Weil's den Fischköppen keiner zutraut: Küstenkrimis boomen im Norden
Egal, ob Touristen oder Einheimische, im Norden lesen die Menschen gern Krimis aus der Umgebung. Vielleicht, weil es genug Sand zum Verbuddeln der Leichen gibt, mutmaßt eine Buchhändlerin. Es könnte noch andere Gründe geben.
Es wird viel gemordet in Norddeutschland. Literarisch, versteht sich. Zum Beispiel in Braunschweig. Vor allem Menschen, die dort wohnen, lesen sich gern durch gruselige Geschichten aus der Umgebung, weiß Inge Schittkowski. Sie arbeitet bei der Buchhandlung Graff und organisiert das alljährliche zweiwöchige Braunschweiger Krimifestival im Herbst (20.10. - 4.11.2024). "Die Braunschweig-Krimis sind schon sehr beliebt. Was auch beliebt ist, sind Krimis aus dem Harz - das ist ja nicht weit weg -, aber vor allem auch Küstenkrimis", hat die Buchhändlerin beobachtet.
Stürmische Küstennächte bergen Gruselpotenzial
Entlang der Nord- und Ostsee - das liegt auf der Hand beziehungsweise im Bücherregal - wird hemmungslos abgemurkst. "Ich denke, das hat mit Küste und Meer zu tun. Stürmisch, grau, dunkel - da kann man sich ja 1.000 Fantasien ausdenken. Wer hier schon mal eine stürmische Nacht erlebt hat, dem kann es schon unheimlich werden", sagt Inge Schittkowski.
Liane Oelrichs ist die Inhaberin der Buchhandlung Prien in Wilhelmshaven, Niedersachsen. Regionalkrimis liest sie selbst wahnsinnig gern - und sie ist nicht die Einzige: "Ich hab ganz viele Stammkunden, die warten, dass ein neuer Christiane Franke oder ein neuer Klaus-Peter Wolf kommen. Ein paar Touristen haben wir auch, aber nicht so viele."
Entsprechend wichtig ist das Geschäft mit den Küstenkrimis. Liane Oelrichs hat einen ganzen Bereich nur mit diesen Titeln. "Wenn irgendwas Neues kommt, stelle ich die sofort vorne in den Eingangsbereich, damit die Leute mehr oder weniger darüber fallen", sagt die Buchhändlerin aus Wilhelmshaven.
Ostsee-Touristen lieben die Küstenkrimis
Auch noch weiter nördlich, in Eckernförde, Schleswig-Holstein geht es gruslig zu und her. Die Bucht, die Schlei …: "Wir haben hier wunderbare Romane, die direkt vor der Tür spielen. Es gab sogar einen, der mal direkt bei uns in der Buchhandlung spielte", erzählt Johanna Gonsch, stellvertretende Filialleiterin der Buchhandlung Liesegang in Eckernförde.
Vor allem Urlauberinnen und Urlauber stürmen bei ihr den Tisch mit den regionalen Krimis. "Die Nachfrage ist enorm, die Touristen mögen alles, was mit Eckernförde, mit der Schlei, mit Mord und Totschlag zu tun hat." Ihre Empfehlung: "Die Sprottenkönigin" von Arnd Rüskamp. "Der schreibt mit feinem Humor, beschreibt die Leute hier toll und die Toten liegen immer direkt bei uns vor der Haustür, mehr oder minder", schwärmt Johann Gonsch.
Eckernförde scheint ein prima Pflaster für Morde zu sein, die Schleibewohnerinnen und -bewohner potenzielle Killer. Johanna Gonsch hat dafür eine Erklärung: "Wir haben sehr viel Sand hier, um die Leichen zu verbuddeln, das kann man schon mal festhalten." Eigentlich seien sie ein nettes Volk. Wahrscheinlich liege es genau daran, weil man es ihnen nicht zutraue. "Wenn dann doch mal ein paar Köpfe rollen, ist das doch erstaunlich."