Oper "Orfeo ed Euridice" in Hannover: Musik, Gesang und Tanz
Was macht es mit einer Oper, wenn ihre Tanzszenen von einem Ballettensemble übernommen werden, das gleichberechtigt neben Sängern und Musikern auf der Bühne steht? Dieses Experiment unternimmt erstmals die Staatsoper Hannover.
Die Ouvertüre der Oper "Orfeo ed Euridice" erklingt, der Vorhang ist noch geschlossen und dann taucht Orfeo auf und wendet sich an das Publikum: "Wie gehen Sie mit Verlust um? Warum gehen Sie nicht nach Hause?", fragt Nina van Essen, die die Rolle des Mannes übernommen hat. Er beklagt den Verlust seiner Geliebten Euridice. Eine Rolle, die in der ersten, also der Wiener Fassung der Oper von 1762, für eine hohe Männerstimme vorgesehen war. Für die Mezzosopranistin Nina van Essen ist das durchaus eine Herausforderung. "Das ist nicht so leicht, weil normalerweise wird das mit einem Countertenor besetzt - also einem Mann. Als Mezzo muss man schauen, wie man das mit Eleganz macht. Das gibt der Rolle wieder eine total andere Farbe und das kann sehr schön sein. Ich glaube, diese androgyne Weise von Casting ist heutzutage sehr populär." Auch die Interpretation des altehrwürdigen griechischen Mythos' vom Mann, der seine Frau nach dem Tod aus der Unterwelt zurückholen will und scheitert, wählt einen populären, feministischen Angang.
Euridice begeht Selbstmord
Euridice steht im Mittelpunkt, sie ist eigenmächtig aus dem Leben geschieden, auch depressive Gedanken waren im Spiel. Amore, der im Original als Vermittler in der Unterwelt wirkt, ist in der Version der belgischen Regisseurin Lisaboa Houbrechts eine Ärztin im weißen Kittel, die Euridice die Giftspritze reicht. "In dieser Version haben wir die Entscheidung getroffen, dass Euridice tatsächlich Selbstmord begehen will und dass Orfeo sich in einen Prozess des Akzeptierens begibt." Er durchlaufe verschiedene Phasen der Trauer, als er mit dem Verlust konfrontiert wird, sagt die Regisseurin. "So gestalten wir diese innere Reise, die Orfeo unternommen hat, um zu dieser Akzeptanz zu gelangen."
Ballett-Ensemble als Ausdruck von Gefühlen
Diese "theatrale Aktion zu Musik", wie es im Untertitel der Oper heißt, trägt sich zu auf einer dunkler Bühne. Fahles Licht, Kunstnebel und dunkelgraue, kantige Säulen am Rand formen die Düsternis der Unterwelt. Die sparsame Requisite schafft Platz fürs Ballett-Ensemble, dessen Kostüme in erdigen Farben viel Körper zeigen. Auch unabhängig von den in der Oper vorgegebenen Tanzpassagen kommt das Ballett-Ensemble der Staatsoper Hannover zum Einsatz, vor allem als Ausdruck von Gefühlen, sagt Choreograph Diego Tortelli. Er wusste vom ersten Moment an, dass die Hauptrollen nicht als Doppelgänger nachgebildet werden, sondern, dass Tanz und Körpersprache tatsächlich als Erweiterung der Emotionen genutzt werden können. "Das Original-Libretto schreibt uns die Momente eines Balls oder einer Arie vor. Davon bewegen wir uns weg und verwenden eine Tanzsprache, um zu unterstreichen, wie Orfeo sich fühlt und wie Euridice manipuliert wird, in diesem Prozess, mit dem Tod umzugehen."
"Orfeo ed Euridice": Gleichberechtigung von Musik, Gesang und Tanz
Man muss sich erst einmal daran gewöhnen, dass Musik, Gesang und Tanz in der Inszenierung gleichberechtigt nebeneinanderstehen. Etwa, wenn der Chor in der Probe plötzlich von beiden Seiten, verrenkt in Zombiemanier auf die Bühne kommt oder Orfeo minutenlang die modernen Pas des deux beobachtet, mit denen das Ballett Raum greift - fern des Bewegungsrepertoires von Handlungsballetten. Insgesamt aber ist es ein spannender Versuch, ein gegenwärtiges Narrativ zu finden.
Oper "Orfeo ed Euridice" in Hannover: Musik, Gesang und Tanz
Die Staatsoper Hannover wagt ein Experiment: Die Tanzszenen werden vom Ballettensemble übernommen, die Rolle des Orfeo von einer Frau gesungen.
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