"Little Women": Jung, frisch und auf Platt in Ganderkesee
Das Kulturhaus Müller in Ganderkesee (Oldenburg) gibt es seit fast 40 Jahren. Die neue Theatergruppe "Theater An'ne Eck" feiert hier am 23. August ihre erste Premiere: mit dem Bestsellerroman "Little Women" - also "Lütte Froens."
Paula hat eine neue Schullektüre, doch sie grault sich im Stück davor: "Ich muss mich hier beschäftigen mit Büchern aus dem vorletzten Jahrhundert, die mit der heutigen Welt rein gar nix zu tun haben. Da gab's noch nicht mal Handys." Doch ihre Schwester Merle will sie überzeugen: "Zeig mal her. Das ist Little Women. Ich liebe dieses Buch. Es steckt so viel Aktualität darin."
Die beiden Mädchen leben in der Gegenwart, tragen weite Jeans und Crop Tops. Sie spielen auf einer niedrigen Vorbühne - auf der großen dahinter sitzen schon vier Darstellerinnen in Pose, mit Strickzeug in den Händen. Sie tragen lange Röcke, Spitzenblusen und Schürzen. Sie sind die Schwestern, um die es im Roman von Louisa May Alcott geht. Als Paula beleidigt doch anfängt zu lesen, werden die Mädchen und ihre Geschichte lebendig.
Zweisprachige Inszenierung auf Platt und Hochdeutsch
Das Stück haben die jungen Darstellenden zusammen mit Gruppenleiterin und Autorin Martina Brünjes entwickelt. Sie hat schon viele Stücke für die Bühne geschrieben, allerdings immer ganz frei, ohne starre Vorlage wie dieses Mal mit dem Roman: "Ich habe insgesamt vier Plots geschrieben, das ist mir noch nie passiert. Es hat mir nie gefallen. Ich war wirklich am Verzweifeln zuhause. Ich hab gesagt: 'Ich schreib' das nicht mehr, ich kriege das nicht hin'. Dann hab ich aber gedacht: 'Egal. Plots zur Seite. Du fängst jetzt einfach an'."
Das Ergebnis ist eine zweisprachige Inszenierung mit dem Titel "Lütte Froens - Zwischen den Zeilen". Mit Elementen aus dem Roman und einer neuen, fiktiven Ebene. Chiara Saul, die Merle spielt, merkt, dass ihre Rolle nur für sie geschrieben wurde: "Es ist nicht so, dass gesagt wird: Hier ist deine Rolle und so genau musst du sie spielen, sondern es wird gesagt, hier ist deine Rolle, aber wenn du möchtest, dass wir was ändern, dann kein Problem. So fühlt man sich einfach viel involvierter und nicht so als Mittel zum Zweck, um die Rolle rüberzubringen, sondern auch wirklich als Teil dieser Rolle und als Teil ihrer Reise."
Junges, hochdeutsch-plattdeutsches Theater mit Botschaft
Im Stück wird Paula langsam warm mit der Geschichte, taucht in die Welt der Schwestern ein und das wortwörtlich. Da findet sie plötzlich doch Parallelen zu ihrem Leben heute. Darstellerin Chiara Saul erklärt: "Es geht darum, dass sie vorherbestimmte Lebenswege haben, eben, weil sie Frauen sind in dieser Zeit. Das ist auch in der heutigen Zeit noch ein großes Thema - natürlich nicht gleich, wir sind nicht mehr Ende des 19. Jahrhunderts. Manche Dinge sind immer noch nicht so perfekt, wie sie sein sollten, zum Beispiel die Frauenquoten in Führungsetagen."
Die Schwestern kämpfen für ihre Träume, für ein freies Leben, losgelöst von gesellschaftlichen Normen. "Vielleicht sind auch im Publikum ein paar kleine Mädchen, die denke: 'Ich werde auch Schriftstellerin und ich schreibe auch ein Buch über meine Schwestern'", findet Chiara Saul. "Das würde mir schon reichen, wenn da ein kleines Mädchen im Publikum ist, das denkt, 'das schaffe ich auch'." Die Premiere ist am 23. August auf der Open Air Bühne hinterm Kulturhaus Müller in Ganderkesee.