Junges Theater Göttingen will zurück an alte Spielstätte
Das Junge Theater Göttingen will endlich wieder zurück in seine alte Spielstätte, in das Otfried-Müller-Haus in der Innenstadt. Dessen Sanierung kommt nicht voran.
Vor zwei Jahren war das Junge Theater Göttingen aus seiner Heimstätte ausgezogen. Die denkmalgeschützte klassizistische Villa war marode, sollte dringend saniert werden. Passiert ist seitdem jedoch nichts. Wer über den Göttinger Marktplatz schlendert, dem fallen sofort die Plakate am Otfried-Müller-Haus auf: "Wir müssen zurück in unser Theater" steht dort dutzendfach.
Intendant Nico Dietrich: "Es hat sich nichts getan"
So wie jetzt könne es einfach nicht weitergehen, erklärt Nico Dietrich, der Intendant des Jungen Theaters Göttingen: "Das ist eine Initiative unser Mitarbeiter*innen, die nicht nur frustriert, sondern auch verärgert und auch enttäuscht sind, dass wir jetzt seit zwei Jahren bereits in eine viel kleinere Interims-Spielstätte umgezogen sind und sich an diesem Haus am Wochenmarktplatz praktisch noch nichts getan hat."
Junges Theater Göttingen: Zurückgestuft auf Studiobühnen-Charakter
Mehr als 40 Jahre war das Junge Theater am Markplatz beheimatet. Im Sommer 2019 kam dann der Umzug in die neue Spielstätte, eine ehemalige Realschule. Das Übergangs-Zuhause sollte jedoch nur für drei Jahre als Spielstätte herhalten. Denn die Schule sei für die Bedürfnisse des Jungen Theaters nur bedingt geeignet. "Einerseits haben wir einen viel zu kleinen Saal hier. Selbst unter Corona-Bedingungen könnten wir dort drüben in unserem Stammhaus mehr als 100 Gäste unterbringen. Das ist jetzt hier nicht möglich", klagt Dietrich. "Wir sind hier zurückgestuft auf einen Studiobühnen-Charakter mit 45 Plätzen. Und das ist natürlich für ein Haus, ein Privattheater, das 50 Prozent seines Budgets selbst erwirtschaftet, absolut nicht darstellbar. Dazu kommt dann noch Corona."
Finanzielle Not erfordert Rückkehr auf größere Bühne
Allein aus wirtschaftlichen Gründen müsse das Theater also zurück. Doch auch der Ruf des Hauses stehe auf dem Spiel, fürchtet Nico Dietrich. Ins Stammhaus kamen pro Spielzeit rund 40.000 Zuschauer. "Wenn das jetzt aber aufgrund der Enge hier nicht mehr möglich ist und wir hier noch zwei bis drei Jahre feststecken, dann laufen wir einfach Gefahr, dass die Marke 'Junges Theater' nachhaltig beschädigt wird. Man läuft auch ästhetisch und praktisch unterhalb seiner Möglichkeiten. Das ist natürlich eine Frustration, das ist auch für die Schauspieler schwierig."
Sechs Millionen Euro Fördermittel decken Bedarf nicht
2016 sicherte der Bund drei Millionen Euro für die Instandsetzung des Theaters zu. Weitere drei Millionen die Stadt Göttingen. Mittlerweile ist jedoch klar, dass das die insgesamt sechs Millionen Euro nicht mal den Mindestbedarf einer Sanierung abdecken. "Die Reihenfolge ist vielleicht ein bisschen schiefgelaufen", meint Tobias Sosinka, Geschäftsführer des Jungen Theaters. Man hätte zuerst einen Kostenplan erstellen müssen. "Es hilft jetzt nichts, mit halbherzigen Lösungen zu sagen, weil das Geld nicht reicht, lassen wir das und das weg. Oder dann gibt's drei Büros weniger oder eine Probebühne wird am Stadtrand gemietet."
Die Stadt sieht das allerdings anders. Auf Anfrage des NDR schreibt sie, "dass deutlich mehr Platzbedarf seitens der Nutzer erwünscht und schlussendlich bei der Stadtverwaltung angefordert wurde, als dies vor Auszug der Nutzer aus dem Otfried-Müller-Haus der Fall war."
Plan für Durchsanierung des Otfried-Müller-Hauses gefordert
Ein Dilemma, das Nico Dietrich so zusammenfasst: "Wir stecken gerade in einem Prozess fest, in dem sich alle Beteiligten gegenseitig blockieren. Dadurch geht gar nichts mehr voran." Seine Forderung ist daher: "Dass sich doch bitte mal die Politik und die Verwaltung und alle Beteiligten in ein Boot setzen und einen belastbaren, durchdachten, finanzierbaren Plan aufstellen, in dem unser Haus endlich mal durchsaniert wird." Geschäftsführer Tobias Sosinka fügt hinzu: "Und welche Lösung können wir denn gemeinschaftlich erarbeiten, um diese Baustelle, wenn man sie denn einmal anfasst, anständig zu machen?"
Laut Stadt können die Sanierungsarbeiten jedoch erst beginnen, wenn gemeinsam "ein tragfähiges Gesamtkonzept abschließend erarbeitet und dieses vom Rat gebilligt wurde". Das gelinge nur, durch die "Einwerbung weiterer Fördermittel" oder aber das Theater muss auf den ein oder anderen Wunsch verzichten.