Zwischen Doku und Fiktion im Kino: Brauchen wir noch mehr Biopics?
Verfilmte Lebensgeschichten von Rock- und Popstars sind im Kommen. Der Brite Sam Mendes hat angekündigt, er wolle über die Beatles vier Filme drehen. Ocke Bandixen macht sich dazu Gedanken.
Ein guter Film braucht drei Dinge - sagt Billy Wilder: ein gutes Buch, ein gutes Buch, ein gutes Buch. Und wer würde ihm schon widersprechen wollen? Obwohl auch er, in Besitz dieser Weisheit, durchaus nicht nur Meisterwerke gedreht hat. Ein gutes Buch also - ist damit nicht klar, dass es eine erdachte Geschichte sein muss. Literatur, ein Drehbuch, eine mit Kniffen und Wendungen zusammengestellte Geschichte, ergreifend, aufregend, aufwühlend, lustig? Nein.
Hat das wirklich so stattgefunden?
"Wenn ich noch höher singe, dann können mich nur noch Hunde hören." Diesen Satz spricht der gespielte Roger Taylor, der Schlagzeuger von Queen im Film "Bohemian Rhapsody". Er soll in der Szene gerade im Backgroundchor die berühmte Phrase "Mamma Mia" singen. Freddie Mercury, gespielt von Rami Malek besteht darauf: noch einmal, noch höher. Hat das wirklich so stattgefunden? War die Frisur von Roger Taylor damals wirklich so? Und hatte der Film - Brian May, der Queen-Gitarrist, nicht noch ein paar Locken mehr?
Ist das nicht egal? Denn diese Szene sagt viel über diese Band aus, der ganze Film erzählt mitreißend von Freundschaft, Einsamkeit, Lebenlust, von Freddie Mercury. Und erinnert daran, wie umwerfend die Musik von Queen immer noch ist. Was spricht also dagegen, mehr von solchen Filmen zu drehen? Damit kommen wir zu einer weiteren Filmweisheit, diesmal aus dem Drehbuch von "Der Mann, der Liberty Valance erschoss". "Wenn die Legende zur Wahrheit wird, dann druck die Legende".
Biopics oft über Legenden
Und, natürlich, die Objekte dieser Filme sind oft Legenden. Und manchmal ist es dann so, dass großartige Künstlerinnen und Künstler auch ein spannendes Leben, eine aufregende Biografie haben. Nicht immer, aber doch öfter als die meisten von uns: Geschichten, in denen Menschen einer Idee folgen, gegen Widerstände kämpfen, Großes erreichen und groß scheitern. Legenden werden mit allen Anekdoten und Halbwahrheiten. Das ist der Grund für die vielen sogenannten Biopics im Kino.
Mehrteiler über Frank Sinatra schwer zu ertragen
Und die Musik natürlich. Klar schielen die Macher auch darauf, dass die Fans der Lieder schon mal interessiert sind. Aber Obacht! Denn allein die Absicht und ein voller Plattenschrank bedeuten nicht, dass es immer gelingt. Ich erinnere an Filme über historische Persönlichkeiten, es müssen gar keine Musiker sein, die furchtbar waren. Einen Mehrteiler über Frank Sinatra zum Beispiel. Die Musik war immer noch gut, aber man wünschte sich zwischendurch doch "one for the road", um es zu ertragen.
"I'm not there" über Bob Dylan: Filmisches Meisterwerk
Dagegen: Taron Egerton als Elton John. Jamie Foxx als Ray Charles. Diana Ross als Billie Holliday. Sehr zu empfehlen. Am reizvollsten und filmisch interessantesten sticht meiner Meinung nach - wenn wir schon beim Ratschlag für Musikfilmfreunde sind - ein Film über Bob Dylan heraus, in dem gleich acht Schauspielerinnen und Schauspieler ihn verkörpern: "I'm not there" heißt er und erzählte vor einigen Jahren geistreich aus den verschiedenen Phasen, Lebensstrecken, ja vielleicht Identitäten dieses schillernden Künstlers. Cate Blanchett als kettenrauchender, schmaler Bob Dylan mit schwarzer Sonnenbrille: ein Ereignis, da muss einem noch nicht einmal seine Musik gefallen.
Vier Dinge braucht es für einen gelungenen Film
Aber kommen wir zurück zu unserem Thema: Brauchen wir diese Filme? Ja, wenn sie gut sind. Ach was. Und im Hinblick auf die kommenden Beatles-Filme von Sam Mendes: Vier Dinge braucht es, damit sie gelingen - John, Paul, George und Ringo.
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