Zehn Jahre NDR Kultur Sachbuchpreis
Das beste aktuelle, in deutscher Sprache erschienene Sachbuch, hinter dem eine herausragende Autorenleistung steht - das zeichnet NDR Kultur in diesem Jahr nun schon zum zehnten Mal aus. Juliane Bergmann blickt noch einmal zurück auf zehn spannende Jahre.
Der erste Preisträger war 2009 Jürgen Osterhammel. Er erhielt die Auszeichnung für sein Sachbuch "Die Verwandlung der Welt. Eine Geschichte des 19. Jahrhunderts" und betonte in seiner Dankesrede, wie wichtig dieser Preis sei - da es Auszeichnungen für Sachbücher bislang kaum gab: "Seit einigen Jahren muss man als Beschäftigter einer deutschen Universität sogenannte Evaluationsfragebögen ausfüllen. Zum Ende trifft man unweigerlich auf die einschüchternde Frage: Welche Preise haben Sie in den letzten zwölf Monaten erhalten? Listen Sie nur die vier wichtigsten auf. Da unsereins innerhalb von zwölf Monaten normalerweise gar keine Preise erhält, unterzieht man sich zerknirscht diesem Demütigungsritual und denkt neidvoll an die Kollegen aus den Naturwissenschaften, die offenbar ständig solche Goldmedaillen einheimsen."
Die Gewinner-Titel der letzten Jahre
In den folgenden Jahren wurden weitere Bücher ausgezeichnet, die sich mit historischen Themen befassten. 2014 etwa wurde Jörn Leonhard für sein Werk "Die Büchse der Pandora. Geschichte des Ersten Weltkriegs" ausgezeichnet. Im vergangenen Jahr ging der Preis an Magnus Brechtken für seine zeitgeschichtliche Darstellung "Albert Speer. Eine deutsche Karriere", in der er das Legendengeflecht um Hitlers Rüstungsminister dekonstruiert. Und auch ganz andere Themen finden sich unter den Gewinner-Titeln: So überzeugte beispielsweise Ronald Reng 2013 die Jury mit seinem Fußballbuch "Spieltage. Die andere Geschichte der Bundesliga", die mit einem Anruf des Ex-Bundesligaprofis Heinz Höher begann. "Er fing an, mir seine Geschichte zu erzählen", so Reng. "Und die Geschichten wurden immer unglaublicher: Geschichten aus der Bundesliga, die ich so noch nie gehört hatte. Da kam mir die Idee, ein Experiment zu versuchen: Warum sollte man die Geschichte der Bundesliga nicht am Beispiel eines Mannes erzählen, der wirklich immer dabei war?"
Große gesellschaftliche Fragen
Gewonnen hat außerdem bereits ein Buch über den Kongo, eines über den Islamischen Staat, eines über das Deutsch der Luther-Zeit. In diesem Jahr befassten sich die eingereichten Sachbücher mit großen gesellschaftlichen Fragen: Von der Zukunft der Demokratie über die neue Rolle Deutschlands in der Welt bis zur Debatte um die Meinungsfreiheit im digitalen Zeitalter. Das fiel auch Hendrik Brandt, dem Chefredakteur der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung", auf, der von Beginn an in der Jury mitwirkt: "Ich glaube, dass sich der Preis nicht groß gewandelt hat, wohl aber die Welt, die er abbildet. Da haben wir jedes Jahr andere Herausforderungen, auch andere Flughöhen im Bereich der Problemlagen. Es ist ein bisschen ernster in diesem Jahr gewesen. Und dafür gibt es sowohl im Politischen, als auch im Philosophischen oder Ökologischen ganz gute Gründe."
Für den Erhalt der Demokratie
In diesem Jahr haben die US-amerikanischen Politologen Steven Levitsky und Daniel Ziblatt das beste Sachbuch geschrieben. In "Wie Demokratien sterben. Und was wir dagegen tun können" warnen sie davor, das Überleben von Demokratien als selbstverständlich zu betrachten - und rufen Politiker und Bürger dazu auf, sich für ihren Erhalt einzusetzen. Eine politisch aktuelle Analyse also, die im zehnten Jubiläumsjahr den NDR Kultur Sachbuchpreis gewinnt. Wilhelm Krull der Generalsekretär der VolkswagenStiftung sitzt seit zehn Jahren in der Jury: "Das Spannende ist natürlich, zu sehen, wie sich über die Zeit bestimmte Themenfelder verändert haben. Es fällt auf, dass wir in diesem Jahr sehr viel mehr Bücher auf dem Tisch hatten, die sich mit dem Zustand der Demokratie, mit Extremismus, Populismus, nationalistischen Tendenzen, bis hin zur Entwicklung von demokratischen Regierungen in autoritäre Regime beschäftigen. Es gibt also sehr viel mehr soziale Brennpunkte, als das vielleicht vor zehn Jahren der Fall war."
"Der Sachbuchpreis ist uns immer wichtig gewesen"
Dass NDR Kultur seit zehn Jahren die besten Sachbücher prämiert, passt aus Sicht der Jury-Vorsitzenden und NDR Programmdirektors Hörfunk, Joachim Knuth perfekt: "Der Sachbuchpreis ist uns immer wichtig gewesen. Besonders gute Sachbücher können in der Beschreibung der Dinge ihren Ernst behalten und dabei doch jedwede bedrückende Schwere verlieren. Das ist auch ein Zeichen für eine gute Vermittlungsleistung, die wir auszeichnen wollen, weil sie viel damit zu tun hat, was wir als Leitschnur für unsere Programme für wertvoll halten."
Zeremonie im Schloss Herrenhausen
Der NDR Kultur Sachbuchpreises wird am 21. November 2018 zusammen mit dem Förderpreis der VolkswagenStiftung "Opus Primum" im Schloss Herrenhausen in Hannover im Rahmen einer feierlichen Gala verliehen. Ehrengast des Abends ist Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble. NDR Kultur überträgt die Preisverleihung live ab 19.00 Uhr.