Zum Start der BiblioCON 2023 in Hannover: Blick in die Bibliotheken
Große und kleine Bibliotheken stehen vor Herausforderungen. Welche das sind und wie die Lage für die Häuser ist, wird ab heute auf dem 111. Bibliothekartag BiblioCON 2023 in Hannover besprochen. Ein Anlass, um sich in zwei schleswig-holsteinische Ausleihen umzuschauen.
Morgens um 10.00 Uhr ist gut was los in der Bibliothek Kronshagen, einer Gemeinde im Kreis Rendsburg-Eckernförde. Im Kinderbuchbereich steht Jessica Richter. Dass Klein-Tini an ihrer Seite lesen kann, ist unwahrscheinlich. Bücher für sie beide gehen trotzdem - und die möglichst gebunden. "Ich finde, das gehört beim Bücherlesen einfach dazu: was in der Hand zu haben," sagt Jessica Richter. "Ich find‘s schöner, als auf einem Bildschirm wegzusliden. Man hat schon so viel mit Medien zu tun, wird überall damit konfrontiert, kann auch fast gar nicht mehr 'ohne'. Da finde ich: Die Dinge, die man noch 'ohne' machen kann, sollte man auch 'ohne' machen."
Weniger Sachbücher, Kinderbücher sind der Renner
Online werde es aber immer mehr, sagt Thomas Lau, seit 2001 Büchereileiter in Kronshagen. Sein Haus hat etwa 2.500 Nutzer*innen und gute 25.000 Medien. Trotzdem ist auch bei ihm das Buch noch wichtig. Der Sachbuchbereich wird kleiner, sagt er. "Denn wenn Sie jetzt Rückenschmerzen haben, können Sie sich auch ein Youtube-Video angucken. Aber trotzdem kommen immer noch Leute, die ein Buch darüber haben wollen. " Bei den Büchern seien Kinderbücher immer noch ein gefragt - und Romane. Bei den Erstinformationen, kurz etwas nachschauen, das gehe online schneller, so Lau.
Gemeinsames Aussortieren - Nutzer*innen dürfen mitbestimmen
Vieles wird nur noch gestreamt, erzählt der Bibliothekar, digitale Medien wie CD oder DVD seien völlig out. Sie würden den Bestand jetzt öfter mal durchflöhen - und eben Bücher aussortieren. Mehr als vorher. "Das machen wir gemeinsam! Die Nutzer tragen natürlich auch viel an uns heran. Aber, klar, zur einer Bestandspflege gehört, dass man auf Sachen eben auch verzichtet - und sagt: Sachen, die wenig ausgeliehen werden oder in der Onleihe über eine andere Bücherei verfügbar sind, dass wir das nicht mehr im Bestand haben." Dass der Bestand aktuell ist sei wichtig, so Thomas Lau.
E-Angebote und Brettspiele stark nachgefragt
Dass die Leute kommen, ist kurze Zeit später auch in Kiels Zentralbücherei zu merken. Das Haus im Stadtzentrum ist gut gefüllt. Außerdem gibt‘s sieben Stadtteil- und zwei Kinderbüchereien. Alles in allem hätten sie etwa 16.000 Nutzer*innen, erzählt Andreas Teichert. "Es ist immer noch so, dass das Buch den Hauptbestandteil bildet, ergänzt um eBooks und E-Hörbücher. Aber natürlich sind auch Hörbücher weiter stark gefragt, interessanterweise neben den Konsolenspielen. Auch die Brettspiele steigen von der Nachfrage her - und sogenannte 'Tonies'. Das sind Hörbücher, die als Figuren daherkommen, die man auch als Spielzeug benutzen kann." Die seien gerade bei kleineren Kindern unglaublich gefragt, freut sich Andreas Teichert.
Immer noch Nachwirkungen durch Corona-Zeit spürbar
Womit sie zu kämpfen gehabt hätten, sei die Nach-Corona-Zeit gewesen, sagt der Bibliotheksleiter. Das Nutzungsverhalten habe sich verändert, Lerngruppen, die sich sonst hier treffen, hätten sich aus den Augen verloren. Nichtsdestotrotz kämen Jung und Alt in die Stadtteilbücherei. Etwa zwei Drittel davon sind Kinder und Jugendliche. In der Zentralbibliothek sei das anders, sagt Andreas Teichert: "Da sind es zwei Drittel Erwachsene und ein Drittel Jugendliche. Auch in der großen Stadtbücherei bemerken wir Veränderungen."
Stabile Zahlen und viele Besucher
E-Reading und Onleihe wachsen stark. Wobei die Bibliothek erst am Jahresende weiß, was und wie oft jemand ausleiht. Denn das geht über einen Drittanbieter, sagt Andreas Teichert. Einen Kanon bei Büchern und Medien - ob print, digital, online - hätten sie nicht. Ihr Angebot würde von den Besuchern mitbestimmt. "Die Hörbücher beispielsweise sind schon immer gut gegangen. Die gehen jetzt über die E-Ausleihe weg wie warme Semmeln. Ich kann das am Beispiel Belletristik festmachen: Das, was an gedruckten Ausleihen wegfällt, wird durch die E-Medien kompensiert."
Die Zahlen bleiben ziemlich unverändert in der Zentralbibliothek Kiel. Viele Nutzer kämen zudem ins Haus, weil es hier schnelles Internet gebe, erklärt Andreas Teichert. Auch deshalb hätten sie etliche Tablets angeschafft, zum Lesen, Spielen und Recherchieren - im Haus.