Marie Bues © Dominique Brewing Foto: Dominique Brewing
Marie Bues © Dominique Brewing Foto: Dominique Brewing
Marie Bues © Dominique Brewing Foto: Dominique Brewing
AUDIO: Marie Bues probt den Perspektivwechsel (55 Min)

Marie Bues über ihre "Nora"-Inszenierung am Schauspiel Hannover

Stand: 12.01.2024 06:00 Uhr

Marie Bues inszeniert am Schauspiel Hannover "Nora oder Wie man das Herrenhaus kompostiert" von Sivan Ben Yishai. Dabei werden verkrustete Rollenmuster und die Macht der Gefühle hinterfragt. Über ihre Inszenierung spricht sie bei NDR Kultur à la carte.

"Nora oder Wie man das Herrenhaus kompostiert" heißt das Stück von Sivan Ben Yishai, das am 13. Januar am Schauspiel Hannover uraufgeführt wird. Im Hintergrund steht natürlich Henrik Ibsens Theaterstück "Nora oder Ein Puppenheim" von 1879. Bei Ibsen geht es um zeitgenössische Konventionen, um verkrustete Rollenmuster, um die Macht der Gefühle. Sivan Ben Yishai greift diese Themen auf, transportiert sie in die Gegenwart und hinterfragt beispielsweise prekäre Arbeitsverhältnisse oder einen sogenannten "weißen Feminismus". Regie führt Marie Bues, die zuletzt Stücke wie "Antigone" oder "Wir sind nach dem Sturm" am Schauspiel Hannover zur Aufführung gebracht hat. Über ihre Inszenierungen, ihr großes Interesse an zeitgenössischen Stoffen und über ihr neues Stück spricht sie in NDR Kultur à la carte.

Marie Bues, Sie haben schon sehr häufig mit Sivan Ben Yishai zusammengearbeitet. Das Stück jetzt ist eine Auftragsarbeit des Schauspiels Hannover. War es von vornherein klar, dass Sie das inszenieren werden?

Marie Bues: Das war von Anfang an klar. Sivan Ben Yishai und ich arbeiten bereits seit sieben Jahren zusammen. Wir haben dadurch auch eine eigene Sprache in der künstlerischen Zusammenarbeit gefunden. Es ist schon meine fünfte Inszenierung in Hannover und ich habe auch mit dem Ensemble, mit der Dramaturgie und der Leitung eine gemeinsame Sprache. Da hatten wir Lust, das mal zu verbinden. Sie hatten auch ein großes Interesse an Sivan und hatten auch schon die Aufführung "Liebe" von ihr inszeniert, insofern hat es sehr gut gepasst. Wir haben uns schon seit eineinhalb Jahren mit diesem Stoff befasst und ganz viele Fassungen zusammen gelesen. Die Dramaturgin Nora Khuon und ich haben das sehr eng begleitet. Sivan hat immer wieder geschrieben und uns einen Teil vorgelesen. Sie hatte Lust, uns teilhaben zu lassen und das in der Form des Vorlesens. Wir haben dadurch tolle Zusatzinformationen bekommen, weil wir beim Lesen etwas über den Rhythmus und das Sprachgefühl mitbekommen haben. Und so haben wir inhaltlich immer wieder mehrere Fassungen und Schritte begleitet.

Ich habe das Gefühl, das Stück ist wie eine Reise durch die aktuellen Diskussionen, die wir alle in der Gesellschaft erleben: Gender-Pay-Gap, Patriarchat, aber auch Kapitalismuskritik. Da ist ganz schön viel drin.

Bues: Ja, auch Klassismus wird verhandelt, eben Kapitalismus als System, was Klassismus fördert. Das ist ganz toll, dass daran so viel verhandelt werden kann. Das funktioniert immer auf eine sehr gute Art und Weise, dass die Menschen sozusagen anhand des "Nora Stoffes" ins Diskutieren und Nachdenken geraten. Nora wird als eine ganz heutige, eigentlich woke Personen erzählt, trotzdem stecken viele rassistische, internalisierte Begriffe drin. An der Stelle spricht aus ihr ein doch sehr privilegiertes Bürgertum, obwohl sie sich für aufgeklärt, feministisch und aller Diskurse mächtig fühlt. Es ist nicht gleich auf Augenhöhe mit den Gruppen, die marginalisiert sind oder deren Perspektiven auf einer Bühne nicht selbstverständlich vorkommen.

Das Gespräch führte Katja Weise.

Weitere Informationen
Stefanie Reinsperger © Sven Serkis Foto: Sven Serkis

Stefanie Reinsperger: Das Theater ist ihr Leben

Schon früh stand die junge Österreicherin auf der Bühne und wollte nicht mehr weg. Darüber hat sie nun ein Buch geschrieben. mehr

Tänzer auf der Bühne © Staatsoper Hannover/ Foto: Carlos Quezada

"Du bist so schön": Faszinierendes Ballett in Hannover

Die Staatsoper Hannover zeigt drei Ballettstücke unterschiedlicher Choreografinnen - eines davon als Weltpremiere. mehr

Alexander Klar im Portrait. © Hamburger Kunsthalle Foto: Romanus Fuhrmann

Alexander Klar: Bilder von Caspar David Friedrich erzählen Geschichten

Der Direktor der Hamburger Kunsthalle spricht bei NDR Kultur à la carte über die große Jubiläumsausstellung in Hamburg. mehr

Jaroslav Rudiš © Peter von Felbert

Jaroslav Rudiš: Große Leidenschaft für Reisen mit dem Zug

Der Schriftsteller ist fasziniert von Zügen. Auch seine persönliche Weihnachtsgeschichte hat was mit dem Zug und dem Prager Hauptbahnhof zu tun. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NDR Kultur à la carte | 12.01.2024 | 13:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Theater

Hände halten ein Smartphone auf dem der News-Channel von NDR Kultur zusehen ist © NDR.de

WhatsApp-Channel von NDR Kultur: So funktioniert's

Die Kultur Top-News aus Norddeutschland direkt aufs Smartphone: NDR Kultur ist bei WhatsApp mit einem eigenen Kanal aktiv. mehr

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur sucht Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mann und Frau sitzen am Tisch und trinken Tee. © NDR Foto: Christian Spielmann

Tee mit Warum - Die Philosophie und wir

Bei einem Becher Tee philosophieren unsere Hosts über die großen Fragen. Denise M‘ Baye und Sebastian Friedrich diskutieren mit Philosophen und Menschen aus dem Alltag. mehr

Mehr Kultur

Mohammad Rasoulof © Screenshot

Europäischer Filmpreis: Rasoulof, Eidinger und Rogowski nominiert

Das in Hamburg produzierte Drama "Die Saat des Heiligen Feigenbaums" von Mohammad Rasoulof ist als bester Film nominiert. Eidinger und Rogowski haben Chancen als bester Schauspieler. mehr