Hamburger Ballett-Tage: Eröffnung begeistert Publikum
In Hamburg haben am Sonntag die 48. Ballett-Tage begonnen - mit einem ganz besonderen Stück. "Romeo und Julia" war vor knapp 50 Jahren das erste große Ballett, mit dem sich damals "der Neue", John Neumeier, vorstellte. Ein Stück Geschichte auf der Bühne - diesmal mit einem auffallend jungen Ensemble.
Dieser Ballettabend hat alle berührt - egal, ob alter Hase oder Neueinsteiger. Die Staatsoper war ausverkauft zum Start der Ballett-Tage, und jeder, der dabei war, erlebte einen ganz besonderen Abend. Das Stück: ein Klassiker. Die Besetzung: so jung wie nie. Romeo wird vom 21 Jahre alten Louis Musin getanzt und Azul Ardizzone, die als Julia debütierte, ist gerade einmal 15 Jahre alt.
Wunderbare Julia in Neumeiers Wiederaufnahme
Azul Ardizzone tanzt eine wunderbare Julia: Wie sie am Anfang noch gar nicht richtig tanzen kann, ihre Schritte vergisst, über ihre eigenen Füße stolpert. Erst zusammen mit dem erfahrenen Romeo fängt auch Julia richtig an zu tanzen, zusammen finden sie ihre eigene Körpersprache.
Ausstrahlung reicht bis auf die oberen Ränge
John Neumeier hat sich für seine Choreografie damals nicht an den schon bestehenden Balletten orientiert, sondern hat die Musik von Sergej Prokofjew genommen - und stieg noch mal richtig in den Text von Shakespeare ein. Welches Drama spielt sich bei den jungen Verliebten ab, die nicht zusammen sein dürfen, weil sie aus verfeindeten Familien stammen? Die lieber sterben, als ohne den anderen weiterzuleben? Er wollte Gefühle durch Tanz ausdrücken - damals wie heute.
Und das spürten die Zuschauerinnen und Zuschauer bis nach ganz oben auf den Balkonen der Staatsoper. "Es ist Wahnsinn zu sehen, welche Ausstrahlung Balletttänzer auch auf die Entfernung haben. Das hat einen so tief berührt, und jeder Akt war einzigartig. Eine großartige Choreografie!", sagt eine Zuschauerin.
Junge Protagonisten wirken glaubhafter
Das junge Ensemble macht insgesamt einen großartigen Job. Die Idee von John Neumeier bei der Besetzung zur Neuaufnahme des Stücks war, dass diese klassische Geschichte, in der alles ganz schnell passiert, die Liebe explodiert und tragisch endet, mit jungen Menschen noch viel glaubhafter wirkt. Auch bei Shakespeare war Julia gerade einmal 14 Jahre alt.
Mit jeder Faser ihres Körpers dabei
Die Idee geht auf: Die Energie ist hoch - gerade auch zwischen den beiden Hauptdarstellern. Sie tanzen die anspruchsvollen Rollen nicht nur auf den Punkt, sind mit jeder Faser ihres Körpers dabei - auch ihre Gesichter, Arme, Hände, Finger, durchleben das Drama der berühmtesten Liebesgeschichte der Welt. "Zum Schluss hatte ich Tränen in den Augen, weil es so rührend war", sagt eine Zuschauerin und eine andere meint: "Diese beiden werden Welttänzer werden, das kann man von der Leistung her schon sagen. Besser geht es nicht!" Sie hat das Ballett schon in den 70er-Jahren gesehen, als die Julia noch von Marianne Kruuse getanzt wurde.
Kein Halten mehr als Neumeier die Bühne betritt
Sie ist nicht die Einzige, die bei der ersten Inszenierung von Neumeiers "Romeo und Julia" damals schon dabei war. In der ersten Reihe rechts sitzen zwei echte Legenden: Natürlich der Mann, der das alles erschaffen hat, John Neumeier, und Jürgen Rose, der das Bühnenbild und die Kostüme gemacht hat. Beide dunkel gekleidet mit hellem Jackett, schauen sie sich einträchtig an, was sie vor einem halben Jahrhundert geschaffen haben. Und als John Neumeier am Ende dann auch noch auf die Bühne kommt, gibt es im Publikum kein Halten mehr.