"Bob Marley: One Love" enttäuscht: Übliche Musikheiligen-Verehrung
Wer Bob Marley und seine Musik einfach nur feiern will, der ist in diesem Film richtig. Wer Neues über ihn erfahren oder gar einen Blick hinter die Legende bekommen möchte, wird enttäuscht.
Es ist immer eine gute Idee, sich bei einer Filmbiografie auf einen entscheidenden Punkt im Leben des Stars zu konzentrieren. In Bob Marleys Fall ist dies ein großes Friedenskonzert, bei dem er 1976 in Jamaikas Hauptstadt Kingston auftreten soll. Vor den anstehenden Wahlen herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände im Land. Marley, der selbst im Armenviertel Trenchtown aufgewachsen und zu diesem Zeitpunkt schon Jamaikas berühmtester Mann ist, sieht sich als politisch neutraler Vermittler.
"Reggae ist die Musik des Volkes. Ich will die Menschen zusammenbringen." Filmszene
Doch zwei Tage vor dem Konzert schießen Attentäter auf ihn, seine Frau Rita und seinen Manager. Wie durch ein Wunder überleben und genesen alle drei. Aber Bob sieht sich nun gezwungen, nach London zu fliehen - ohne Frau und Kinder, die er schützen will.
Marleys Musik steht im Mittelpunkt
Regisseur Reinaldo Marcus Green, der in "King Richard" den großspurigen Vater der Tennis-Schwestern Venus und Serena Williams porträtiert hat, zeichnet Bob Marley tiefenentspannt und bescheiden. Geld und Superstar-Status interessieren ihn nicht - nur die Message:
"Man kann die Musik und die Botschaft nicht trennen."
"Und wie lautet die Botschaft?"
"Peace. Eine Liebe, ein Herz, ein Schicksal."
Filmszene
Der Film stellt Marleys Musik auch eindeutig in den Mittelpunkt. Viele Songs laufen in voller Länge, mit untertitelten Texten. Man sieht, wie in London das legendäre Album "Exodus" produziert wird. Wie die Songs durch spontane Eingebungen entstehen - was man sich halt so erzählt von begnadeten Musikern.
Bob Marley als Messias-Figur
Die Entscheidung, mehr einen Musikfilm zu machen als Marleys Privatleben detailliert auszuleuchten, war richtig. Denn zu zeigen, wie er außerehelich noch sieben Kinder mit sieben verschiedenen Frauen in die Welt setzt, wäre der Seifenoper mit Sicherheit zu viel. Aber in der reduzierten Erzählform des Films wird Marley nun wiederum sehr zur Messias-Figur verklärt. Großaufnahmen in Zeitlupe und symbolhafte Bilder einer brennenden Stadt stilisieren ihn zum Auserwählten, der Frieden bringen wird - unter Einsatz seines Lebens.
Unbestreitbar hat Bob Marleys Musik friedensstiftende Kraft. Bei seinem Konzert 1978 auf Jamaika reichen sich Premierminister und Oppositionsführer auf der Bühne vor Hunderttausenden die Hand zur Versöhnung! Und das Volk feiert ekstatisch.
"Bob Marley: One Love" präsentiert wenig Neues
Aber auch wenn dieser Teil der Legende halbwegs stimmt, wirkt doch alles verkürzt und geschönt im Film - inklusive der Hauptfigur, die vom amerikanischen Schauspieler Kingsley Ben-Adir verkörpert, mit stylishen Dreadlocks sehr viel blendender aussieht als das Original. Die obskure Rastafari-Religion, die sein Denken, seine Texte und seinen übersteigerten Marihuana-Konsum bestimmt, wird weder erklärt noch hinterfragt. Es ist daher wenig verwunderlich, dass die mitproduzierende Familie Marley sehr happy mit dem Film ist. Man sei glücklich, so verschiedene Seiten von Bob zeigen zu können, meint sein Sohn Ziggy Marley. Ihr Vater sei ein Bote für Frieden und Liebe gewesen, sagt Tochter Cedella.
Wer Bob Marley und seine Musik einfach nur feiern will, der ist in diesem Film richtig. Wer Neues über ihn erfahren oder gar einen Blick hinter die Legende bekommen möchte, wird enttäuscht. "Bob Marley: One Love" ist nichts als die übliche Musikheiligen-Verehrung.
Bob Marley: One Love
- Genre:
- Biopic | Drama
- Produktionsjahr:
- 2024
- Produktionsland:
- USA
- Zusatzinfo:
- Mit Kingsley Ben-Adir, James Norton, Lashana Lynch u.a.
- Regie:
- Reinaldo Marcus Green
- Länge:
- 120 Minuten
- FSK:
- ab 12 Jahre
- Kinostart:
- 15. Februar 2024