Mohammad Rasoulof: "Ich mache Filme, um für die Freiheit zu kämpfen"
Ein radikaler Film: Deutschlands Oscar-Hoffnung "Die Saat des heiligen Feigenbaumes" des aus dem Iran geflüchteten Regisseurs Mohammad Rasoulof hat auf dem Filmfest Hamburg Deutschlandpremiere gefeiert.
Film ist Mohammad Rasoulofs Leidenschaft. So sehr, dass er dafür seine Freiheit riskierte. Immer wieder. Bei jedem Film, den er in seiner Heimat Iran gedreht hat. Sein neuester, "Die Saat des heiligen Feigenbaums", ist mit Hamburger Fördergeldern entstanden und hier fertiggestellt worden. Für den Schnitt ist Andrew Bird verantwortlich, der auch Filme von Fatih Akin geschnitten hat.
Gedreht hat Rasoulof den Film noch im Iran. Sein Antrieb ist sein Kampf für die Freiheit. "Mir geht es nicht nur darum, Kinofilme zu drehen", so der 51-Jährige. "Für mich ist es eine Art, um für die Freiheit zu kämpfen, indem ich Filme mache."
"Frauen, Leben, Freiheit": Proteste im Iran als Grundlage
Die Proteste im Iran vor zwei Jahren unter dem Motto "Frauen, Leben, Freiheit" sind die Folie, vor dem der Film von einem Richter und seiner Familie erzählt. Protestbilder sind auch im Film zu sehen, oft als Handyaufnahmen, wenn Mutter und Tochter durch Teheran fahren. Die Parolen sind zu hören, wenn die Mutter das Fenster ihrer Wohnung öffnet.
Die Töchter sympathisieren mit den Protestierenden, werfen dem Vater seine Tätigkeit als Richter vor. Das führt zu Streit. Als seine Dienstwaffe verschwindet, verdächtigt der Vater seine Töchter. Schließlich lässt er sie und seine Frau von einem Freund wie Angeklagte verhören, sperrt sie in seinem paranoiden Wahn im Keller eines Hauses auf dem Land ein.
"Was ist der Unterschied zwischen mir und diesen Menschen?"
Der Auslöser für diese Filmgeschichte: Während einer seiner Haftstrafen habe ihm ein Aufseher berichtet, wie sehr er darunter leide, dass seine Familie ablehne, was er im Gefängnis tue, erzählt Rasoulof. "Ein Teil beruht auch auf meinen eigenen Erfahrungen, weil ich sehr oft vor einem Richter stand, sehr oft von Staatsanwälten befragt wurde. Ich habe mich immer gefragt, wie Leute in solchen Systemen mit Korruption denken, was der Unterschied zwischen mir und diesen Menschen ist, warum ich anders denke als sie."
Bei den Dreharbeiten im Iran hatte das Filmteam immer falsche Papiere und eine gefakte Story dabei, die sie bei Kontrollen hätten vorzeigen können - begleitet von der Angst, aufzufliegen. Rasoulof selbst hielt sich oft weit entfernt vom Drehort auf. Dann wurde der Regisseur wieder verurteilt, diesmal zu einer achtjährigen Haftstrafe und Peitschenhieben. Rasoulof floh aus seiner Heimat.
Mohammad Rasoulof: Zuflucht in Hamburg gefunden
"Die Frage war: Lebe ich in Freiheit und Sicherheit oder in meinem Heimatland. Ich habe mich für die erste Option entschieden", sagt Rasoulof. Zuflucht fand er in Hamburg, wo er schon seit 2012 einen offiziellen Wohnsitz und eine Produktionsfirma hat. Um einige Mitglieder seiner Crew bangt Rasoulof noch. Andere, wie seine beiden Hauptdarstellerinnen, sind wie er im Exil.
Mohammad Rasoulofs Film zeigt den staatlichen Machtmissbrauch, heruntergebrochen auf den Mikrokosmos einer Familie - es ist ein radikaler Film. Am 26. Dezember kommt der in Cannes preisgekrönte Film in Deutschland in die Kinos - und schafft es vielleicht, 2025 für Deutschland ins Oscar-Rennen zu gehen.