Regisseur Gregor Müller (l.) und Dramaturg Friedrich von Mansberg (r.) © NDR Foto: Katrin Schwier

Wie das Theater Lüneburg Menschen mit Behinderung ins Haus bringt

Stand: 26.01.2023 11:46 Uhr

Für Menschen mit Behinderung ist der Theaterbesuch häufig schwer zugänglich. Das Theater Lüneburg hat deshalb eine Kooperation mit der Lebenshilfe Lüneburg-Harburg gestartet.

von Katrin Schwier

Menschen mit Behinderung gehen fast nie ins Theater. Gründe gibt es viele. Einige sagen, dass sie sich dort nicht so richtig wohlfühlen. Andere haben Angst, dass sie nichts verstehen oder dass sie an der falsche Stelle lachen. Manchmal ist es einfach kompliziert, ins Theater zu kommen, oder es ist zu teuer. Stefan Schliephake, Theaterpädagoge bei der Lebenshilfe Lüneburg-Harburg, findet das schade. Er hat eine Kooperation mit dem Theater Lüneburg ins Leben gerufen. Am 25. Januar hat sich die Gruppe "Der Sturm" von Shakespeare im Theater Lüneburg angeschaut.

Einführung in leichter Sprache

Regisseur Gregor Müller (l.) und Friedrich von Mansberg (r.) stehen vor einer Menschengruppe. © NDR Foto: Katrin Schwier
In einem Nebenraum wird die Gruppe von Menschen mit Behinderung empfangen. Sie bekommen eine Einführung in leichter Sprache und lernen einen Schauspieler kennenlernen.

Ein Nebenraum im Theater Lüneburg: Eine Gruppe von 13 Menschen mit Behinderung hat sich an kleinen Tischen verteilt. Aufmerksam lauschen sie, was Dramaturg Friedrich von Mansberg und Regisseur Gregor Müller über das Stück zu sagen haben: "In der Theaterlandschaft wird immer erzählt, dass es das komplizierteste Stück ist und keiner es so richtig versteht", sagt Gregor Müller. "Macht Euch da keinen Stress: Ich habe es auch nicht ganz verstanden."

Es wird viel gelacht bei der Einführung in leichter Sprache und plötzlich scheint der komplizierte Shakespeare gar nicht mehr so kompliziert. "Wir haben uns einfach Sachen rausgezogen, die wir verstehen und die wir cool finden. Da ist zum Beispiel ein Liebespaar, die tanzen, und wie in einem Liebesfilm ist da natürlich Musik", erklärt Müller.

Das "Drumherum ist die größere Hürde"

Ein eigenes Theaterangebot für Menschen mit Behinderung. Diese Idee stammt von Stefan Schliephake, Theaterpädagoge bei der Lebenshilfe Lüneburg Harburg. Für Menschen mit Behinderung sind die Hürden ins Theater zu gehen sehr hoch. Denn der Theaterbetrieb gehorcht gewissen Regeln. "Die meisten Theaterbesucher wissen: Wie ziehe ich mich an, wie verhalte ich mich, wann klatsche ich, wann klatsche ich nicht. Es gibt eine Menge Rituale und das mag auch eine Hemmschwelle sein", erklärt Dramaturg Friedrich von Mansberg. "Ich könnte mir vorstellen, dass dieses Drumherum die größere Hürde ist."

Hürden lassen sich gemeinsam besser überwinden

Silke Reischauer (l.) und Robin Thieler (r.) © NDR Foto: Katrin Schwier
Silke Reischauer (l.) und Robin Thieler (r.) sind von dem Theaterbesuch als Gruppe begeistert.

Manche Hürden kann man gemeinsam besser überwinden. Da sind sich alle aus der Gruppe der Lebenshilfe einig. Sie fühlen sich dann besser und sicherer. Die Menschen mit Behinderung werden zudem von Ehrenamtlichen zu Hause abgeholt und nach der Vorstellung zurückgebracht. Außerdem hat die Lebenshilfe Unterstützer gefunden, so dass die Tickets nicht mehr teuer sind.

Nach 20 Minuten Einführung geht es los. Es sind beeindruckende Bilder, die auf der Bühne entstehen, mit viel Musik und Tanz. Zwei Stunden dauert die Vorstellung von "Der Sturm". Die Zeit vergeht wie im Flug. Allen ist klar: Sie wollen wieder kommen - zusammen als Gruppe.

Weitere Informationen
Theater Lüneburg © Dan Hannen Foto: Dan Hannen

"Aussage einer Bühnenfigur ist nicht die Aussage des Stückes"

Verharmlost das Stück "Vögel" den Holocaust? Ein Gespräch mit dem Chefdramaturgen am Theater Lüneburg, Friedrich von Mansberg. mehr

Die roten Sitze in einem Kino- oder Theatersaal. © Photocase Foto: kallejipp

Nach Corona: Theater blicken sorgenvoll in die Zukunft

Die Theater in Lüneburg, Stade und im Wendland müssen sparen. Ein Faktor sind die derzeit hohen Heizkosten. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Klassisch in den Tag | 26.01.2023 | 08:15 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Theater

Hände halten ein Smartphone auf dem der News-Channel von NDR Kultur zusehen ist © NDR.de

WhatsApp-Channel von NDR Kultur: So funktioniert's

Die Kultur Top-News aus Norddeutschland direkt aufs Smartphone: NDR Kultur ist bei WhatsApp mit einem eigenen Kanal aktiv. mehr

Eine Grafik zeigt einen Lorbeerkranz auf einem Podest vor einem roten Hintergrund. © NDR

Legenden von nebenan: Wer hat Ihren Ort geprägt?

NDR Kultur erzählt die Geschichte von Menschen, die in ihrer Umgebung bleibende Spuren hinterlassen haben - und setzt ihnen ein virtuelles Denkmal. mehr

Der Arm einer Frau bedient einen Laptop, der auf einem Tisch in einem Garten steht, während die andere Hand einen Becher hält. © picture alliance / Westend61 | Svetlana Karner

Abonnieren Sie den NDR Kultur Newsletter

NDR Kultur informiert alle Kulturinteressierten mit einem E-Mail-Newsletter über herausragende Sendungen, Veranstaltungen und die Angebote der Kulturpartner. Melden Sie sich hier an! mehr

NDR Kultur App Bewerbung © NDR Kultur

Die NDR Kultur App - kostenlos im Store!

NDR Kultur können Sie jetzt immer bei sich haben - Livestream, exklusive Gewinnspiele und der direkte Draht ins Studio mit dem Messenger. mehr

Mann und Frau sitzen am Tisch und trinken Tee. © NDR Foto: Christian Spielmann

Tee mit Warum - Die Philosophie und wir

Bei einem Becher Tee philosophieren unsere Hosts über die großen Fragen. Denise M‘ Baye und Sebastian Friedrich diskutieren mit Philosophen und Menschen aus dem Alltag. mehr

Mehr Kultur

Sänger Maxim von der Band The Prodigy während eines Auftritts in Kopenhagen 2023. © picture alliance / Gonzales Photo/Nikolaj Bransholm Foto: Gonzales Photo/Nikolaj Bransholm

Hurricane Festival: The Prodigy, Apache 207 und Sam Fender 2025 dabei

Die englische Elektro-Punk-Band The Prodigy und ein Who-is-Who der deutschen Pop- und HipHop-Szene haben sich für kommendes Jahr angekündigt. mehr

Das Logo von #NDRfragt auf blauem Hintergrund. © NDR

Umfrage zum Fachkräftemangel: Müssen wir alle länger arbeiten?