Alexander Klar im Portrait. © Hamburger Kunsthalle Foto: Romanus Fuhrmann
Alexander Klar im Portrait. © Hamburger Kunsthalle Foto: Romanus Fuhrmann
Alexander Klar im Portrait. © Hamburger Kunsthalle Foto: Romanus Fuhrmann
AUDIO: Caspar David Friedrich-Show in der Hamburger Kunsthalle (55 Min)

Alexander Klar: Bilder von Caspar David Friedrich erzählen Geschichten

Stand: 29.12.2023 06:00 Uhr

Die Hamburger Kunsthalle feiert den 250. Geburtstag des "Superstars" der Romantik. Über Caspar David Friedrich, seine Kunst und seine Wirkung spricht Alexander Klar, Direktor der Hamburger Kunsthalle im Gespräch bei NDR Kultur à la carte.

Himmel, Wolken, Meer, unendliche Weiten - das sind die Bilder von Caspar David Friedrich. Vor bald 250 Jahren, 1774, wurde der "Superstar" geboren, heute gehört der Romantiker zu den wichtigsten Malern der Kunstgeschichte. Ein Jubiläum, das innehalten und die Kunstwelt vibrieren lässt. Hamburg hat das Caspar David Friedrich-Jubiläum eröffnet, in der Kunsthalle ist bereits die Ausstellung "Kunst für eine neue Zeit" zu sehen. Im Laufe des kommenden Jahres folgen Ausstellungen in Berlin, Dresden und Greifswald. Und auch das New Yorker Metropolitan Museum bereitet sich auf die erste amerikanische Retrospektive für 2025 vor. Über Caspar David Friedrich, seine Kunst und seine Wirkung spricht Alexander Klar, Direktor der Hamburger Kunsthalle, mit Claudia Christophersen in "NDR Kultur à la carte".

Weitere Informationen
Kurator Markus Bertsch steht vor "Das Eismeer" von Caspar David Friedrich © Screenshot NDR

Caspar David Friedrich in Hamburg: Ein Feuerwerk der Kunst

Es ist endlich soweit: In der Hamburger Kunsthalle sind 70 Meisterwerke von Caspar David Friedrich zu sehen. mehr

Was hat es mit diesen Rückenfiguren bei Caspar David Friedrich auf sich? Warum schaut die Figur nicht in die Richtung des Betrachters oder der Betrachterin?

Alexander Klar: Das ist vielleicht ein Teil der Modernität von Caspar David Friedrich, denn man könnte diese Rückenfigur auch Avatare nennen. Beim modernen Gaming schaue ich meinen Söhnen immer mal über die Schulter und stelle fest, dass sie hinter ihren Figuren hinterherrennen. "Der Wanderer" ist eine besonders große Rückenfigur. Normalerweise sitzen Leute mit dem Rücken zu uns. Da möchte man sich dazu setzen. Es ist nicht so, dass die Leute einladen, sie sitzen versunken da. Aber sie weisen einen auch nicht ab. Das heißt, zu diesen beiden Frauen und dem Mann, die da im Angesicht des Mondscheins auf dem Felsen am Wasser sitzen, könnte man sich dazusetzen, links am Felsen ist noch Platz. Der "Wanderer" ist so groß und prominent im Bild, dass er zu einem Selbst wird. Man hat das Gefühl, das ist ein Stellvertreter von uns. Man steht da und blickt auf das Unbekannte des im Nebel Versunkenen. Die Metaphorik ist so unglaublich universell, das kann jeder verstehen, aus jedem kulturellen Hintergrund und das macht das Bild so stark.

Wenn Goethe Caspar David Friedrich nicht so geschätzt hat, haben es andere getan, wie zum Beispiel Heinrich von Kleist. Der hat auch über Friedrich geschrieben. Kleist hat die "Empfindung zu Friedrichs Seelandschaft" geschrieben, er schreibt: "Herrlich ist es, in einer unendlichen Einsamkeit am Meeresufer unter trübem Himmel auf eine unbegrenzte Wasserwüste hinaus zu schauen." Ein Satz und der Kosmos ist eröffnet.

