Premiere von "Bernarda Albas Haus": Anspruchsvoll, anstrengend, anregend
In "Bernarda Albas Haus" erzählt der spanische Dramatiker Federico Garcia Lorca von einem System brutaler Unterdrückung. Am Sonnabend ist das Stück aus dem Jahr 1936 in einer Neufassung von Alice Birch auf die Bühne des Hamburger Schauspielhauses gekommen.
Es ist erstaunlich, wie schnell das Publikum nach anderthalb konzentrierten, erschütternden Stunden applaudiert und "Bravo" ruft. Denn dieser Abend hat es in sich.
Wir blicken direkt in Bernarda Albas Haus, das Alex Eales kongenial auf der Bühne nachgebaut hat. Im Obergeschoss befinden sich die winzigen Zimmer ihrer fünf Töchter, fast alle ohne Fenster, nur Bernardas Zimmer ist etwas größer und hat ein Fenster. Im Untergeschoss: Küche, Esszimmer und ein kleiner Hof, abgeschlossen durch einen hohen Zaun. Der Eindruck täuscht nicht: Dieses Haus ist ein Gefängnis. Nach dem Tod ihres Mannes befiehlt Bernarda den Töchtern, acht Jahre lang zu trauern. Widerspruch duldet die Witwe nicht. Sie will die totale Kontrolle, mit allen Mitteln.
Eine Mutter hält mit allen Mitteln das Patriarchat aufrecht
Die Mutter schlägt die eine Tochter, einer anderen verbrüht sie die Hand. Es ist Gewalt gegen Frauen, denen kein eigener Wille, keine Freiheit zugestanden wird. Die Ehre der Familie steht über allem. Obwohl eine Frau das Haus zu regieren scheint und Männer auf der Bühne kaum zu sehen sind, spielen sie die Hauptrolle - im Hintergrund. Denn sie haben das patriarchale System geschaffen, das Bernarda Alba meint, mit allen Kräften aufrechterhalten zu müssen.
Eine Tochter, die nicht mehr gehorcht, ist nicht länger eine Tochter. Sie wird zu deinem Feind, und das ist allein ihre Entscheidung. aus "Bernarda Albas Haus"
Natürlich geht das nicht gut. Die älteste Tochter darf als einzige heiraten, doch der Verlobte scheint nur auf deren Geld aus zu sein und trifft sich heimlich mit der jüngsten, Adele.
Inszenierung verstärkt klaustrophobischen Eindruck
Der Regisseurin Katie Mitchell und der Autorin Alice Birch gelingt mit ihrer Fassung von "Bernarda Albas Haus" ein fast schon unheimlich dichter, zwischen den Zeiten schwingender Abend. Wie schon bei früheren Arbeiten lassen sie viele Szenen parallel spielen, dann greifen die Texte wie bei einem Puzzlespiel ineinander. Dem zu folgen, erfordert viel Konzentration, doch verstärkt diese Art der Inszenierung noch den klaustrophobischen Eindruck. Mitchell ist eine Meisterin der präzisen Choreographie und kann sich auf ihr tolles Ensemble verlassen. Immer wieder friert sie zwischendurch Szenen ein, lässt zu Musik in Zeitlupe spielen.
Eine Zuschauerin erzählt danach: "Für mich war es teilweise schwer zu folgen, weil so viel gleichzeitig passiert ist." Ein anderer findet: "Wie die sich in den verschiedenen Zimmern bewegt haben und zum Teil durcheinander gesprochen haben, fand ich total stark und poetisch."
"Ich will hier raus!"
Die Situation im Haus spitzt sich zunehmend zu, denn Adele ist nicht bereit, auf ihr Glück zu verzichten:
Morgen früh gehe ich raus hier, in meinem grünen Kleid, ich will hier raus! aus "Bernarda Albas Haus"
Doch das bleibt ein Traum. Am Ende überlebt nur die älteste Tochter. Auf platte Aktualisierungen verzichten Mitchell und Birch, und doch schwingt das Heute immer mit. So entsteht ein technisch hoch virtuoser Abend - anspruchsvoll, anstrengend und anregend.
Premiere von "Bernarda Albas Haus": Anspruchsvoll, anstrengend, anregend
Federico Garcia Lorcas Stück über ein System brutaler Unterdrückung ist am Sonnabend in einer Neufassung auf die Bühne des Deutschen Schauspielhauses gekommen.
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Deutsches Schauspielhaus
Kirchenallee 39
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