Pascal Houdus über seine Synchronrolle als Leonard Cohen
Seit vielen Jahren ist Pascal Houdus Teil des Ensembles am Hamburger Thalia Theater. In "So long, Marianne - Eine Leonard Cohen-Serie", ab 22. September in der ARD Mediathek, spricht er die deutsche Stimme des legendären Musikers. Ein Gespräch.
Am 21. September wäre der kanadische Musiker Leonard Cohen 90 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass steht ab Sonntag - parallel zum Norwegischen Fernsehen - die achtteilige Dramaserie in der ARD Mediathekals weltweite Online-Premiere. Sie erzählt - nach wahren Motiven - die Liebesgeschichte zwischen Leonard Cohen und Marianne Ihlen in den 60er-Jahren. Im NDR Fernsehen wird sie ab dem 2. Oktober ausgestrahlt.
Der deutsch-französische Film- und Theaterschauspieler Pascal Houdus, der von den Hamburger Theaterbühnen nicht mehr wegzudenken ist, verleiht als Synchronsprecher bereits dem US-amerikanischen Darsteller Alex Wolff ("Monk") seine Stimme. Im Interview spricht über seine Herausforderung als Synchronsprecher und die Vorbereitung auf die Rolle des legendären Musikers Leonard Cohen.
Der Song "Hallelujah" hat Leonard Cohen weltberühmt gemacht. Wie schwer war es, diesen Ohrwurm aus dem Kopf zu bekommen?
Pascal Houdus: Schwierig, sehr schwierig! Der Song taucht immer wieder auf. Ich kannte vorher nicht viele Lieder von Leonard Cohen, aber durch die Vorbereitung auf die Serie habe ich mir viele seiner Songs angehört - und einige sind natürlich im Kopf geblieben.
Was ist dein persönlicher Bezug zu Leonard Cohen?
Houdus: Ich glaube, meine Eltern haben seine Musik früher gehört. Als Kind hatte ich natürlich noch keinen Bezug zu seinen Songs. Als ich mir dann seine Musik angehört habe, kamen mir einige Songs und auch Gedichte bekannt vor. Das war so mein grober Bezug. Umso glücklicher war ich, jetzt Cohen näher kennenzulernen, mich mit ihm beschäftigen zu können und herauszufinden, was für ein toller Dichter und Sänger er war.
Wie hast du dich auf diese emotional intensive Rolle vorbereitet? Es geht auch viel um Herz- und Weltschmerz und um die legendäre Liebesgeschichte zwischen Cohen und der Norwegerin Marianne Ihlen.
Houdus: Ja, die Rolle ist wirklich sehr emotional. Es gibt Szenen mit heftigen Ausbrüchen und auch nicht wenige Drogenszenen. Das ist alles schon sehr speziell. Ich hatte vor Jahren eine ganz kleine Rolle in einer Gruppenszene gesprochen und eigentlich kaum Synchron-Erfahrung. Dann kam die Einladung zum Casting für "So long, Marianne". Dort wurde ich mit den Takes konfrontiert. Ich wusste nicht, um welche Serie es ging, und musste mich spontan in diese Rolle einfühlen.
Und dann hattest du plötzlich den Job. Wie hast du dich in die Rolle des Leonard Cohen versetzt?
Houdus: Es war eine spannende Herausforderung. Ich habe mir die Texte schicken lassen. Der Regisseur hat extra eine Synchronfassung des Drehbuchs geschrieben und da habe ich mich reingelesen, um ein Gefühl für das Ganze zu bekommen. Ich durfte vor den Aufnahmen nichts sehen, kein Bildmaterial. Deshalb war meine Vorbereitung ein wenig begrenzt. Ich habe auch einige biografische Texte gelesen, eine kleine Dokumentation über Leonard Cohen geschaut und seine Lieder gehört.
Es gibt auch eine Szene, in der Cohen auf seinen kanadischen Akzent angesprochen wird. Wie wird denn dieser Moment ins Deutsche übersetzt?
Houdus: Ich spreche alles auf Hochdeutsch. Einige Szenen werden aber nicht übersetzt, Lieder werden untertitelt und Gedichtpassagen bleiben im Original. Der Cohen-Darsteller Alex Wolff ist eigentlich New Yorker, hat sich allerdings für die Serie den kanadischen Akzent antrainiert und sehr genau und nuanciert gelernt.
Das klingt nach einem großen Abenteuer. Wie schwierig war denn der erste große Auftritt als Synchronsprecher in der Rolle eines Weltstars?
