Buch-Cover: "Yoko" von Bernhard Aichner © Wunderlich

Aichners Thriller "Yoko": Vom Opfer zur gnadenlosen Rächerin

Stand: 26.08.2024 06:00 Uhr

Alles an Bernhard Aichners Thriller "Yoko" ist besonders: seine spröde, nüchterne Sprache, die ständig wachsende Dramatik der Geschichte, aber vor allem seine Protagonistin, die ihre Ängste überwindet.

von Katja Eßbach

Dieser Thriller, so viel sei vorausgeschickt, ist nichts für schwache Nerven. Bernhard Aichner beschreibt sehr explizit Gewaltszenen, spart nicht mit Details. Aber niemals ist diese Gewalt Selbstzweck und an keiner Stelle ergötzt sich der Autor daran. Das kennt man in diesem Genre auch ganz anders.

"Yoko": Eine Frau will Rache

Aichner erzählt die Geschichte einer Frau, deren Leben von einem Moment auf den anderen regelrecht pulverisiert wird. Gerade ist sie noch glücklich:

Liebevoll streichelt sie das abgemagerte Tier. Ein brauner Mischlingshund, angekettet bei den Mülltonnen. Yoko fährt mit ihren Fingern durch sein weiches Fell, spielt kurz mit ihm und freut sich darüber, wie ausgelassen und dankbar der kleine Hund dafür ist, dass sich jemand kurz Zeit für ihn nimmt. Leseprobe

Als Yoko wenig später zu dem kleinen Hund zurückkommt, muss sie miterleben, wie zwei Männer ihn brutal quälen. Sie versucht, dem Hund zu helfen, wird aber von den Peinigern verprügelt, in einen Wald verschleppt und missbraucht. Die Männer drohen sie umzubringen, sollte sie zur Polizei gehen. Yoko schweigt und fällt in die Dunkelheit. Als es ihr auch nach Tagen nicht besser geht, fasst Yoko einen Plan - sie will Rache!

Aber wie kann sich eine frühere Metzgerin und jetzige Glückskeksbäckerin an zwei Mitgliedern der chinesischen Mafia rächen? Indem sie strategisch vorgeht und sich auf ihr handwerkliches Können besinnt:

Begnadet ging sie mit dem Messer um, mit ihrem Geschick beeindruckte sie alle. Die Jägerfreunde ihres Vaters buchten sie privat, zu Hause im Keller bei Freunden zerlegte sie Wild und verpackte es. Leseprobe

Und so beginnt Yokos Vendetta, der nicht nur ihre beiden Peiniger zum Opfer fallen.

Bernhard Aichner überzeugt mit großer Schreibkunst

Alles an Bernhard Aichners Thriller "Yoko" ist besonders: seine spröde, nüchterne Sprache, die ständig wachsende Dramatik der Geschichte, aber vor allem seine Protagonistin. Yoko hatte bis zu jenem schicksalshaften Tag ein gutes Leben, sie ist mit ihrer großen Liebe Maren zusammen, baut sich ihre eigene Firma auf. Und dann wird sie zur gnadenlosen Rächerin:

Sie wird sich wehren. Daran zu denken, ist ihr einziger Trost. Nicht davonzulaufen, sondern sich diesem Schwein entgegenzustellen. Leseprobe

Bernhard Aichners Yoko ist natürlich nicht die erste Protagonistin, die vom Opfer zur Täterin wird. Und auch Rache ist ein gängiges Thriller-Motiv. Aber wie Aichner diese junge Frau wachsen lässt, wie er sie Angst überwinden und Coolness finden lässt, das ist einfach richtig gut.

Selbstverständlich ist Yokos Tun moralisch nicht zu argumentieren, dennoch ertappt man sich beim Lesen immer wieder dabei, Verständnis zu haben. Das ist Bernhard Aichners große Schreibkunst.

Yoko

von Bernhard Aichner
Seitenzahl:
336 Seiten
Genre:
Krimi
Verlag:
Wunderlich
Bestellnummer:
978-3-8052-0109-4
Preis:
23 €

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Neue Bücher | 26.08.2024 | 12:40 Uhr

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