"Glück im Unglück": Wie Constantin Schreiber dem Weltschmerz entkommt
Als Tagesschau-Sprecher vermittelt Constantin Schreiber täglich schlechte Nachrichten. Kriegsbilder und Katastrophen gehen auch an ihm nicht spurlos vorbei. Nun hat er ein Buch geschrieben, wie er mit dem Weltschmerz umgeht.
Schlechte Nachrichten zu vermitteln, gehört zum Alltag eines Tagesschau-Sprechers. Dafür braucht man professionelle Distanz. Aber zu Beginn des Ukraine-Kriegs, mit den ständigen Bildern von Verzweiflung, von weinenden Frauen und Kindern, bekam Constantin Schreibers Distanzschicht Risse. "Ich bin während der 20-Uhr-Tagesschau auch Zuschauer. Ich stehe da im Studio und sehe die Sachen zum ersten Mal", sagt Schreiber. "Ich merkte: Jetzt kommen die Nachrichten und die Bilder doch näher an mich ran, als es mir guttut. Da brach das, was ich mir als Schutzschild aufgebaut habe, in sich zusammen: Es funktionierte nicht mehr, das einfach wegzudrücken."
Was er erlebt hat, ist kein Einzelfall, sondern für viele ein Thema. "Fast alle um uns herum kennen das oder beobachten es bei anderen. Dieses: Ich kann's nicht mehr hören, ich will's nicht mehr sehen. Das ist alles schrecklich. Diese Übersättigung mit schlechten Nachrichten, die, glaube ich, tatsächlich Mainstream ist", sagt Schreiber.
Von Weltuntergangsszenarien lösen
So entsteht die Idee, dem Phänomen ein Buch zu widmen. Wie sollen wir mit diesem deprimierenden Dauerbeschuss aus Kriegsbildern und Katastrophen umgehen und dabei seelisch gesund bleiben? Und trotzdem unser Glück finden? Das sind die zentralen Fragen, denen Schreiber auf 160 Seiten nachgeht.
Im ersten Teil seines Buchs analysiert er die aktuelle Situation. Er beschreibt den von Sozialen Medien verstärkten Overkill durch schlechte Nachrichten und glaubt etwas zu erkennen, was er "panischen Zeitgeist" nennt. "Ich empfinde Debatten - sei es im Netz, im politischen Diskurs, Überschriften, Talkshows - sehr apokalyptisch", so Schreiber. Von diesen Weltuntergangsszenarien müsse man sich lösen.
"Glück im Unglück": Das Schöne in den Fokus nehmen
Im zweiten Teil seines Buchs denkt er über Strategien nach, mit denen das gelingen kann. Schreiber testet im Selbstversuch Wege aus, Glück zu trainieren: beim Reisen, mit Humor, beim Klavierspielen, das er nach langer Pause für sich wiederentdeckt hat. "Der Sinn fürs Schöne ist eine der so genannten Charakterstärken, die dafür sorgen, dass wir glücklich sind", erklärt Schreiber. "Das kann der Museumsbesuch sein, das kann die Musik sein, das kann auch Essen sein, es kann aber auch die Natur sein. Alles, was uns für das Schöne inspiriert, sorgt dafür, dass wir Botenstoffe ausschütten, die uns ein wohliges Gefühl geben."
Das ist alles nicht ganz neu. Aber Constantin Schreiber trägt die Gedanken aus verschiedenen Bereichen der Glücksforschung wie Philosophie und Neuropsychologie gut sortiert zusammen. Er verbindet sie zu einem leicht verständlichen Mix aus Erfahrungsbericht und Ratgeber - der allerdings auch nicht frei von eloquent formulierten Binsenweisheiten ist. Einer der zentralen Tipps lässt sich auf die Formel "Einfach mal abschalten" eindampfen. "Jetzt, wo ich das bei mir angewandt habe, was ich da im Buch schreibe und auch mal gedanklich die Nachrichten Nachrichten sein lasse und mich anderen Dingen öffne, merke ich dass ich im Alltag wieder viel freundlicher und gelassener mit Leuten umgehen kann", sagt Schreiber.
Glück im Unglück
- Seitenzahl:
- 160 Seiten
- Genre:
- Roman
- Verlag:
- Hoffmann und Campe
- Bestellnummer:
- 978-3-455-01610-9
- Preis:
- 22,00 €
- Kinostart:
- 3. April 2023