"Semele" am Theater Lübeck lässt die 60er-Jahre in Amerika aufleben
Am Theater Lübeck feiert das Oratorium "Semele" von Georg Friedrich Händel Premiere - eigentlich ein klassischer Stoff, aber in Lübeck spielt das Stück in den 1960er-Jahren in Amerika. Wie funktioniert das?
Das Stück fängt sehr klassisch mit Orchester und vier Solistinnen und Solisten an - alle sehr präsent auf der Bühne. Der Chor kommt dazu und steht hinter dem Orchester. Alle sind in Schwarz gekleidet, die Haare bei den Frauen meist aufwendig hochgesteckt oder toupiert, wie in den 60er-Jahren. Das Bühnenbild ist sehr zurückhaltend - bis zu dem Zeitpunkt, wo das Orchester plötzlich in den Orchestergraben abgesenkt und die Holzwand im Hintergrund nach oben gefahren wird.
Antiker Stoff im 1960er-Jahre-Gewand
Regisseur Stephen Lawless und Dramaturg Jens Ponath bringen "Semele" von Händel in einer ungewöhnlich originellen Art und Weise auf die Bühne - nicht als antiken Stoff. "Es ist entnommen von Ovid, den Metamorphosen. Es ist aber kein bisschen antik, auch schon nicht bei Congreve, der dieses Libretto geschrieben hat. Der Gott ist hier sehr menschlich in seiner Ehe dargestellt", erklärt Jens Ponath. "Wir haben das zum Ausgangspunkt genommen, den mächtigsten Mann der Welt anzustellen: nicht ein Gott, sondern in dem Fall ist es der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika."
In den 60er-Jahren war das J. F. Kennedy. Namentlich wird er nie genannt - er ist und bleibt Jupiter. Doch am Bühnenbild und an der Kleidung kann das Publikum schnell erkennen, wer wirklich gemeint ist. Denn die Bühne wird mal zum Oval Office und mal steht mitten auf ihr ein pinkes großes Bett, auf dem sich ein junges Mädchen mit blonden kurzen Haaren und einem weißen Kleid räkelt: Semele, gespielt und gesungen von der 26-jährigen Kanadierin Sophie Naubert. "Marilyn Monroe ist die Semele und Juno, die Frau von Jupiter, ist Jacky Kennedy. Hier haben wir also die amerikanischen 1960er-Jahre mit Streit und Chaos."
Semele auf der Suche nach Kraft und Unsterblichkeit
"Das Besondere der Semele ist, dass sie eine starke und leidenschaftliche Frau ist. Sie ist grenzenlos, rebellisch und sie wird von ihrer Kraft und Liebe angetrieben", erzählt Naubert. "Sie ist so kraftvoll. Sie geht sofort zu Jupiter, dem Gott von allen, und hat eine Liebesaffäre mit ihm. Sie weiß ganz genau, dass er ihr das geben kann, was sie will - und das ist Kraft. Sie möchte unsterblich werden". Und im Mittelpunkt stehen.
Um sich auf die Rolle der Semele vorzubereiten, hat Sophie Naubert jede Menge Filme mit Marilyn Monroe gesehen. Dabei ist ihr aufgefallen, "dass Marilyn Monroe viele Ähnlichkeiten zu Semele hat. Sie hat diesen Status, weiß wie man sich kleidet. Sie ist spielerisch, manchmal etwas rebellisch. Da sehe ich Parallelen. Es ist toll, diese Charaktere zu erforschen."
Händels Oratorium "Semele": Die grausame Wirklichkeit der Celebreties
Der Wunsch nach Unsterblichkeit hat für Semele Folgen, weiß Jens Ponath und erklärt, wie Regisseur Stephen Lawless den antiken Stoff in die 60er-Jahre übertragen hat: "Das ist der Wunsch, den ihr Jupiter nicht mehr abschlagen kann, weil er ihr gesagt hat: Ich erfülle dir jeden Wunsch. Dann tut er das. Unsterblich sein zu wollen, bedeutet für Stephen Lawless, ein Star sein zu wollen, ein Filmstar und eine Celebrity. Es ist die grausame Wirklichkeit der Celebrities, an denen sie scheitert und an denen sie zugrunde geht."
Ein sehr aktuelles Thema. "Semele" ist ein Stück mit vielen tragischen, aber auch komischen und vor allem überraschenden Momenten. Das eigentlich so klassische Oratorium von Händel lässt in Lübeck die 60er-Jahre in Amerika aufleben.
"Semele" am Theater Lübeck lässt die 60er-Jahre in Amerika aufleben
Am Theater Lübeck feiert das Oratorium "Semele" von Georg Friedrich Händel Premiere - eigentlich ein klassischer Stoff.
- Art:
- Bühne
- Datum:
- Ende:
- Ort:
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Theater Lübeck
Beckergrube 16
23552 Lübeck - Preis:
- ab 15,30 Euro
- Hinweis:
- Musikalische Leitung: Takahiro Nagasaki
Inszenierung: Stephen Lawless
Bühne & Kostüme: Ashley Martin-Davis
Choreografie: Lynne Hockney
Chor: Jan-Michael Krüger
Licht: Falk Hampel
Dramaturgie: Jens Ponath
Mit Sophie Naubert, Frederick Jones, Delia Bacher, Laila Salome Fischer, Andrea Stadel, Florian Götz, Matthias Egger, Piotr Knichalla, Nils Marckwardt, Chor des Theater Lübeck, Statisterie des Theater Lübeck, Philharmonisches Orchester der Hansestadt Lübeck