Houdus: Synchronisieren an sich war schon eine Herausforderung, weil es sozusagen eine eigene Sportart ist. Man hat diese paar Sekunden Zeit und muss dann synchron zu den Lippen des Darstellers sprechen. Das ist etwas ganz Anderes, als Theater zu spielen oder vor der Kamera zu stehen, etwas ganz Eigenes. Es war auch herausfordernd, den Spielgestus von Alex Wolff zu synchronisieren. Er hat eine sehr spezielle Art zu sprechen, mit vielen Pausen und Zögern. Das Timing und die Art, wie er seine Gedanken ausdrückt, waren nicht leicht nachzuvollziehen.
Mit der Zeit wurde es immer besser. Ich habe zu Beginn sogar ein paar Mal vergessen zu sprechen, weil ich von seinem Spiel so fasziniert war. Ich finde, er trifft den Leonard Cohen sehr gut. Leider habe ich Alex Wolff noch nicht kennengelernt. Aber ich bin seine deutsche Stimme! Es wäre spannend, ihn persönlich zu treffen und zu sehen, wie er auf meine Synchronisation reagiert.
Kannst du dir vorstellen, in Zukunft mehr Schauspielern deine Stimme zu leihen?
Houdus: Ja, auf jeden Fall. Vor allem, wenn der Schauspieler so großartig ist, wie Alex Wolff in dieser Serie. Das erleichtert das Synchronsprechen natürlich enorm.
Worauf dürfen sich die Zuschauer in "So long, Marianne - Eine Leonard Cohen-Serie" freuen?
Houdus: Auf großartige Schauspielerinnen und Schauspieler, spannende Dialoge und eine atmosphärische Darstellung eines faszinierenden Lebensabschnitts von Leonard Cohen. Es gibt Liebe, Trauer, Freude - alles, was zum Leben dazugehört.
Das Theaterpublikum kennt nicht nur deine Stimme. Du bist bereits seit zwölf Jahren im Ensemble des Hamburger Thalia-Theaters. Was ist dort aktuell geplant?
Houdus: Gerade haben wir an einem Stück namens "Legende" von Kirill Serebrennikow gearbeitet, das ist eine Kooperation zusammen mit der Ruhrtriennale in Duisburg. Es ist ein vierstündiges Epos mit viel Gesang und vielen Choreografien - ein buntes Kunstwerk. Und auch für Serie "Die Pfefferkörner" habe ich vor kurzem im Studio Hamburg gedreht.
Wie schaffst du es, zwischen deinen Rollen zu wechseln?
Houdus: Ach, ich habe vor Corona zeitweise zehn bis zwölf Stücke parallel gespielt, und es klappt ganz gut, sie auseinanderzuhalten. Sobald ich in dem Kostüm bin und die Kolleg*innen sehe, kommt die Rolle hoch, und es ist noch nie passiert, dass ich etwas verwechselt habe.
Gibt es etwas, das du aus jeder Rolle mitnimmst?
Pascal Houdus: Ja, auf jeden Fall. Jede Rolle bringt neue Erfahrungen und prägt einen auf die eine oder andere Weise. Es gibt schon Situationen, in denen ich denke: "Ah ja, die Figur hat das gemacht, vielleicht gar nicht schlecht, das kann ich mal im echten Leben ausprobieren." Manchmal funktioniert es, manchmal nicht. Mit jeder Rolle mache ich meinen Erfahrungsrucksack voll, nehme das mit, und das arbeitet irgendwie in mir.
Wo siehst du den größten Unterschied zwischen deinen Rollen im Theater und jetzt als Synchronsprecher?
Pascal Houdus: Beim Theater hat man einfach diese wahnsinnig lange Vorbereitungszeit, um mit der Rolle zu verschmelzen. Man sitzt häufig wochenlang am Tisch und redet und liest zusammen Texte. Meistens erfindet man zusammen das Stück. Beim Synchronsprechen ist es ein fertiges Produkt, die Originalversion ist schon da. Man muss sich da so kleinteilig reinfinden und das Ergebnis ist viel schneller da. Man muss das Kurzzeitgedächtnis einschalten, weil du dir die Sätze merken musst, um sie auf die Lippen zu sprechen. Man sitzt im Studio, ohne Live-Publikum vor einem Bildschirm. Das ist eine andere Art der Arbeit.
Dir machen aber beide Jobs viel Spaß?
Pascal Houdus: Das ist beides toll, beides aktiviert und erfordert unterschiedliche Dinge. Beides hat mit meinem Beruf zu tun, aber es sind unterschiedliche Ausprägungen. Auch zwischen Film und Theater gibt es große Unterschiede. Ich mache auch Hörspiele oder Hörbücher. Das sind alles verschiedene Kanäle, die angezapft werden, und alles zusammen macht diesen Beruf aus. Ich bin sehr dankbar, dass ich alles ausleben darf.
Das Gespräch führte NDR Kultur Reporter Kai Salander.