Sendedatum: 06.02.2011 17:20 Uhr

Kafka in Bildern

von Martina Kothe

Der Name Franz Kafka jagt den meisten Menschen Schauder über den Rücken. Handeln doch die Geschichten des Prager Schriftstellers vom Scheitern und der Ausweglosigkeit des Individuums. Jetzt ist beim Ravensburger Buchverlag ein Band mit Texten von ihm erschienen - zeichnerisch interpretiert von der Hamburger Illustratorin Stefanie Harjes. Martina Kothe hat mit ihr gesprochen.

Stefanie Harjes über ihre Zeit mit Kafka: "Es war anstrengend, es war kräftezehrend, es war unbedingt. Es gab keine lauwarmen Temperaturen zwischen uns, es war sehr existenziell. Es war eine Art Hassliebe beinahe. Eine verrückte Liebe, eine anstrengende Zeit. In der ich von den tiefsten Tiefen bis zu den höchsten Höhen wirklich alles durchlebt und durchlitten habe."

Innensichten einer Krähe

Schon der Einband des Buches ist ungewöhnlich: Auf gegilbtem Papier sitzt eine grob mit Tusche gemalte Krähe - in ihrem Kopf die, aus einem Foto ausgeschnittenen Augen Franz Kafkas. Sein Name ist in großen roten Lettern über die Zeichnung gesetzt. Darunter: viele hingeschriebene Stichworte - fast alle durchgestrichen - ein Blatt, dass der Illustratorin Stefanie Harjes als Untergrundpapier diente und das die ganze Arbeit, den Prozess der Bebilderung von Kafkas Texten widerspiegelt. Bei dem Sich-Hineinfühlen in Kafkas Welt geht es, so die Künstlerin, auch immer darum dem nachzuspüren, was die Texte in ihr selbst auslösen.

Stefanie Harjes: "Ich versuche ja eher zu interpretieren und nicht zu illustrieren, und da kann ich die eigene Person ja nicht außen vor lassen - weil eine Interpretation ja auch immer die eigene Person mit einbezieht."

Große Gedanken der Schwermut

Es sind Texte, Briefe, manchmal nur ganz knappe Aussagen des schwermütigen Schriftstellers die in diesem Band zusammengestellt wurden. Natürlich dürfen, "Die Verwandlung", "Der Hungerkünstler", Passagen aus "Das Schloss", "Amerika" oder auch "Der Prozess" nicht fehlen.

Leseprobe:
"Der Türhüter lacht, wenn es dich lockt, versuche doch, trotz meinem Verbot hineinzugehen, merke aber, ich bin mächtig und ich bin nur der unterste Türhüter. Von Saal zu Saal stehen aber Türhüter, einer mächtiger als der andere schon den Anblick, des dritten, kann nicht einmal ich mehr vertragen."

Gustav Gründgens hat den berühmten Text von Franz Kafka einst interpretiert. Das Bild, dass Stefanie Harjes für diese Szene fand, gehört zu den vielleicht Illustrativsten Darstellungen in dem Buch: Schlicht Schwarzweiß, sieht man einen fein gezeichneten großen Türhüter in einem langen, graphisch strukturreichen Gewand, in dem sich Josef K., fast versteckt. Er sitzt wartend in der rechten unteren Ecke des Mantels. Hinter dem düster blickenden Wächter erscheint ein weiteres, viel größeres Gesicht, das aus der ersten Figur herauszuwachsen scheint.

Die Vielschichtigkeit der Worte

Stefanie Harjes: "Ich hab immer wieder festgestellt, dass seine Texte sehr unterschiedlich zu Deuten sind. Und jetzt wo ich das fertige Buch in den Händen halte, würde ich sagen, ja, das kann man so machen, aber man kann es auch wieder ganz anders sehen, ganz anders verstehen. Und das ist das Spannende, diese Vielschichtigkeit."

Die Vielschichtigkeit der Worte spiegelt sich in der Vielschichtigkeit der Zeichnungen und Bilder von Stefanie Harjes- auch hier gilt: Nicht nur der Text bekommt je nach Stimmung, nach Lesetiefe, nach Wetterlage eine neue Wendung, auch die Bilder, die sie gefunden hat- drücken mal Trauer und Beklemmung, oder auch Witz und Ironie aus. Ein Buch das man immer und immer wieder lesen und ansehen kann, das einen in immer neue Welten führt.

Kafka

von Harjes, Stefanie und Kafka, Franz
Seitenzahl:
128 Seiten
Genre:
Roman
Verlag:
Ravensburger Buchverlag
Bestellnummer:
978-3-473-35308-8
Preis:
14,95 €

Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Neue Bücher | 06.02.2011 | 17:20 Uhr

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