spanien und London
Elstermeyer ging ins Ausland, arbeitete in Spitzenrestaurants in Spanien und London, und kehrte - beflügelt von neuen Ideen - nach Deutschland zurück. "Du kannst alles kochen, was du willst, du musst es eben nur richtig machen!", sagt er heute. "Dass diese Möglichkeit besteht, dass man ein Handwerk gelernt hat, mit dem man kreativ arbeiten kann, das war für mich ein Befreiungsschlag. Das ist jetzt voll emotional, aber hätte es das nicht gegeben, hätte ich nicht weiter gekocht!"
"Viel Spaß" statt "Guten Appetit"
Elstermeyer bedient sich aus der Weltküche, aber alles schmeckt irgendwie anders, verrückter und sinnlicher, als die Gäste es jemals gegessen haben. "Das war das erste Mal in meinem Leben, dass jemand beim Essen gesagt hat: 'Und jetzt viel Spaß!' anstatt 'Guten Appetit'. Und in dem Moment ist mir einfach das Herz aufgegangen", schwärmt eine Stammkundin. Im IKO gibt es keinen Dresscode - weder für die Gäste, noch für das Team. Tom Elstermeyer, der sich in seiner Freizeit mit Freunden zum Skateboarding trifft, trägt am Herd eine Strickmütze und ein T-Shirt, das seine tätowierten Arme zeigt.
"Menschen glücklich machen: Das ist meine Mission"
Überraschend für manchen Gast sind auch die Teller, auf denen die Köstlichkeiten auf den Tisch kommen. 90 Prozent des Geschirrs hat Elstermeyer selbst getöpfert. "Generell habe ich Freude an diesen sehr viel organischeren Formen, dass nicht jeder Teller so uniformiert daherkommt. Die können auch mal wackeln", sagt er. "Menschen glücklich machen: Das ist meine Mission."
Und das gilt nicht nur für die Gäste. Deshalb sei es auch wichtig, sich einen schönen Arbeitsplatz mit einer schönen Atmosphäre zu schaffen. Ebenfalls wichtig sei, "dass es ein vernünftiges Personalessen gibt, bei dem alle zusammen am Tisch sitzen, dass es unseren Sektsamstag gibt, bevor der Service losgeht, dass ich mich beim Team bedanke für das, was wir hier machen. Ich will, dass es denen gut geht, dass sie gerne zur Arbeit kommen. Und egal was, dass wir Lösungen finden."
"Ein ehrlicher Laden, in dem du richtig geil essen kannst"
Möglichst viele Tische, möglichst viele Bestellungen und der extreme Druck, der hinter den Kulissen vieler Sterne-Restaurants herrscht: Auf all das pfeift Tom Elstermeyer. Alles was er will, ist "ein ehrlicher Laden, in dem du richtig geil essen kannst, neue Dinge kennenlernst, ohne dass es nervt und ohne dass es wie eine Fortbildung ist, das Essen." Ein Konzept, das aufgeht und vor allem: Freude macht.
Die dritte Staffel der Serie "Am Pass - Geschichten aus der Spitzenküche" konzentriert sich ganz auf Norddeutschland. In exzellent inszenierten Bildern zeigen die 30-minütigen Filme, wie in Sterne-Restaurants zwischen Norderney und Osnabrück, Hamburg und Bad Zwischenahn gezaubert wird. Alle acht Folgen ab sofort in der ARD Mediathek.