"De Heven schall töven" am Ohnsorg: Plädoyer für Toleranz
Hinter den Kulissen wird derzeit kräftig gestritten, ob mehr Hochdeutsch in die Stücke des Ohnsorgs einfließen soll oder nicht. Auf der Bühne ist davon aber nichts zu spüren: Am Sonntag hat das Stück "De Heven schall töven" Premiere gefeiert.
Das Stück beginnt in der Schlachterei von Willi Reeders: als der alte Metzgermeister nach einem Schlaganfall aus dem Krankenhaus nach Hause kommt, präsentiert ihm Tochter Elli einen neuen Mitarbeiter. Willi ist entsetzt, denn das ist das Schlimmste für den erzkonservativen Metzger mit rassistischen Blick: Alpha ist Asylbewerber aus dem Kongo. "Een Schwatten in meene slachterei?", fragt er.
Ausgerechnet der Mann aus Afrika soll helfen, den finanziell angeschlagenen Laden am Laufen zu halten. Ein No-Go für Willi Reeders, für den Menschen aus dem Nachbardorf schon Ausländer sind. Mit seinen Vorurteilen ist er nicht allein: Auch die anderen Dorfbewohner erschrecken sich über Alpha, halten mitunter absurd komisch Abstand. Nur Tochter Elli hat keine Berührungsängste.
Geschichte einer Annäherung
Als der Metzgermeister beim unglücklichen Wechseln einer Glühbirne an einem Stromschlag stirbt, ist ausgerechnet Alpha der Einzige, der den Untoten sehen und mit ihm Kontakt aufnehmen kann. Und ausgerechnet auf ihn, den Asylbewerber aus Afrika, ist Willi angewiesen, um sein Lebenswerk, die Metzgerei zu retten. So entspinnt sich die Geschichte einer besonderen Annäherung - gegen Rassismus und für Toleranz. "Zuerst hatte ich den Inhalt gelesen und dann dachte ich: Naja, mit so einem Geist, aber es war ganz nett gemacht", sagt ein Mann nach der Premiere. "Das Stück hat eine Leichtigkeit gehabt: Wir konnten ganz viel lachen und trotzdem war das Thema so ernst", ergänzt eine Zuschauerin.
Exzellente Darsteller mit tollen Kostümen
Das Ensemble um Ohnsorg Star Oskar Ketelhut als Metzger Willi ist durchweg exzellent. Rabea Lübbe als Willis Tochter Elli spielt durchlässig und trotzdem energisch. Im Kopf bleiben auch die Kostüme: Peter Lehmann hat ganz herrlich in die schrille Kostümkiste gegriffen. Cem Lukas Yeginer tritt als Sohn Oskar mit Vukuhila-Haarschnitt, Rennfahrerbrille und einem Jogginganzug, der irgendwie zwischen prollig und elegant wirkt auf. Zusammen mit dem Bühnenbild von Katrin Reimers und der Musik von Florian Miro sorgen sie für eine fast comichafte Anmutung. Das tut gut und schafft die Brücke zwischen komischer Inszenierung und ernstem Thema.
"De Heven schall töven": Weit weg von aktuellen Debatten
"De Heven schall töven" basiert auf den in Bayern spielenden Film "Wer hat Angst vorm weißen Mann" von 2013. Das ist schon ein bisschen her und der Abend am Ohnsorg wirkt insgesamt nicht wirklich aktuell. Wenn die Nachbarin ihren Hund nicht mit einer Wurst füttern lassen will, die aus den Händen eines schwarzen Menschen kommt, weil in Afrika doch alle Aids haben, dann ist man wirklich nicht bei heutigen Themen angekommen. Zu klischeehaft wirkt auch das gebrochene Hochdeutsch von Asylbewerber Alpha: Darsteller Quatis Tarkington hat auch dadurch wenig Möglichkeit zum Ausspielen seiner Figur.
Richtungsstreit bleibt hinter den Kulissen
Der Streit hinter den Kulissen um den Modernisierungskurs von Intendant Michael Lang spielte höchstens auf Nachfrage im Foyer eine Rolle. Die Premierenrede hielt diesmal der künstlerische Leiter Murat Yeginer - in Vertretung für den derzeit erkrankten Intendanten. Und sein Gruß war deutlich: "Lieber Michael Lang, komm bald wieder, das Ohnsorg Theater braucht dich".
"De Heven schall töven" am Ohnsorg: Plädoyer für Toleranz
Das Stück ist die Geschichte einer besonderen Annäherung - gegen Rassismus und für Toleranz. Nicht immer ist es auf der Höhe der Zeit.
- Art:
- Bühne
- Datum:
- Ende:
- Ort:
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Ohnsorg-Theater
Heidi-Kabel-Platz 1
20099 Hamburg - Telefon:
- 040/35 08 03 0
- Preis:
- ab 22 Euro
- Hinweis:
- Inszenierung: Meike Harten
Bühne: Katrin Reimers
Kostüme: Peter Lehmann
Musik: Florian Miro
Besetzung: Erkki Hopf, Henning Karge, Julia Kemp, Oskar Ketelhut, Rabea Lübbe, Quatis Tarkington, Cem Lukas Yeginer