Von Hamburg nach Parchim: Zwei Schauspielerinnen leben ihren Traum
Gesa Penthin und Arikia Orbán sind von Hamburg nach Parchim gegangen, um ihren Traum als Schauspielerinnen zu leben. Der Film "Dann gehste eben nach Parchim" ist eine Liebeserklärung an das regionale Stadttheater. Seit Donnerstag läuft er im Kino.
Die beiden Studentinnen kämpften lange um einen Platz an einer Schauspielschule. Nach der Ausbildung in Hamburg beginnen sie ihr erstes Engagement an dem kleinen Theater Mecklenburg-Vorpommern in Parchim und erleben das große Glück des Spielens, aber auch tiefe Unsicherheit. Verkehrte Welt - die einen müssen in die Großstadt - die anderen in die beschauliche Provinz. Hier im mecklenburgischen Parchim treten Gesa und Arikia an, ihren Schauspieltraum zu leben. Sie wollen Menschen für Theater begeistern, die vielleicht keinen direkten Bezug zur Kunst haben. Und das alles während Corona. Ganz schön viel für ein erstes Engagement. Sie beginnen an dem kleinen Theater mit nur acht Ensemblemitgliedern.
Das Spielen ist immer eine Herausforderung, besonders wenn man allein auf der Bühne steht. "Ist schon ganz schön aufregend. Ist natürlich auch schon eine ganz schöne Verantwortung, die ich da trage, wenn ich alleine auf der Bühne stehe", erzählt Gesa. Einen Tag nach ihrer Abschlussprüfung hatte sie ihren ersten Tag in Parchim. "Dann hatte ich auch gleich ein Ein-Personen-Stück mit einer Eins-zu-Eins Arbeit und das war natürlich am Anfang erst mal total überfordernd.
Ungeahnte Chancen in Parchim
Sie kommen an in Parchim - nicht nur am Theater, sondern auch in den eigenen vier Wänden. Und plötzlich bietet die Provinz ungeahnte Chancen. "In Hamburg bezahlst du für ein WG-Zimmer soviel wie hier für die Wohnung. Das ist richtig gut", freut sich Arikia. Sie bekommt 2.100 Euro brutto, sagt sie. "Ich hatte noch nie so viel Geld in meinem Leben."
Dieter Schumann hat den Film gedreht. "Ich habe es bei diesen Dreharbeiten, die ja über zwei Jahre gingen, auch erst so richtig nachvollziehen können, dass dieser Reifeprozess, der da stattfindet, nicht nur ein Reifeprozess im Beruf ist, sondern auch der Persönlichkeit", betont Schumann. Die Doku gibt Einblicke in das erste Jahr im Engagement, in den Probenalltag. Er zeigt, wie die Schauspielerinnen Neues wagen und an Grenzen stoßen, wie sie ganz praktisch Regieanweisungen umsetzen.
Selbstzweifel gehören zum Beruf
"Ich hab mich gefragt, warum ich mich immer wieder fertig machen muss", erzählt Arikia im Film. "Ich komme immer wieder an die Punkte, wirklich bei jedem Stück: 'Ich kann das nicht, warum kriege ich das nicht hin? Wenn ich das nicht kann, dann muss ich da runter.'" Diese dauernden Selbstzweifel haben den Dokumentarfilmer überrascht. "Der Beruf ist so angelegt, dass man sich immer wieder infrage stellt. Bin ich gut? Bin ich überhaupt tauglich für den Beruf? Bin ich das, die eigentlich nicht aufhört? Also dieses 'Sich ständig selbst infrage stellen' scheint im Schauspielerberuf immanent zu sein", sagt Schumann.
Ein kleines Theater mit all seinen Gewerken
Der Film zeigt auch, wie ein Theater funktioniert - mit all seinen Gewerken: wie der Maske, den Schauspielern, Requisiteuren und Technikern. Sie alle müssen pausieren, als die Pandemie den Kulturbetrieb lahmlegt. Als es wieder losgeht, machen Rechtsextreme Wahlkampf direkt vor dem Theater. Gesa möchte darauf reagieren. Im Film rät der Intendant ihr davon ab. "Was willst du damit erreichen? Komm, setz dich einen Moment. Du gibst denen doch im Prinzip nur eine Bedeutung, die sie nicht haben. Also in dem Moment, wo du da einsteigst, auf deren Provokation, gibst du ihnen ja eine Wichtigkeit, eine Notwendigkeit, eine Existenzberechtigung. Du nimmst sie ja wahr und ernst. Und das würde ich nicht machen - ich würde die einfach ignorieren."… und weitermachen: Theater spielen, was das Zeug hält.
Hommage an die kleinen Bühnen
"Theater ist also eigentlich die Mutter unserer Kultur", erklärt Dokumentarfilmer Schumann. "Wenn wir das Theater verlieren, verlieren wir ein ganz wesentliches Element unserer Kultur und unseres Lebens." Dieser Film ist eine Hommage an die kleinen Bühnen - weitab der großen Häuser. Feinfühlig und sensibel zeigt er die Leidenschaft der jungen Macherinnen und Macher - und ganz nebenbei erzählt er auch, was das Land zusammenhält: Kultur.