Regisseur Max Gleschinski zeigt seinen Max-Ophüls-Preis für den besten Spielfilm, mit dem er für seinen Film "Alaska" beim 44. Filmfestival Max Ophüls Preis ausgezeichnet wurde. © picture alliance/dpa | Oliver Dietze

Max Ophüls Preis für Regisseur Max Gleschinski: Lob der Provinz

Stand: 31.01.2023 17:35 Uhr

Auf dem Filmfestival Max Ophüls Preis trifft sich jedes Jahr der deutsche Filmnachwuchs. Der Film "Alaska" des Rostockers Max Gleschinski ist mit dem Hauptpreis ausgezeichnet worden.

von Lenore Lötsch

Er war sich unsicher - bis zum Schluss: Ein langsam erzählter Film, der nicht unbedingt jugendliche Frische vermittelt, wie soll der bei einem Nachwuchsfestival punkten? Ein Film, der vordergründig die Reise einer verschlossenen Hauptfigur, Kerstin, mit dem Kajak durch Mecklenburg-Vorpommern erzählt. Dann saß Max Gleschinski im Saarbrücker E-Werk und die Preisverleihung dauerte und dauerte: "Ich hab mich nach dem Regiepreis zu meiner Freundin umgedreht und gesagt: 'So jetzt kommt noch dieser andere Film, der kann jetzt den besten Film gewinnen und dann holen wir uns eine Curry-Wurst und gehen tanzen.' Dann fingen sie an, die Laudatio vorzulesen und redeten von Gewässern. Da dachte ich: 'Hm gab's da noch einen anderen Film?'", so Gleschinski. Gab es nicht. "Alaska" gewann den Hauptpreis.

Mecklenburger Seenplatte als Sparvariante Alaskas

Der Vater der Hauptfigur Kerstin wollte einst mit dem roten Kajak den Yukon in Alaska befahren. Seine Tochter, die ihn zwei Jahrzehnte lang pflegte, gleitet nun, nach seinem Tod, über die Mecklenburger Seenplatte. Der Nordosten als Sparvariante Alaskas. Ein Wasser-Wander-Roadmovie wollte Max Gleschinski drehen, einen poetischen Western, bei dem das Pferd durch ein Kajak ersetzt wurde. Er hat auch das Drehbuch für Alaska geschrieben.

"Ich glaube, der Stoff kam daher, dass ich immer schon Filme an diesem Ort machen wollte - an der Seenplatte -, weil ich genau da viel Urlaub gemacht habe mit meiner Familie, meiner Mutter und ihrem Mann", berichtet Gleschinski. "Wir waren da immer ein-, zweimal im Jahr, für mich war das immer ein magischer Ort. Ich kannte den aus dem Kino nicht und dachte: 'Warum nicht? Wenn ich die Freiheit habe, etwas zu schreiben, schreibe ich das'." Da hatte er seinen ersten Spielfilm "Kahlschlag" , einen Heimatthriller, schon in MV gedreht. Er arbeitete als Barkeeper, als er die Drehbuchförderung für "Alaska" bekam und er sich durch das Geld hauptberuflich dem Schreiben widmen konnte. Dann schlich sich plötzlich das Thema Familie in die Arbeit am Drehbuch ein:

"Mein Opa wurde krank und meine Mama hat sofort alles stehen und liegen gelassen und ist zu ihm gezogen. Das passierte alles so selbstverständlich", berichtet der Regisseur. "Dann denkt man: 'Krass, wie selbstlos viele Leute auch in dieser Generation noch sind'. Meine Generation, die Leute um mich herum, sind natürlich alle, auch gesellschaftlich, zum Individualismus gekommen. Das liegt meiner Mutter total fern, dann zu denken: 'Ich will mich erstmal selbst verwirklichen'. Nein, da gibt es gerade jemand, für den ich lieber da sein möchte. Und deswegen kam ich auf diese Figur der Kerstin."

Der 29-jährige Rostocker ist hier geboren, hat hier studiert - Anglistik und Philosophie -, aber eigentlich wusste er immer, dass er Filme machen will. Schon damals, als er sich heimlich ins Wohnzimmer geschlichen hat. "'Apocalypse Now' von Francis Ford Coppola habe ich nachts geguckt auf ARTE. Da war ich ganz klein. Also viel zu klein, das war ein dreistündiger Fiebertraum, der mir eröffnet hat, was das denn sein kann, einen Film zu schauen. Wie ziellos ein Film dahintreiben kann. Was auch ein interessanter Bezug zu 'Alaska' ist: Wo will der Film mit mir hin? Eigentlich verändert sich das auch."

Ein Leuchtturm für jungen Filmemacherinnen und Filmemacher im Nordosten

Max Gleschinski ist so etwas wie ein Leuchtturm für die jungen Filmemacherinnen und Filmemacher im Nordosten. Denn die Regel war eigentlich unumstößlich: Wenn man einen Spielfilm als junger Regisseur drehen will, muss man weg aus MV. Er aber hat sich mit Freunden ein Netz aufgebaut, eine Produktionsfirma gegründet: "Von Anfang anders" heißt sie, er ist ein konsequenter Da-Bleiber:

"Ich habe das Gefühl, hier ist eine ganze Menge los. Ich glaube, das sieht aus Berlin nur nicht so aus. Alles ist sehr nahbar. In Berlin wäre man in einer ständigen Rastlosigkeit, den nächsten Pitch vorzubereiten, die nächsten wichtigen Leute zu treffen und würde nebenbei ganz vergessen, dass man eigentlich Filme machen will", findet er.

Nach der Uraufführung seines Films "Alaska" in Saarbrücken und dem Gewinn des Hauptpreises will er jetzt auf möglichst viele Festivals. Die 36.000 Euro Preisgeld helfen da vor allem beim Verleih und bei Marketingmaßnahmen für den Herbst, denn da kommt "Alaska" in die Kinos. Es verspricht, ein gutes Jahr zu werden für den Regisseur Max Gleschinksi. Im Dezember wird er 30 - ist man da noch Nachwuchs? "In der deutschen Filmindustrie orientiert sich der Begriff Nachwuchs nicht am Alter. Da habe ich Glück", erzählt er. "Das orientiert sich daran, ob man seinen ersten, zweiten oder dritten Langspielfilm gemacht hat. Das heißt, ich bin noch einen Film lang Nachwuchs - danach bin ich ein erwachsener Filmemacher."

 

 

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal | 30.01.2023 | 16:45 Uhr

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