Lohbrügger Bürgerbühne: Quicklebendig - op Platt und auf Hochdeutsch
Nicht alle Hamburger Theatervereine haben die Zeit der Corona-Pandemie überlebt - die Lohbrügger Bürgerbühne schon. Der Theaterverein hat einen vielfältigen Spielplan, ein eigenes Theaterhaus und ein treues Publikum.
Das Erfolgsrezept dieser Amateurbühne besteht aus einem bunten Programm für ganz unterschiedliches Publikum. "Im Frühjahr spielen wir auf Hochdeutsch, da kommen dann eher jüngere Leute, im Herbst op Platt, dann kommt ein eher älteres Publikum, das gern Traditionelles mag", erzählt Nils Bosecke, der bei der Bürgerbühne für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig ist.
Für 2024 steht im Frühjahr die hochdeutsche Komödie "Hotel Mama" von Jan-Ferdinand Haas auf dem Spielplan, im Juni folgt das Kinder- und Jugendstück "Der kleine Vampir" von Angela Sommer-Bodenburg. Im Herbst ist wieder Plattdeutsch Trumpf, und im Winter gibt es ein hochdeutsches Weihnachtsmärchen für die Lütten.
Treues Publikum: Volles Haus nach der Pandemie
Bauen kann die Lohbrügger Bürgerbühne mit ihren rund zwei Dutzend aktiven Mitgliedern auf ein treues Publikum, das auch nach der Pandemie wiederkam und für viele ausverkaufte Aufführungen sorgte. Plattdeutsches Herbststück 2023 war die Komödie "Amtsnoten" unter der Regie von Susanne Strüber-Penopp und Nils Bosecke. Im Jahr davor lief das Zwei-Personen-Stück "Twee as Bonnie un Clyde", 2021 und 2020 gab es aufgrund der Corona-Pandemie gar keine Aufführungen. In den Jahren vorher liefen "Boeing, Boeing", "Un baven wahnen Engel", zum 50-jährigen Bestehen "De schönste Mann von de Reeperbahn" und 2016 das Stavenhagen-Drama "Mudder Mews".
Im südöstlichen, noch zu großen Teilen ländlich geprägten Bezirk Hamburg-Bergedorf entstand die Lohbrügger Bürgerbühne 1967 zunächst als Neigungsgruppe im Bürgerverein Lohbrügge. Bis 1996 spielte die Bürgerbühne als Wanderbühne unter anderem in Ochsenwerder und Zollenspieker, in der Gesamtschule Lohbrügge und im Theater Haus im Park. 1997 endlich wurde sie zu einem eigenständigen Verein. Die ehemaligen Probenhalle am Neuen Weg im Stadtteil Bergedorf baute man zu einem eigenen Theaterhaus um, das seit 2005 auch über gemütliche Kinosessel verfügt, in denen das Publikum ganz dicht am Geschehen sitzt.
Plattdeutsch auf der Bühne: "Dat mookt mi veel Spooß"
Viele der Vereinsmitglieder sind zwar begeisterte Plattdüütsch-Fans, können aber oft nur ihren Bühnentext op Platt. Anders ist das bei Volker Pott und Nils Bosecke, zwei wichtigen Stützen des Vereins. Und Pott liebt es, auf der Bühne völlig unterschiedliche Charaktere zu spielen: "Dat mookt mi veel Spooß. Je sworer, je beter!", erzählt der Schauspieler mit Glanz in den Augen. Schon mit 16 Jahren wurde er vom Theater-Bazillus infiziert und verfügt heute über große Routine. Was seine Persönlichkeit angeht, sagt Pott, habe er sich durch die Auftritte vor Publikum verändert und mehr Selbstsicherheit gewonnen, was ihm im Arbeitsalltag im Umgang mit Kunden sehr zugute kommt. Aber ab und zu plagt ihn immer noch mal ein nächtlicher Albtraum: "Ik stoh op de Bühn un kann keen Text mehr! Allens weg!" Den Alptraum nimmt er dann als Ansporn, sich noch mehr in seine Rolle hineinzuknien.
Wie bei allen Hamburger Amateurbühnen sind die Männer knapp. Nils Bosecke, der Co-Regisseur bei "Amtsnoten", ist schon vor knapp 20 Jahren "mitsnackt worrn" und fing als jugendlicher Liebhaber an. Er freut sich immer besonders, wenn Kinder und jugendliche Darsteller aus den hochdeutschen Weihnachtsmärchen später da bleiben und auch Gefallen an einer Mitwirkung bei den Erwachsenen-Stücken finden.
Mit Geld auf der hohen Kante durch die Corona-Zeit
Nicht alle Hamburger Theatervereine haben die Zeit der Corona-Pandemie überlebt. Die Bürgerbühne hat es geschafft - trotz des Kostenfaktors Theaterhaus und trotz der ausgebliebenen Einnahmen aus dem Kartenverkauf. Der Verein hatte in guten Tagen rechtzeitig Geld auf die hohe Kante gelegt und bekam auch finanzielle Corona-Unterstützung vom Staat. Und glücklicherweise blieben die aktiven Mitglieder der Bürgerbühne treu und zogen sich nicht aufs Sofa zurück.
Amateurtheater ist ein zeitaufwändiges Hobby, auch bei der Bürgerbühne. Für "Amtsnoten" wurde in der Zeit vor der Premiere zweimal pro Woche geprobt. Auch Bühnenbau, Kostüme, Maske und so weiter verschlingen viel Zeit - und nach der Aufführung ist auch schon wieder vor der Aufführung. Und alles "nur" für den Applaus. Ob das Publikum zufrieden ist, das sieht man gleich, denn in dem kleinen, gemütlichen Theaterhaus der Bürgerbühne im Neuen Weg sind die Akteure und die Zuschauerinnen und Zuschauer extrem nah beieinander. Pott: "Dat is face to face, un du kriggst veel vun de Reakschonen vun’t Publikum mit." Und Bosecke weiß: "Nich de Lüüd in de Ogen kieken! Is beter, du kiekst överweg, sünst warrst nervös!"