"Alter ist relativ": Theatergruppe "Die Sensoren" in Rostock
Seit knapp einem Jahr gibt es das Rostocker SeniorInnen-Theater "Die Sensoren". Gemeinsam erspüren die Mitglieder, was in der Welt um sie vorgeht, schreiben es auf - und bringen es auf die Bühne.
Es ist ein bisschen wie im Klassenzimmer, bevor der Lehrer den Raum betritt. Die Seniorinnen und Senioren schnattern fröhlich durcheinander - bis Theaterpädagogin Johanna Seier hereinkommt und mit der Probe beginnt. Zum Aufwärmen stellt sie Musik an, fordert zu großen und kleinen Bewegungen, zu spielerischen Über- und Untertreibungen auf. Zu alt, um mitzumachen? Die Männer und Frauen winken entspannt ab. Giesela Lisa Scholz versichert mit einem Lachen: "Alter ist relativ. Wenn man sich gut dabei fühlt, auf die Bühne zu gehen, dann sollte man herkommen." Das stärke das Selbstbewusstsein, halte geistig und körperlich fit. Und auch die Gemeinschaft tue gut.
"Das hätten wir uns nie zugetraut"
50 Jahre, 60 und viel älter sind die Mitglieder der "Sensoren". Ihre Wurzeln reichen 13 Jahre zurück, in die Zeit, als Studierende der Rostocker Hochschule für Musik und Theater die Idee hatten, gemeinsam mit älteren Menschen zu proben. Es gab immer mal wieder Projekte, es fehlte aber die Kontinuität, sagt Bernd Langenberg, der von Anfang an dabei war. Erst im Juni 2024 entstand daraus unter dem Dach der Jugendkunstschule Arthus eine feste Truppe. Der Mann mit den schlohweißen Haaren und dem Kapuzenpullover erzählt begeistert: "Das Verblüffende ist, dass wir unsere Stücke selbst entwickeln - das hätten wir uns nie zugetraut."
Neben ihm steht - voller Tatendurst - Brigitta Hoppe, auch eine "Sensorin" der ersten Stunde und mit 87 Jahren die Älteste in der Runde. Sie hat besonders an dem jüngsten Schauspiel eine diebische Freude: "Ich spiele darin eine Seniorin, die kurz vorm Abkratzen ist, aber wieder lebendig wird und dann die puckelige Verwandschaft erlebt, die schon die Erbstücke aus dem Haus trägt - wie es ja heute so oft ist." Ganz so betagt wie die 95-jährige Hauptfigur sei sie selber zwar noch nicht, aber sie sei froh, auch mal eine ältere, seriöse Rolle ergattert zu haben. Irgendwann für den Frühsommer ist die Premiere geplant. Danach gehen die "Sensoren" auf Tournee.
Angebot auch für Menschen in der Tagespflege
Auch Theaterpädagogin Johanna Seier hat großen Spaß an der Arbeit mit dieser Gruppe. "Da gibt es eine unglaubliche Spielfreude, eine große Freude daran, sich Geschichten auszudenken und auf der Bühne umzusetzen." Weil sie immer wieder erlebt, wie gut das Schauspielern den Seniorinnen und Senioren tut, kümmert sie sich nicht nur um die "Sensoren", sondern arbeitet auf ähnliche Weise auch mit älteren Menschen in einer Rostocker Tagespflege.
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