Die Schauspielerin Pegah Ferydoni im Portrait © Audible/Dirk Mathesius
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AUDIO: Schauspielerin Pegah Ferydoni: Eine Frau mit Haltung (55 Min)

Pegah Ferydoni: Schauspielerei verbindet sie mit Schweiß, Tränen und Styropor

Stand: 07.02.2025 06:00 Uhr

Pegah Ferydoni erzählt im Interview, dass sie eher zufällig zur Schauspielerei gekommen ist, und was es bedeutet als Migrantin vor der Kamera zu stehen.

von Katja Weise

Mit der Comedy-Serie "Türkisch für Anfänger" eroberte Pegah Ferydoni die Herzen der Fernsehzuschauer. Für ihre Rolle als Yağmur Öztürk erhielt sie 2006 den Deutschen Fernsehpreis, ein Jahr später den Grimme-Preis. Spätestens seitdem steht Pegah Ferydoni regelmäßig vor der Kamera, ist in Serien wie "SOKO 5113", "Tatort" oder "Kommissarin Lukas" zu sehen. Neben ihrer Arbeit als Schauspielerin ist die 41-Jährige auch für ihr Engagement in Sachen Feminismus und Female Empowerment bekannt. In Teheran geboren, floh sie mit ihren Eltern nach Deutschland. Von hier aus engagiert sie sich seit vielen Jahren für Frauen im Iran.

Gerade frisch ins Kino gekommen ist der Film "Feste & Freunde - Ein Hoch auf uns". Und sie hat das Hörbuch "Morgan ist mein Name" eingelesen, das ihr sehr am Herzen liegt. Über Filme, Projekte und Haltungen spricht Pegah Ferydoni mit Katja Weise in NDR Kultur à la carte.

Ich habe den Eindruck, das Interessante an der Schauspielerei ist zum einen die Spielleidenschaft, aber ganz wichtig sind auch die vielen Begegnungen, oder?

Pegah Ferydoni: Ja, absolut. Die Begegnungen mit großartigen Künstlerinnen und Künstlern, mit Menschen, die an Orte reisen, das ist schon herrlich. Ich glaube, es gibt nichts Beglückenderes, als wenn sich Träume erfüllen. Und die habe ich zuhauf. Auch, wenn ich an den Film "Der letzte Kaiser" zurückdenke, sind das einfach cineastisch so tolle Bilder und emotionale Momente, wo es auch um menschliche Beziehungen, Trauer und Verlust geht. Das spüre ich auch. Ich trauere oft um den Verlust der Begegnung - man möchte diese Momente so gerne festhalten, kann es aber nicht. Das macht mich auch melancholisch, dass das dann nicht weitergeht.

War es einer Ihrer Träume, Schauspielerin zu werden?

Ferydoni: Ich wollte lieber Regisseurin werden. Ich wollte diese Bilder schaffen. Ich habe mich gar nicht im Bild gesehen. Das hat sich so ergeben und das läuft auch bislang ganz gut. Aber ich bin auch froh, wenn ich einen Schritt zurücktreten kann. Das Bild herzustellen, im Bild zu sein, ist meistens weniger magisch, als sich das anzuschauen. Es ist doch mit sehr viel Schweiß, Tränen und Styropor verbunden.

Was meinen Sie mit Styropor?

Ferydoni: Viel Schnee in Filmen ist eigentlich Styropor, oder Häuserfronten sind aus Pappe. Aber das ist natürlich dann der ganz große Spaß, so zu tun, als wäre dieses Dorf ein großer Palast.

Sie haben gesagt, dass Sie Schauspielerin geworden sind, hat sich ergeben. Wie ist das passiert?

