Nijinsky-Gala: Hamburger Ballett-Tage enden mit großen Gefühlen
So etwas gab es noch nie: 22 Ballette in vier Wochen. Ein einzigartiger Tanzmarathon ist am Sonntagabend in der Hamburgischen Staatsoper mit der Nijinsky-Gala zu Ende gegangen. Einzigartig, weil mit diesen XXL-Ballett-Tagen eine Ära gefeiert wurde: 50 Jahre John Neumeier.
Der legendäre Ballettchef führte wie immer durch diesen letzten Abend vor der Sommerpause. Es war seine vorletzte Nijinsky-Gala, im kommenden Jahr hört John Neumeier endgültig auf.
Viele bei Nijinsky-Gala sind Neumeier-Fans der ersten Stunde
Sie waren schon oft dabei, bei der Nijinsky-Gala, zehn, zwölf Mal, einige sogar zum 30. Mal - und sie kommen von überall her: aus Bremen oder sogar aus Atlanta in den USA. Viele Zuschauerinnen und Zuschauer bei der Nijinsky-Gala sind Neumeier-Fans der ersten Stunde. "Vor über 45 Jahren haben wir in der großen Theaterstraße gestanden und Zettel ausgefüllt, damit wir auf jeden Fall mit in die Bewerberliste reinkamen", erzählt eine Zuschauerin. "Da haben wir ganze Nächte durchgestanden."
Einblicke in Neumeiers Arbeit von den Anfängen bis heute
Für die Kenner ist diese Nijinsky-Gala eine ganz besondere, denn John Neumeier hat sich folgendes Motto ausgedacht: Stücke, die vergessen sind, also lange nicht gesehen wurden. Vieles ist so für alle im Publikum neu - nicht nur eine Revue der Stücke, die jeder kennt und mag, sondern vergessene Einblicke in seine Arbeit von seinen Anfängen bis heute: etwa ein Ausschnitt aus "Orpheus und Eurydike", aus "Songfest" mit Musik von Leonard Bernstein - oder auch die Choreografie, die Neumeier 2006 für das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker gemacht hat.
Choreografien zu Klavier im zweiten Teil
Im zweiten Teil des Abends gibt es fast nur Choreografien zu Klavier, live gespielt am Flügel von Michal Bialk. Mit dabei ein Solo, das Neumeier in den 70er-Jahren für Michail Baryschnikow choreografiert hat, am Sonntag getanzt vom Finnen Atte Kilpinen, der auch mal Teil der Kompanie in Hamburg war. Oder ein Pas de Deux aus Parzival, getanzt von den Solisten Edvin Revazov und seiner Frau Anna Laudere. Das Publikum ist begeistert.
Internationale Gäste aus Japan und China
Auch wenn die Kompanie des Hamburg Balletts eine der besten der Welt ist: Das i-Tüpfelchen jeder Nijinsky-Gala sind die ausländischen Gäste! Das Ukrainische Nationalballett tanzt "Spring and Fall" mit Musik von Dvorak - und dann gibt es zwei umwerfende Pas de Deux: Eins aus Japan und ein Paar aus China. Die Choreografie aus China wurde extra für diese Gala entworfen, zu Ehren von 50 Jahren John Neumeier. Beeindruckend und nahegehend, finden die Zuschauerinnen und Zuschauer.
Vorletzte Nijinsky-Gala Neumeiers
Die vorletzte Nijinsky-Gala der Ära Neumeier endet mit großen Gefühlen. Der Ballettchef dankt auf der Bühne erst den ganzen Helfern hinter den Kulissen, dem Staatsorchester und dem Dirigenten Simon Hewett - und dann seinen Tänzern, die er jeden Tag im Training sehen darf. Er schwärmt von ihrer Hingabe, ihrem Humor - zwischendurch versagt ihm die Stimme. Die Symbiose zwischen ihm und seinen Tänzerinnen und Tänzern, die Bewunderung und der gegenseitige Respekt: Er ist nach 50 Jahren in jeder Sekunde spürbar. Der Abend endet mit Neumeiers berühmter Choreografie zu Gustav Mahlers 3. Sinfonie. Der Ballettchef läuft währenddessen selbst durch die tanzende Gruppe, schaut sich seine Tänzer an, als würde er schon Abschied nehmen. "Ergreifend", "emotional" und "großartig", so die Stimmen aus dem Publikum.
Sie waren so lang wie nie - und am Ende so emotional wie nie: Die 48. Balletttage mit der Nijinsky-Gala als Schlusspunkt. Im kommenden Jahr, wenn die Ära Neumeier im Sommer dann wirklich ausläuft, wird es nochmal eine Nijinsky-Gala geben - dann ja vielleicht auch schon mit dem "Neuen", mit Demis Volpi an der Seite von John Neumeier.