Klar: Er beschreibt den "Mönch am Meer", das erste Bild der Moderne. Da bezieht sich später der Minimalismus drauf. Das ist auch das Verstörende, dass Kleist und die junge Avantgarde ihn verstanden haben. Die Kleists ihrer Zeit waren aber auch vollkommen durchgeknallte Gestalten. Für Goethe war Jakob Philipp Hackert ein Vorbild, er malte sonnige Landschaften mit freundlichen Menschen. Die freundlichen Menschen sind meistens Hirten und der Betrachter ist meistens ein Fürst. Bei Caspar David Friedrich ist das anders, das sind dunkle Bilder, Bilder von einer unglaublichen Unzugänglichkeit. Für die Zeitgenossen war das verstörend. Das war die Avantgarde der 1810er- und 1820er-Jahre. Die junge literarische, also die Avantgarde, hat das sofort erkannt, diese Analogie, dass sich das anfühle, als ob einem die Augenlider abgeschnitten werden. Das bezieht sich auf diese potenzielle Unendlichkeit der Bilder. Zum Beispiel der "Mönch am Meer", der geht rechts und links noch weiter. Das ist ein irrsinnig weiter Horizont. Alle Bilder von Caspar David Friedrich haben menschliche Formate. Der "Mönch am Meer" ist durchaus groß. Der größte ist, glaube ich, der "Watzmann" und der "Mondschein". Aber im Großen und Ganzen sind das Bilder, die menschliche Maße haben, aber vom Inhalt her, könnten die viel größer sein.

Das Gespräch führte Claudia Christophersen.

Weitere Informationen
Martin Tingvall am Klavier © NDR.de Foto: Claudius Hinzmann

NDR Kultur à la carte

In der Sendung "NDR Kultur à la carte" kommen Menschen zu Wort, die etwas zu sagen haben. Die Gäste stellen sich nicht nur den Fragen, sie bringen auch ihre Lieblingsmusik mit. mehr

Ein Gemälde von Caspar David Friedrich mit dem Titel "Das Eismeer" in der Hamburger Kunsthalle, daneben eine gelbe Tafel mit QR-Code mit "Dance My Art" © NDR

Caspar David Friedrich: Hamburger Kunsthalle zeigt Jubiläumsschau

Die Hamburger Kunsthalle würdigt den 250. Geburtstag des Malers ab Dezember und in 2024 mit Ausstellungen. mehr

Cocktail mit Orangenschale und Eiswürfel © picture alliance / The Picture Pantry | Natalia Klenova Foto: Natalia Klenova

Partywissen: Fünf Fakten über Caspar David Friedrich

Warum malte Friedrich immer nur Personen von hinten und was hat der Maler mit Andy Warhol gemeinsam? Die Antworten verblüffen. mehr

In der Gemäldegalerie des Pommerschen Landesmuseum in Greifswald sind Briefe des Malers Caspar David Friedrich ausgestellt. © dpa-Zentralbild Foto: Stefan Sauer

Caspar David Friedrich: Von Romantikern und einsamen Mönchen

Zum 250. Jubiläum werden seine Werke in hochkarätigen Ausstellungen gezeigt: in Hamburg, Berlin, Dresden und auch in Friedrichs Geburtsstadt Greifswald. mehr

Alexander Klar vor der Hamburger Kunsthalle © picture alliance/dpa | Ulrich Perrey Foto: Ulrich Perrey

Hamburger Kunsthalle 2023: Preiserhöhung und ein "freier" Tag

Jeden ersten Donnerstag im Monat soll es ab 18 Uhr freien Eintritt für alle geben. Zudem steigt der Eintrittspreis. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NDR Kultur à la carte | 29.12.2023 | 13:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Museen

Ausstellungen

Ein leerer Bilderahmen hinter Polizei-Absperrband. © NDR Foto: Foto: [M] Aleksandr Golubev | istockphoto, David Wall | Planpicture

Kunstverbrechen - True Crime meets Kultur

Lenore Lötsch und Torben Steenbuck rollen spektakuläre Kunstdiebstähle auf. Sie nehmen uns mit an Tatorte, treffen Zeugen und Experten. mehr

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur sucht Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Hände halten ein Smartphone auf dem der News-Channel von NDR Kultur zusehen ist © NDR.de

WhatsApp-Channel von NDR Kultur: So funktioniert's

Die Kultur Top-News aus Norddeutschland direkt aufs Smartphone: NDR Kultur ist bei WhatsApp mit einem eigenen Kanal aktiv. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mehr Kultur

Quincy Jones © imago

Quincy Jones ist tot: Was hat seine Musik so besonders gemacht?

Im Gespräch verrät Ingolf Burkhardt, Trompeter der NDR Bigband, wie er Jones bei einem gemeinsamen Konzert kennengelernt hat. mehr