Reporter Gerd Heidemann präsentiert auf der Pressekonferenz des Hamburger Magazins ''Stern'' am 25. April 1983 die vermeintlichen ''Hitler-Tagebücher''. © picture-alliance / dpa Foto: Chris Pohlert
Reporter Gerd Heidemann präsentiert auf der Pressekonferenz des Hamburger Magazins ''Stern'' am 25. April 1983 die vermeintlichen ''Hitler-Tagebücher''. © picture-alliance / dpa Foto: Chris Pohlert
Reporter Gerd Heidemann präsentiert auf der Pressekonferenz des Hamburger Magazins ''Stern'' am 25. April 1983 die vermeintlichen ''Hitler-Tagebücher''. © picture-alliance / dpa Foto: Chris Pohlert
AUDIO: TV-Tipp: "ARD History: Der Hitler-Fake" (3 Min)

"Der Hitler-Fake": Doku über Tagebücher und "Stern"-Skandal

Stand: 24.04.2023 14:20 Uhr

Von der größten Entdeckung zur peinlichsten Blamage in nur wenigen Tagen: Das ist die Geschichte der "Hitler-Tagebücher", die der "Stern" im April 1983 veröffentlichte. Das Magazin war auf einen gigantischen Betrug hereingefallen, der auch 40 Jahre später noch Fragen aufwirft. Die Reporter der Fernsehredaktion ARD-History sind diesen Fragen nachgegangen. 

von Norbert Kuntze

25. April 1983: Pressekonferenz im Verlag Gruner und Jahr. Das Magazin Stern hat eingeladen. Vor 27 Fernsehteams und 200 Reportern präsentiert Chefredakteur Peter Koch "Hitlers Tagebücher". "Auch auf bohrende Nachfragen werden Sie jetzt von mir nicht hören werden, wer uns die Bücher übergeben hat", sagt Koch auf der Pressekonferenz.

Der Scoop um "Hitlers Tagebücher" wird schnell zum Skandal

"Hitlers Tagebücher": ein Presse-Scoop. Die Geschichte des Dritten Reiches müsse teilweise umgeschrieben werden, triumphiert der Chefredakteur. Doch schnell, sehr schnell sogar, kamen Zweifel auf: Zu viele Unstimmigkeiten, zu viele Ungereimtheiten und: Die roten Kordeln sind einwandfrei Nachkriegsware, die Altersflecken schwarzer Tee.

Verantwortlich: Kunstfälscher Kujau und "Stern"-Reporter Heidemann

"Die angeblichen 'Hitler-Tagebücher' sind nach Überzeugung amtlicher Experten eine Fälschung", meldet die Tagesschau am 6. Mai 1983. Hinter dem Fake stecken vornehmlich der Kunstfälscher Konrad Kujau und "Stern"-Reporter Gerd Heidemann. Doch letztlich sind es nicht beide allein, das gesamte Verlagshaus steht blamiert da. Eine ganze Branche gerät in Misskredit. Die Gier nach Geld, die Gier nach Sensationen - aus diesem Grund fielen so viele auf die Hitler-Fakes herein.

NDR veröffentlicht sämtliche Bände digital und kommentiert

Über die Geschichte der gefälschten "Hitler-Tagebücher" ist in all den Jahren viel veröffentlicht worden. Es gibt Filme, Reportagen, sogar eine Serie und nun diese Doku mit exklusivem Material. Denn erst vor Kurzem veröffentlichte der NDR sämtliche Bände der gefälschten Tagebücher digital und kommentiert. Was steht drin? 62 Bände Hitlers gefälschte Gedanken, erfundene Notizen zu Ereignissen und Personen, ausgedachte Gesundheitsprobleme, nachempfundene Gefühle für Eva Braun.

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Gerd Heidemann präsentiert auf der Pressekonferenz des Hamburger Magazins "Stern" am 25. April 1983 die vermeintlichen Hitler-Tagebücher. © picture-alliance / dpa Foto: Chris Pohlert

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Der Filmemacher erzählt, was ihn an der Geschichte um die Hitler-Tagebücher 40 Jahre später noch gereizt hat. mehr

"Hitler-Tagebücher" sollten Holocaust relativieren

Wie lautet das Fazit 40 Jahre nach der Affäre um die gefälschten "Hitler-Tagebücher"? Einerseits zeigt die aktuelle Auswertung, dass es sich keineswegs um einen reinen Medien-Skandal handelte. Vielmehr sollte Hitler in einem milden Licht gezeigt, der Holocaust relativiert werden. Kurzum: Geschichtsklitterung,

Besonders abscheulich: Kujau verharmlost Hitlers Rolle bei der Vernichtung der Juden. In den Tagebüchern steht praktisch nichts über den Holocaust, die "Endlösung" oder den millionenfachen Mord.

Fake war vor 40 Jahren stümperhaft, aber was wäre heute?

Andererseits lehrt dieser Fall, dass Sensationslust und Gier stets die größte Gefahr für einen unabhängigen Journalismus sind. Der Hitler-Fake flog schnell auf, damals vor 40 Jahren, auch weil er so stümperhaft durchgeführt wurde. Doch was wird sein, wenn Fälschern in Zukunft eine Künstliche Intelligenz (KI) zur Verfügung steht?

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Gefälschte Hitlertagebücher liegen auf einem Stapel © picture-alliance/dpa Foto: Markus Scholz

Datenbank: Die gefälschten "Hitler-Tagebücher" zum Durchsuchen

Der NDR hat die Tagebücher in vollem Umfang digitalisiert und bietet eine Volltextsuche. Ein Politologe ordnet die Einträge ein. mehr

Auf einer Bildmontage sind vor einem roten Hintergrund die gefälschten "Hitler-Tagebücher" der Schriftzug "Der Hitler-Fake" und Hitler zu sehen. © SWR / Chris Gruber

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Die Dokumentation von Christian Bock läuft am 24. April 2023 um 22.50 Uhr im Ersten - und ist ein Jahr lang in der ARD-Mediathek abrufbar. extern

Der Fälscher der Hitler-Tagebücher, Konrad Kujau, zeigt am 29. August 1984 während des Prozesses in Hamburg eines der gefälschten Exemplare.  Im Hintergrund ist Kujaus Anwalt Kurt Groenewold. © picture alliance / ASSOCIATED PRESS Foto: Norbert Foersterling

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Ging es bei den gefälschten "Tagebüchern" wirklich nur um einen Scoop für den "Stern"? Oder hatten die Täter noch ganz andere Motive? Ein Dossier. mehr

Gerd Heidemann präsentiert auf der Pressekonferenz des Hamburger Magazins "Stern" am 25. April 1983 die vermeintlichen Hitler-Tagebücher. © picture-alliance / dpa Foto: Chris Pohlert

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Vor 40 Jahren erscheinen im "Stern" erste Auszüge aus Hitlers angeblichen Aufzeichnungen. Doch das Blatt war einem Fälscher aufgesessen. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Matinee | 24.04.2023 | 12:20 Uhr

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