"Barrrbie ein Puppenheim": Eigenwillig, durchgeknallt und mitreißend
Nach dem Kino-Erfolg hat die Barbie-Puppe jetzt auch den Weg auf die Theaterbühne gefunden. Am Hamburger Thalia Theater in der Gaußstraße ist nun "Barrrbie ein Puppenheim" von Emre Akal Premiere zu sehen - ein Abend frei nach Ibsens "Nora oder Ein Puppenheim".
"Ein Traum. Ein Alptraum. Ein Trip. Etwas Dada" hat Emre Akal seinen Text überschrieben. Alles liefert dieser Abend wie einige Besucher bestätigen. "Bunt, schrill, rasant", meint ein Besucher und ein anderer ergänzt: "Das hab ich so noch nicht im Theater gesehen - eine sehr besondere Spielform."
Die Figuren sehen zunächst so aus, als seien sie frisch aus einem Animationsfilm oder einem Computerspiel geschlüpft: auf dem Kopf Perücken mit eingefrorenen Frisuren, dazu Kleidung, die keine Falten wirft - wie Plastik steht sie ab. Die Welt ist rosa, und natürlich trägt auch "Barrrbie" rosa und hat und kann ALLES. Sie ist Politikerin, Ärztin, Bankdirektorin, Pilotin.
Publikum ist nah an der "Barrrbie"-Welt
Doch schnell zerplatzt diese Puppen-Traumwelt. Im zweiten Teil landen wir in einer Art "Nora", allerdings mit Barbie-Personal. "Barrrbie", jetzt mit langem, blondem Haar, ist Hausfrau, ganz im Dienste ihres Mannes Hellmie, bei Ibsen heißt er Helmer. Für ihn hat sie einst ohne sein Wissen ein Darlehen aufgenommen, auf dem Schuldschein eine Unterschrift gefälscht. "Ich bin eine erwachsene Frau. Ich kann doch wohl selbst Entscheidungen treffen", sagt sie im Stück. Hellmie sieht das anders, außerdem droht der Betrug aufzufliegen, "Krogggie" versucht "Barrrbie" zu erpressen.
Das Publikum ist nah dabei, schaut direkt hinein in das Puppenhaus, für dessen weiße Wände das Künstlerduo Mehmet & Kazim 3D Videoprojektionen entworfen hat: Herd, Spüle, Dauerregen vor dem Fenster. Doch nichts ist hier echt. Auch nicht die gigantischen Grillwürste oder der Kaffee in den Tassen, obgleich eifrig geschlürft wird. Ab und zu reißt der Film, alles wird schwarz, und die Figuren geraten in hektische, unkontrollierte Bewegungen.
Victoria Trauttmansdorff glänzt als "Barrrbie"
"Fantastisch diese Mischung aus Tanz und Videoinstallation, ganz großartig", meint eine Zuschauerin im Anschluss. Emre Akal spielt klug mit den verschiedenen Kunstformen und schafft mit seinem Team einen eigenwilligen, manchmal durchgeknallten, mitreißenden Abend. In der Grundstruktur bleibt er erstaunlich dicht bei Ibsen. Irgendwann teilt "Barrrbie" ihrem Mann jedenfalls mit: "Hör endlich auf, mich 'Barrrbie' zu nennen, ich heiße Nora. Nora." Und dann folgt noch eine letzte Volte. Nora und Helmer sind plötzlich Menschen von heute, ein Paar, das sich nach langer Ehekrise trennt. Sie geht - und nimmt die Kinder mit.
Schauspielerin Victoria Trauttmansdorff glänzt als "Barrrbie", als Nora. Gleichzeitig ist "Barrrbie ein Puppenheim" ein toller Ensemble-Abend, der lange nachhallt, wie auch dieser Zuschauer findet: "Das arbeitet nach, glaube ich. Aber das finde ich auch gut, wenn ein Theaterabend nacharbeitet."