Ferydoni: Ich bin entdeckt worden und vor die Kamera gezerrt worden. In einer Zeit, wo ich eigentlich eher die Idee hatte, hinter die Kamera zu treten. Ich habe eine Agentin kennengelernt, eine ehemalige Schauspielerin, die sich als Agentin selbständig gemacht hat. Ich habe sie in der Theaterkantine kennengelernt und sie meinte, 'Du bist so ausdrucksstark, du musst vor die Kamera.' Das war ganz lustig, weil zu dieser Zeit war man, glaube ich, Gesichter wie mich, nicht unbedingt im deutschen Fernsehen gewohnt. Es gab eine Erhebung, dass Migrantinnen und Migranten oder Fremde im deutschen Film bis 2001 eigentlich nur in 13 Filmen der deutschen Filmgeschichte behandelt wurden. Als ich vor etwa 20 Jahren anfing, war das eine Zeit, wo das alles im Aufbruch war, wo einige aus der Generation vor mir schon aufgegeben und ins Ausland gegangen sind, zum Beispiel in die Türkei, um dort Karriere zu machen und normative Rollen zu spielen. Da habe ich hier eigentlich erst angefangen. Nach mir gibt es jetzt eine ganz neue Generation, die völlig selbstverständlich normative Rollen spielt und viel zu tun hat. Das freut mich natürlich. Denn die haben nicht dieselben Kämpfe wie ich das hatte.

Was war schlimm damals, wenn sie von Kampf sprechen?

Ferydoni: Die Oberflächlichkeit mit der Themen behandelt wurden. Das liegt auch ganz oft in den qualitativen Unterschieden, zwischen Fernsehen und Kino, oder in der Produktionsweise, aber auch Stereotypen, die nie hinterfragt wurden. Es gibt ein Bild von Ausländern, welches sich manifestiert hat, auch im Narrativ. Zum Beispiel dass der Migrant oder die Migrantin als Objekt und als Fremde dargestellt wurden und weniger als handelnde, komplexe Figur. Es ist die Entwicklung, die Frauen in der Emanzipation durchmachen mussten, das haben auch migrantisierte Personen durchmachen müssen. Jetzt sind wir hoffentlich ein bisschen im Postmigrantischen angekommen. Wobei, wenn ich mir die nächsten vier Jahre die politische Lage anschaue und die Kultur-Programme der Parteien, dann habe ich das Gefühl, das wird jetzt auch wieder ein bisschen schwieriger, vor allem für viele Migrantinnen und Migranten, Frauen und für diverse Menschen.

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Sie sind 1983 in Teheran geboren, im Alter von zwei Jahren mit ihren Eltern nach Deutschland gekommen und mit der Serie "Türkisch für Anfänger" bekannt geworden. Dort haben Sie eine junge Türkin mit Kopftuch gespielt. Hat sich das damals komisch angefühlt?

Yagmur (Pegah Ferydoni) und Cem (Elyas M’Barek) führen ein ernstes Schwester-Bruder-Gespräch. © NDR/Degeto/Rat Pack/Constantin Film
Yagmur (Pegah Ferydoni) und Cem (Elyas M’Barek) führen ein ernstes Schwester-Bruder-Gespräch.

Ferydoni: Anfangs ja, weil meine Eltern total dagegen waren, dass ich bei der Arbeit ein Kopftuch aufsetze. Die hatten kein Verständnis dafür. Ich fand das toll, weil solch eine Figur hatte man im deutschen Fernsehen noch nicht erzählt. Ein deutsch-türkisches Mädchen, das versucht, so religiös wie möglich zu sein und die an ihren eigenen Erwartungen an sich selbst scheitert. Eine junge Frau im Selbstfindungsprozess, die eine pubertäre Identitätskrise hat, aber im Grunde genommen ein Punk ist und alles als Opposition zu ihrem Vater tut. Das war einfach toll, wenn man die Chance hat, so eine Figur über mehrere Staffeln zu begleiten und sie kennenzulernen. Ich war davon überzeugt, dass diese Rolle auch Vorurteile abbaut, dass man Mädchen, die ein Kopftuch tragen in Zukunft anders anschauen wird, weil man denkt, vielleicht steckt auch eine kleine Yağmur in ihr.

Das Gespräch führte Katja Weise in NDR Kultur à la carte. Einen Ausschnitt davon lesen Sie hier, das ganze Gespräch können Sie oben auf dieser Seite und in der ARD Audiothek hören.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | NDR Kultur à la carte | 07.02.2025 | 13:00 Uhr

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