Kritik aus Hollywood an Claudia Roths Berlinale-Politik
Variety veröffentlicht einen offenen Brief zur Berlinale 2024, der scharfe Kritik am Verhalten von Kulturstaatsministerin Claudia Roth übt. Filmschaffende aus aller Welt haben ihn unterzeichnet.
Claudia Roth in Hollywood, das kommt nicht so oft vor. Im März war die Kulturstaatsministerin Gast bei den Academy Awards in Los Angeles, freute sich über vier Oscars für den Film "Im Westen nichts Neues" und versprach: "Ich will den deutschen Film repräsentieren und das, was wir für den deutschen Film tun!" Hollywood und Claudia Roth werden in dieser Woche wieder in einem Atemzug genannt - dieses Mal ist die Tonlage aber ganz anders. In einem offenen Brief kritisieren Filmemacher aus aller Welt ihren Umgang mit der Leitung der Berlinale und dass Claudia Roth den Vertrag des bisherigen künstlerischen Leiters Carlo Chatrian offenbar nicht verlängern will. Zu den Unterzeichnern gehören auch Hollywood-Größen wie Regisseur Martin Scorsese, Schauspielerin Kristen Stewart, die in diesem Jahr Jury-Präsidentin der Berlinale war, oder Regisseur M. Night Shyamalan.
Rückhalt von Filmschaffenden für Carlo Chatrian
In dem Brief heißt es:
"Wir, eine vielfältige Gruppe von Filmemachern aus der ganzen Welt, die großen Respekt vor den Internationalen Filmfestspielen Berlin haben, protestieren gegen das schädliche, unprofessionelle und unmoralische Verhalten von Staatsministerin Claudia Roth, die den künstlerischen Leiter Carlo Chatrian zwingt zurückzutreten, obwohl versprochen wurde, seinen Vertrag zu verlängern."
Mehr als 300 Filmschaffende haben den offenen Brief, der im Branchenmagazin "Variety" exklusiv veröffentlicht wurde, unterschrieben. Hintergrund ist, dass Roth angekündigt hatte, wieder zur Leitung des Filmfestivals durch eine Person zurückzukehren. Eine Findungskommission soll nun den neuen Leiter oder Leiterin bestimmen. Bisher haben Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek die Berlinale geschäftlich und künstlerisch als Doppelspitze geleitet. Der italienische Filmkritiker Chatrian gilt als erfahrener Festivalorganisator. Zuvor war er künstlerischer Leiter des Filmfestivals in Locarno.
Filmschaffende halten Chatrian für progressiven Leiter
Chatrian hatte in einem Interview mit Variety gesagt, er sei von der Entscheidung völlig überrascht worden. Im März habe er sich noch mit Roth getroffen und sei davon ausgegangen, auch 2024 die Berlinale mit zu leiten. Der Ton des offenen Briefes ist deutlich und scharf - die Filmschaffenden stellen sich hinter Chatrian:
"Carlo Chatrian ist vielleicht kein Showman, aber auf seine ruhige Art haben er und sein Team einen offenen und künstlerisch lohnenden kuratorischen Weg gewählt, indem er neue Richtungen im Weltkino aufzeigt, Stereotypen infrage stellt und verschiedene Bereiche des Filmemachens miteinander verbindet."
Forderungen nach Verlängerung von Chatrians Amtszeit
Die Unterzeichner bekräftigen damit auch den Wert des Festivals auf internationaler Bühne. In den USA wird aufmerksam verfolgt, dass die Berlinale harte Einschnitte im Budget erwartet. So soll die Gesamtzahl der Filme um fast ein Drittel reduziert werden. Zum Schluss heißt es in dem Brief:
"Wir verlangen nachdrücklich, Carlo Chatrians Amtszeit zu verlängern und den Schaden zu reparieren, der diesem essenziellen Filmfestival zugefügt wurde."
Aus dem Kulturstaatsministerium in Berlin hieß es, man bedauere, dass Chatrian nicht mehr als Leiter zur Verfügung stünde.