"Sancta" in Schwerin: Generalprobe enthüllt, was zu sehen sein wird
Vier Wochen ist im Großen Haus des Mecklenburgischen Staatstheaters für die Opernperformance "Sancta" von Florentina Holzinger geprobt worden. Mit der Generalprobe wurde nun enthüllt, was die Zuschauer an den kommenden vier Abenden in Schwerin zu sehen bekommen.
Paul Hindemith schrieb die Oper "Sancta Susanna" vor rund 100 Jahren. Die Wienerin Florentina Holzinger macht daraus eine Opern-Performance. Es geht darum, wie die Beziehung von Frauen zur Kirche beschrieben werden kann - und zwar "durch klassische Musik, moderne Popmusik, ein bisschen Hip-Hop, neu geschriebene Sachen", so Sängerin Andrea Baker, die als Klementia auf der Bühne steht.
Eine Frau als Glocken-Klöppel - und Jesus gibt Autogramme
Im Hintergrund der Bühne steht eine Kletterwand, davor eine Skaterbahn. Ein Roboterarm hebt mal eine Kerze, mal ein Kreuz in die Luft. Es ist weniger das Bühnenbild, das für Aufsehen sorgt, als vielmehr das, was die Performance-Künstlerinnen darin tun. So dient ein nackter Frauenkörper als Klöppel in einer überdimensionalen Glocke, Akteure zerstören die Sixtinische Kapelle, ein lesbischer Papst tritt auf und Jesus gibt dem Publikum Autogramme.
"Oper ist Spektakel - und genau das ist 'Sancta' auch"
Andrea Baker steht seit drei Jahrzehnten auf Theaterbühnen. Sie sagt: "Es muss etwas Neues geben für die Oper. Für mich ist das ein Weg, Oper in einer anderen Form zu leben. Oper ist Spektakel - und genau das ist 'Sancta' auch: Es gibt verschiedene Musikstile, verschiedene Sounds, verschiedene Bilder. Es ist ein Stück, das man sich mehrmal ansehen kann."
Neben Baker als Klementia singt Cornelia Zink vom Musikensemble des Mecklenburgischen Staatstheaters die Susanna. "Ich sang mein erstes Solo mit fünf Jahren. Eine Stimme sprach zu mir, dass ich 2024 mein ganzes Instrument dem Publikum enthüllen werde." Es ist ein Satz, den die Sopranistin während der Aufführung sagt. Er bezieht sich auch darauf, dass Cornelia Zink, wie fast alle, zumeist nackt agiert.
"Kein Körper wird sexualisiert dargestellt"
"Ich bin nach Berlin gefahren und habe mir von Florentina Holzinger 'Ophelia's Got Talent' angeguckt", erinnert sich Zink. "Da war mir nach fünf Minuten klar: Die Frauen auf der Bühne haben so eine große Kraft und Selbstverständlichkeit, mit ihrem Körper umzugehen. Es wird niemand ausgestellt. Kein Körper wird sexualisiert dargestellt. Und da war eine Power in dem Raum, dass ich gedacht habe: Das ist eine Erfahrung, die möchte ich unbedingt mal machen."
"Das ist auch ein Geschenk von Gott"
Die Opernperformance "Sancta" hat Florentina Holzinger übrigens komplett ohne Männer inszeniert. "Man darf dafür einfach große Dankbarkeit empfinden, dass man gesund ist, auf die Bühne kann und seiner Leidenschaft und seinem Talent frönen darf", sagt Zink. "Das ist auch ein Geschenk von Gott - man darf das nicht übersehen. Wir behandeln christliche Fragen und Glaubensfragen auf der Bühne. Ich finde, dazu gehört auch, dass wir uns als Gesellschaft öffnen: Dafür, dass Individualität etwas Tolles ist und dass wir aufhören mit dem Gleichzeichnen und dass wir alle die gleichen Körperformen haben müssen."
Für Cornelia Zink als Susanna und alle anderen Solisten geht es nach den Aufführungen am Mecklenburgischen Staatstheater von Schwerin nach Wien - gemeinsam mit Opernchor und Staatskapelle wird "Sancta" im Juni bei den Wiener Festwochen gastieren.
Für die vier Vorstellungen am Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin bis Sonntag gibt es für sämtliche Sitzplätze keine Eintrittskarten mehr. Lediglich Karten für Stehplätze können noch an der Theaterkasse erworben werden. Nach den Wiener Festwochen hat "Sancta" am 5. Oktober an der Staatsoper Stuttgart Premiere, bevor die Inszenierung am 16. und 17. November an der Berliner Volksbühne zu sehen ist.