"Wir Kinder von früher": Bücher über eine Zeit ohne Handy und TV
Dass die Welt früher eine ganz andere war, ist älteren Menschen klar - für Kinder ist das eher überraschend. Der Klett Kinderbuchverlag hat jetzt eine Reihe von Büchern aufgelegt, die Kindern ab sieben Jahren die Welt von früher näherbringen soll.
Zwei Bände der neuen Buchreihe "Wir Kinder von früher" liegen bereits vor. Ihre Cover sind einfach, aber sehr liebevoll gestaltet, das Format ist handlich. "Das Besondere an der Reihe 'Wir Kinder von früher' ist, dass die Autorinnen darin wahre Erlebnisse aus ihrer eigenen Kindheit erzählen", erzählt auch Monika Osberghaus, die Verlegerin von Klett Kinderbuch. "Also aus einer Zeit ohne Handys und einer Zeit, in der die Kinder draußen spielten und deutlich freier, wilder und gefährlicher lebten, als die so gut aufbewahrten Kinder von heute."
Eine Kindheit in einem oberbayerischen Dorf
Es geht um Alltagsgeschichten aus der jüngeren Vergangenheit, einfühlsam erzählt und ganz wunderbar illustriert. "Es geschah auch kein Unfug" heißt etwa der Band von Daniela Kulot, in dem sie ihre Kindheit in den 1970er-Jahren in einem kleinen oberbayerischen Dorf beschreibt, wo sie und ihre vier Geschwister den ganzen Tag ohne Erwachsene unterwegs sind. Es sei denn, es regnet:
Dann saß man dicht gedrängt bei den Nachbarn auf dem Fernsehsofa (…), und schaute auf diesen blöden Kasten: Kreischen, schrille hohe Stimmen, Hektik. Ich war das einfach nicht gewohnt. Wir hatten zu Hause keinen Fernseher. Leseprobe
Den brauchen die Kinder auch gar nicht, denn die Abenteuer warten draußen im Dorf, in der Scheune oder beim Wandern in den Alpen.
Erinnerungen aus der untergegangenen DDR-Welt
Ein anderer Band der Reihe heißt "Wie ein Vogel" und stammt von der Autorin und Illustratorin Gerda Raidt. Sie ist in der DDR, in Ostberlin aufgewachsen und erzählt davon sehr berührend und mit leisem Humor:
Obwohl auf den Fotos alles schwarzweiß ist, hatte meine Welt in Wirklichkeit Farben. Leseprobe
Gerda lebt in der Nähe der Berliner Mauer und darf, anders als ihre Oma, nicht in den Westen. Deshalb beneidet sie manchmal Vögel, die einfach über die Mauer fliegen können. Überhaupt sind Vögel für Gerdas Familie ganz wichtig. Ihre Oma hat einen Wellensittich und ihren Vater verbindet ein Geheimnis mit den Tieren.
Fast nebenbei lässt die Autorin die untergegangene DDR-Welt aus Fahnenappellen und Westgeschenken wieder auferstehen:
Meine Oma war im Westen gewesen und hatte mir Tintenkiller und eine zweistöckige Federtasche mitgebracht. Leseprobe
Da viele Kinder sicher noch nichts über die DDR wissen, gibt es am Ende des Buches ein paar leicht verständliche Hintergrundinformationen dazu.
"Wir Kinder von früher": Die Reihe geht weiter
Gerda Raidt und Daniela Kulot schreiben aus ihrer damaligen Weltsicht, mit all den Wissenslücken und mit großer Naivität. Das ist kindgerecht, aber kein bisschen kindisch. Und die Reihe "Wir Kinder von früher" geht weiter, sagt die Verlegerin Monika Osberghaus: "Wir erwarten einen neuen Band von Monika Helfer und von Anke Kuhl. Das wird wieder unvergesslich und speziell werden. Das liegt offenbar in der Natur der Sache, wenn man Leute nach ihren Kindheitsgeschichten fragt."