Altern im Kulturbetrieb: Erfahrungen von Iris Berben und Ernst Stötzner
Auch sie werden älter: Brad Pitt ist 60 geworden, Keith Richards von den Rolling Stones 80. Beide gelten auch bei Jüngeren als ziemlich cool. Frauen haben es im Alter auf der Bühne und im Film dagegen offenbar deutlich schwerer.
Ernst Stötzner ist fest im Ensemble des Schauspielhauses in Hamburg und steht gerade als Kreon in Antigone auf der Bühne. Spielt aber auch in großen Kino- und Fernseh-Produktionen, etwa als respektierter Forscher Rudolf Virchow in der Serie "Charité" oder strammer Reichswehr-Generalmajor Seegers in "Babylon Berlin". Für ihn ist Alter - kurz gesagt - relativ. "Einmal ist es so, dass man bei Schauspielern immer schwierig angeben kann, wie alt sie tatsächlich sind", sagt er lachend. "Deshalb ist es so: Insbesondere am Theater hat man ziemlich viel Raum, weil man als männlicher Schauspieler auf der Theaterbühne eine längere Reifezeit braucht als beispielsweise im Film."
Männer brauchen länger als Frauen für Karrierestart
Soll heißen, dass Männer später starten und länger brauchen als ihre Kolleginnen, und oft machen diese im Fernsehen oder Kino so früh Karriere, dass sie sogar die Schauspielschule überspringen, hat Stötzner, der schon auf allen großen deutschen Bühnen stand, beobachtet. "Die Erfahrung zeigt, dass Schauspieler auf der Bühne sich erst nach einer gewissen Zeit durchsetzen. Bei den Frauen ist es umgekehrt: Die haben eher Möglichkeiten jung zu reüssieren."
Ernst Stötzner: Mit dem Alter wird auch das Rollenprofil älter
Ernst Stötzner hat in Frankfurt am Main erst zwei staatliche Schauspielschulen durchlaufen, bis er von Regisseur Peter Stein an die berühmte Schaubühne in Berlin gerufen wurde. Jetzt ist er 71 und steht im Antikenzyklus am Schauspielhaus auf der Bühne - dem Mammutprojekt von Hausherrin Karin Baier, das er einfach deshalb bewältigt, weil - wie er sagt - das Theater sein Zuhause ist. "Im Theater sein, das ist für mich eine kleine Lebensform. Und in dem Moment, wo ich angefangen habe zu spielen, habe ich gemerkt: Das ist der Ort an dem ich wach bin und Energie und Interesse habe." Aber, sagt er lachend weiter: "Auch wenn man alterslos erscheint, die Zeit greift dann doch zu und man wird dann doch älter und dann wird natürlich auch das Rollenprofil älter."
Maren Kroymann: "Ich passe zufällig in ein neues Rollenbid"
Nennen wir es mal die melancholische Gelassenheit eines Ü-70-Jährigen, die einer Kollegin ganz fern liegt, seit sie 60. Geburtstag gefeiert hat - obwohl sie genauso erfolgreich und erfahren ist: Maren Kroymann. "Es ist einfach nicht schön", sagt sie. "Man kriegt diese Zipperlein dann ist diese sechs davor und vor allem ist es diese Diskrepanz zwischen dieser Sechs und dem wie ich mich fühle." Was vor zehn Jahren galt, gilt für Maren Kroymann auch mit 74. Auch bei ihr schafft Erfolg Gelassenheit. "Alle sagen: Frauen in einem bestimmten Alter kriegen keine Rollen mehr", meint sie. "Aber auf einmal entdecken die mich für die 20.15-Uhr-Termine am Sonntagabend, wo ich 30 Jahre lang nie vorkam, weil ich jetzt angeblich der moderne Typ von fitter Mittsechzigerin bin, die dann auch die Oma spielen kann, die dann mit den Enkeln kifft. Also, es gibt da so ein neues Rollenbild und da passe ich jetzt zufällig rein. Das zeigt, dass man manchmal einen langen Atem braucht. Da kommt die Mode zu einem, anstatt dass man selber zu der Mode geht."
Iris Berben: Mit grauen Haaren "total festgetackert" auf Rollen
Vielleicht finden aber gerade Frauen es ungerecht, wenn sich Typen wie Brad Pitt einfach auf ihr verschmitztes Grinsen verlassen können und Keith Richards sich auf seine zerklüftete, aber fotogene Gesichtslandschaft. Iris Berben ist da realistisch. Für die aktuellen Rollen verlässt sie sich auf die Kunst ihrer Haar-Stylistin, obwohl sie auch das Grau rauswachsen lassen könnte. "Aber man ist dann total festgetackert auf bestimmte Rollen", sagt sie. "Deshalb gehe ich immer die Mühe ein, mir eine Perücke mit grauen Haaren aufsetzen zu lassen und meine eigenen Haare dann doch zu färben, um einfach eine größere Auswahl an Rollen zu haben - und auch sonst, damit sie noch hinter mir her pfeifen können."