Mit 15 bei Neumeiers "Romeo und Julia": "Ein magisches Erlebnis"
Bei der Eröffnung der Hamburger Ballett-Tage hat die 15-jährige Azul Ardizzone in der Rolle der Julia für Aufsehen gesorgt. Im Interview spricht sie über die Arbeit mit John Neumeier, ihre Vorbilder und die Emotionen bei der Premiere.
Von einem "spektakulärem Auftakt, einem "Triumph" und viel Begeisterung sprach die Fachpresse nach der Eröffnung der Hamburger Ballett-Tage. Das Besondere: Bei der Wiederaufnahme von John Neumeiers "Romeo und Julia" kam ein durchweg junges Ensemble zum Einsatz. Im Fokus: die gerade mal 15 Jahre alte Argentinierin Azul Ardizzone.
Frau Ardizzone, Sie durften kurz vor Ihrem 16. Geburtstag die Hauptrolle in einem von John Neumeier konzipierten Ballett übernehmen. Wie lief es?
Azul Ardizzone: Es war wie ein Traum. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass ich als Schülerin mit 15 Jahren die Titelrolle von "Romeo und Julia" für John Neumeier tanzen darf. Dass er mich ausgewählt hat und mir das Vertrauen entgegengebracht hat, machte es zu einem magischen und unvergesslichen Erlebnis.
Was war das für Sie für ein Gefühl?
Ardizzone: John Neumeier hat das Hamburg Ballett zu Weltruhm geführt. Mit ihm persönlich so intensiv zu arbeiten gab mir neues Selbstvertrauen und ein gutes Gefühl. Jede Probe mit John und seiner einzigartigen Compagnie, jedes Wort und jede Glückwunschbekundung dieses einzigartigen Traumabends behalte ich für immer in meinem Herzen.
Wie lange haben Sie dafür geprobt - und was nehmen Sie von dieser Arbeitsphase für sich und Ihre weitere Karriere mit?
Ardizzone: Für mein erstes langes Ballettstück habe ich etwa einen Monat lang geprobt. Es war ein neuer, intensiver und sehr schöner Prozess. Ich lernte Tag für Tag, nahm Unterricht auf ganz hohem Niveau und wünschte mir, es würde nie enden. Mit der Figur der Julia habe ich mich besonders auseinandergesetzt, indem ich die Geschichte von Shakespeare nahezu inhalierte. Zunächst habe ich das Stück gelesen, um erst einmal zu verstehen, welche Rolle ich überhaupt verkörpere. Ich schaute mir an, wie meine ganzen tänzerischen Vorbilder aus den verschiedensten Jahrzehnten die Julia getanzt haben.
Die Erste Solistin des Hamburg Ballett, Ida Praetorius, die in der Vergangenheit ebenfalls die Julia nach Neumeiers Vorlage getanzt hat, nahm sich meiner an. Sie gab mir liebevolle Tipps, die ich nicht nur für die Rolle gebrauchen kann, sondern für meine gesamte Tanzkarriere. Diese Erfahrung, mit Menschen zu arbeiten, die ich bewundere, werde ich nie vergessen. Das ganze Team des Hamburg Ballett, egal ob Ballettmeister, Tänzer, meine Lehrer oder meine Erzieherinnen, haben mich immer unterstützt. Immer war ich bemüht, mein Bestes zu geben und mich vollends auf diese großartige Erfahrung einzulassen. Ein großer Dank geht dabei auch an meinen Tanzpartner Louis Musin und die anderen Tänzerinnen und Tänzer des Hamburg Ballett.
Ist es Ihrer Meinung nach wichtig, auch jungen Tänzerinnen und Tänzern so große Verantwortung zu übertragen?
Ardizzone: Ich bin der Meinung, dass diese Entscheidungen bei den Choreografen liegen sollten, die die Freiheit haben, die Tänzerinnen und Tänzer auszuwählen, die ihrer Meinung nach zu ihrer Arbeit passen.
Welche Rückmeldung haben Sie vom Publikum bekommen - besonders mit Hinblick auf die "junge Besetzung"?
Ardizzone: John Neumeier hat mich auf der großen Bühne der Ballettwelt tanzen lassen. Es war ein Rausch des Jubels und der Emotionen. Die gesamte ausverkaufte Staatsoper, also rund 1.600 Zuschauer, hat mir zugejubelt. Während des Applauses wurden mir Blumen auf die Bühne geworfen und ich gab nach der Vorstellung meine ersten Autogramme. Mein ganzer Schreibtisch ist mit Geschenken und Blumen überhäuft, die ich nach der Vorstellung überreicht bekam.
In meinem Heimatland Argentinien war ich auf den Titelblättern der größten Zeitungen zu sehen. Ganz Argentinien ist sehr stolz auf mich und meinen Weg, den ich von einer kleinen Ballettschule in Buenos Aires bis zur großen Bühne der Hamburgischen Staatsoper gegangen bin. Ich erhielt Glückwünsche von vielen bedeutenden Tänzern und Lehrern aus aller Welt. Die Botschaften, die mich am meisten bewegt haben, kamen von zwei argentinischen Tänzerinnen, die ich sehr schätze: Marianela Núñez vom Royal Ballet in London und Ludmila Pagliero vom Ballet de l'Opéra in Paris.
Das Gespräch führte Anina Pommerenke.