Warum New Adult so "spicy" ist - Bianca Iosivoni im Gespräch
Bianca Iosivoni ist seit 2018 eine der erfolgreichsten deutschen Autorinnen von New Adult-Büchern. Im Interview erklärt sie, an wen sich ihre Romane richten und warum es so viel Sex in ihren Büchern gibt.
Was für ein Genre ist New Adult in der Literatur?
Bianca Iosivoni: New Adult kam ungefähr vor zehn Jahren auf- aus den USA. Es ist eigentlich kein Genre, sondern eine Zielgruppe, so wie Jugendbuch. Die Bücher richten sich an junge Erwachsene von 18 bis Mitte 20, weil es in der Literatur eine Lücke gab: Es gab die Jugendbücher, die Erwachsenenbelletristik und nichts dazwischen, mit den Problemen und Thematiken dieser Altersgruppe. So ist New Adult entstanden, zuerst im Romance-Bereich mit Liebesgeschichten, aber auch ganz viel Mental Health, Probleme im Elternhaus, Erwachsenwerden, Studium und so weiter. Inzwischen gibt es viele Subkategorien im New Adult, genauso wie es zum Beispiel im Krimi- und Thriller-Bereich Subkategorien gibt: Agententhriller, Gerichtsthriller und so weiter. Das hat sich immer weiter entwickelt und ist immer beliebter geworden.
Es gibt auch den "Spicy"-Part, in dem es um sehr explizite Sexszenen geht. Werden die von den Leserinnen auch eingefordert?
Iosivoni: Ich glaube, von der Mehrheit schon. Es gibt natürlich auch welche, die das eher nicht mögen und überblättern. Bei Autorinnen ist es auch so, dass manche das gerne schreiben und manche nicht so gerne.
Wie ist das bei Dir?
Iosivoni: Ich schreibe sie gerne, mir fällt das leicht. Alle lachen, wenn ich das sage, aber ich finde, Sexszenen und Kampfszenen haben sehr viel gemeinsam. Es muss choreografiert werden, man muss wissen, wer wo ist, wo alle Körperteile sind, das Tempo muss entsprechend angepasst sein, die Gedanken und Emotionen müssen beschrieben werden. Es hat sehr viel Ähnlichkeit. Mir machen Kampfszenen auch sehr viel Spaß. Von daher funktioniert das gut für mich. Es gehört zu dem Genre dazu, man kann es aber auch als Befreiungsschlag für junge Frauen sehen, dass sie das lesen, dass sie es genießen, dass sie es feiern. Denn man hat es nicht in Jugendbüchern und in älteren Büchern eher auch nicht. Von daher gehört das auch dazu.
Es gibt Triggerwarnungen für die ernsten Themen: Suizid, Gewalt, Depressionen. Müsste man nicht auch eine Triggerwarnung für Sexszenen schreiben, wenn auch Zwölfjährige Deine Bücher zum Teil schon lesen? Was passiert mit denen, wenn die das lesen?
Iosivoni: Aber ist das etwas, was triggert? Es ist eine einvernehmliche Sexszene, in der beide es wollen und Spaß haben, und es gibt keine Gewalt. Ist das etwas, was triggert? Ich persönlich finde nicht. Ich finde, man sollte Warnungen nur setzen für Dinge, die tatsächlich psychologisch triggern können, wie zum Beispiel Depressionen, Suizid, Gewalt und Dinge, die man selber hoffentlich nicht im Alltag, sondern die Ausnahmesituationen sind, die einen wirklich schocken können. Dafür sind die Triggerwarnungen gedacht.
Vielleicht ist Trigger der falsche Ausdruck, aber wie so eine FSK-Warnung im Kino - wäre so etwas denkbar?
Iosivoni: Das gibt es ja, zumindest online. Bei den Büchern steht dann auch: ab 16 Jahren.
Du hast Sozialwissenschaften in Hannover studiert. Wie bist du zum Schreiben gekommen?
Iosivoni: Ich habe als Teenager angefangen. Ich dachte mir - so naiv, wie ich war -, ich schreibe jetzt einen Fantasy-Roman über mich und meine Freunde, und das wird ein Weltbestseller, das wird verfilmt, das wird übersetzt, und ich muss nie wieder arbeiten. Ich war zu der Zeit noch in der Schule, und es hat nicht ganz so funktioniert. Ich habe nach 200 Seiten gemerkt, dass ich keine Ahnung davon habe, was ich hier tue, und weiß nicht, wie ich weiter kommen soll. Ich habe die nächsten Jahre damit verbracht, sowohl an diesem Projekt zu arbeiten als auch mich weiterzubilden und das Handwerkszeug zu lernen. Denn beim Bücherschreiben ist sehr viel Handwerkszeug dabei. Ich habe immer weiter gemacht, habe eine Agentur gefunden, und dann ist es so langsam ins Rollen gekommen. Aver es war eigentlich der Traum einer Teenagerin, die nicht aufgehört hat.
Wie lange hält der New Adult-Hype möglicherweise noch an? Oder ist es noch gar nicht der Höhepunkt, den wir erreicht haben?
Iosivoni: Das ist eine sehr gute Frage. Ich habe schon vor fünf Jahren gesagt, dass der Hype bald endet, und ich hatte Unrecht. Von daher kann ich es überhaupt nicht einschätzen. Aber wir können uns alle glücklich schätzen, dass zum einen so viele Bücher verkauft werden, aber auch, dass so viel gelesen wird und dass die Leute sich gerade online so viel übers Lesen austauschen. Das ist doch eigentlich das Schönste, was passieren kann.
Das Gespräch führte Maren Ahring. Das komplette Interview hören Sie oben auf dieser Seite - und in der ARD Audiothek.