Wie geht es weiter? Neues vom Streit am Ohnsorg-Theater
Es gibt Streit am Leuchtturm der plattdeutschen Sprache, am Ohnsorg-Theater - und zwar nicht auf, sondern hinter der Bühne und überall unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Ein Gespräch mit dem Plattdeutsch-Redakteur von NDR 90,3, Jan Wulf.
Was ist denn da genau los?
Wulf: Die einen sprechen von einem Putsch gegen den Intendanten des Hauses, Michael Lang, und die anderen von einem Coup. Fakt ist, Sandra Keck ist nun als neue Aufsichtsratschefin quasi die Chefin des Intendanten des Hauses. Und das ist deshalb besonders prekär, weil Sandra Keck das feste Ensemble des Hauses vor einigen Jahren verlassen hat, weil sie mit dem Kurs des Intendanten nicht einverstanden war. Jetzt ist sie wieder da, gewählt von den Mitgliedern des niederdeutschen Bühnenvereins.
Was ist das für ein Verein?
Wulf: Das ist der Eigentümer des Ohnsorg-Theaters. Und wer dort zur Vorsitzenden oder zum Vorsitzenden gewählt wird, der wird gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender oder -vorsitzende. Woran entzündet sich nun der Streit? Sandra Keck und die Menschen, die sie gewählt haben - und das sind auch zu einem nicht unerheblichen Teil Mitarbeiter des Hauses - denken, dass der Kurs, mit dem Ohnsorg-Intendant Michael Lang neue Zuschauer gewinnen will, nicht der richtige ist. Da geht es um die Frage, was eigentlich wirkliches Volkstheater ist. Da geht es um hochdeutsche Anteile in plattdeutschen Stücken. Da geht es aber auch um Fragen der Mitarbeiterführung innerhalb des Hauses. Sandra Keck als neue Aufsichtsratsvorsitzende möchte nun zu alldem vor allem mehr Fragen an den Intendanten stellen. Und das auch, obwohl sie weiß, dass der Aufsichtsrat eigentlich vor allem zur finanziellen Kontrolle da ist. Aber um den grundsätzlichen Weg in die Zukunft geht es da natürlich auch.
Gestern war nun Mitarbeiterversammlung im Ohnsorg-Theater. Was wurde da besprochen?
Wulf: In erster Linie wurde dort versucht, wieder Einheit innerhalb des Theaters, innerhalb der Mitarbeiter zu beschwören und über die Situation aufzuklären. Feste und Freie aus allen Gewerken waren da eingeladen. Das gute Zeichen war, dass zu dieser Mitarbeitendenversammlung der kaufmännische Leiter des Ohnsorg-Theaters Jens Klein und der Betriebsrat des Hauses gemeinsam eingeladen hatten. "Wir sind aufeinander zugegangen, weil wir gemerkt haben, dass die aktuelle Situation die Mitarbeiter verunsichert", sagte Jens Klein. "Wir haben relativ schnell festgestellt, dass wir an einem Strang ziehen müssen, um für das Theater wieder eine gute Arbeitssituation im Proben- und im Vorstellungsbetrieb zu finden.
Ganz ähnlich äußerte sich auch der Betriebsrat. Und auch von anderen Beteiligten war zu hören, dass es dabei sachlich und friedlich zugegangen sei. Es ging dort aber nur um ein Treffen, in dem die ganzen Zusammenhänge mal aufgeklärt und Ängste genommen werden sollten. Worum es bei dieser Sitzung nicht ging, das waren die Fragen, die in den vergangenen zwei Wochen auch öffentlich diskutiert wurden und auch der Kern dessen sind, warum Sandra Keck sich überhaupt als Aufsichtsratsvorsitzende hat wählen lassen. Auch Fragen der Mitarbeiterführung wurden dort nicht angesprochen. Man muss dazu sagen, dass Intendant Michael Lang auch gar nicht dabei war, weil er momentan krankgeschrieben ist. Auch der künstlerische Leiter des Hauses war nicht mit dabei.
Das ist schon eine üppige Fehlliste. Wie geht es jetzt weiter am Haus?
Wulf: Über viele Fragen, die Sandra Keck mit ihrer Kandidatur aufgeworfen hat, wird man noch sprechen müssen. Da kommt man nicht drumherum. Fakt ist, dass die Fronten zwischen Intendant, künstlerischer Leitung und der Aufsichtsratsvorsitzenden derart verhärtet sind, dass man gar nicht umhinkommen wird, einen Moderator miteinzubinden. Das sieht auch Sandra Keck so. Sie bemüht sich gerade darum, jemanden zu finden, der den Job als zweiter Vorsitzender im Verein Niederdeutsche Bühne Hamburg übernimmt. Der sitzt dann auch im Aufsichtsrat und soll vermitteln. Dort wird übrigens auch die Tochter von Heidi Kabel als berufenes Mitglied sitzen. Heidi Mahler hat bereits gesagt, dass sie das machen möchte. Sie ist allerdings auch eher eine Kritikerin des Kurses von Michael Lang. Vermitteln möchte bei der Annäherung beider Seiten auch die Kulturbehörde Hamburg. Dazu hat Kultursenator Carsten Brosda sich auch heute geäußert. Das Wichtigste sei jetzt, sagte er, dass das Ohnsorg-Theater wieder zur Ruhe kommt und sich wieder ganz auf die künstlerische Arbeit konzentrieren könne.
Das Interview führte Mischa Kreiskott.