Vom Banker zum Bauer: Benedikt Bösel und die Landwirtschaft
Benedikt Bösel hat sich dazu entschieden, seinen Job als Banker an den Nagel zu hängen und Landwirt zu werden. Er will jetzt den Boden retten und die Landwirtschaft umkrempeln. Über seine Visionen und seine Arbeit hat ein Buch geschrieben: "Rebellen der Erde. Wie wir den Boden retten und damit uns selbst!"
Massentierhaltung, Überdüngung, Höfesterben, Klimawandel oder Artensterben - die bekannten Probleme der Landwirtschaft. Für Benedikt Bösel ist der Boden, ist die Erde ein "Universum voller Leben". Nachdem er Jahre als Investmentbanker in Frankfurt gearbeitet hat, führt er heute den Betrieb "Gut und Bösel" in Brandenburg, strukturiert den Hof nach der Idee einer "regenerativen Landwirtschaft". Mit Erfolg. 2022 wurde Benedikt Bösel zum Landwirt des Jahres gekürt. Über seine Visionen, seine Arbeit, über "Gut und Bösel", über den Zusammenhang von Garten, Wald, Acker, Rinderherde und Ernährung hat Benedikt Bösel ein Buch geschrieben. Darüber spricht er in NDR Kultur à la carte.
Immer wenn man über Sie liest oder von Ihnen hört, wird betont, Sie seien Investmentbanker gewesen und später zur Landwirtschaft gekommen. Ich fand das deshalb interessant, weil es einem manchmal das Gefühl gibt, als sei "nur Landwirt sein" eigentlich nicht genug. Da muss schon einer kommen, der was ganz anderes gemacht hat.
Benedikt Bösel: Ich beobachte das auch und habe da auch ein leichtes Schmunzeln im Gesicht, denn es geht um so viel mehr als die Tatsache, dass ich vorher mal was anderes gemacht habe. Es geht um die Frage, wie wir über die Landnutzung, Landwirtschaft und die Forstwirtschaft wirklich die großen Probleme und die großen Herausforderungen dieser Zeit adressieren können und die auch wirklich aktiv gestalten können. Ich glaube, insbesondere auch die Landwirte brauchen heute einfach viel mehr Wahrnehmung und Wertschätzung, das muss eigentlich im Fokus stehen. Wenn es hilft, dass ich vorher mal was anderes gemacht habe, dann nehme ich das so an. Tatsache ist aber, dass ich wahrscheinlich immer eher Landwirt und Forstwirt war und nur den Ausflug in die Finanzbranche gemacht habe.
Können Sie das kurz umreißen? Diese Wegstrecke, die zwischen dem inneren Landwirt und dem tatsächlichen Landwirt liegt?
Bösel: Ich hatte das große Glück, dass meine Eltern zusammen mit meinem Stiefgroßvater kurz nach der Wende auf den familiären Betrieb meines Stiefgroßvaters zurückgegangen sind, um den wieder aufzubauen. Zu irgendeinem Zeitpunkt war dann klar, dass diese Vision, das wieder zusammenzubringen, Realität werden kann. Die nächste Überlegung war, wie geben wir das in die nächste Generation weiter. Ich habe zwei ältere Schwestern, und wir haben als Familie diskutiert, wie das gehen soll. Meine Eltern waren der Überzeugung, das muss in eine Hand überführt werden. Als dieser Prozess startete, war ich 20 oder 21 Jahre alt. Irgendwann war klar, ich soll es mal machen. Ich muss aber auch sagen, obwohl ich in der Natur und mit Tieren groß geworden bin und dass auch immer meine Passion war, fand ich die Vorstellung in dem Alter, Öko-Ackerbau in Ostbrandenburg zu machen, nicht besonders ansprechend. Mir war auch gar nicht bewusst, was das eigentlich bedeutet und wie wichtig diese Aufgabe ist. Ich habe mich für wirtschaftliche Themen interessiert und die haben mich fasziniert. So bin ich erstmal diesen Weg gegangen, aber auch immer mit der Gewissheit, dass mich der Weg früher oder später auch nach Hause ziehen wird. Rückblickend ist es einfach zu sagen, wie ich das damals geplant habe. Aber es war für mich ganz wichtig, meine eigene Karriere aufzubauen und meinen eigenen Weg zu gehen, unabhängig von den Dingen, die zu Hause waren.
Ich habe den Eindruck, dass vieles von dem, was Sie praktizieren und auch weltweit gefunden haben, nicht neu ist.
Bösel: Nein, das ist in der Tat genau das, um was es eigentlich geht. Dieses ganze alte Wissen, diese alten Erkenntnisse, man wusste schon, warum man das gemacht hat, das hat einen Sinn und der Sinn ist heute noch da, der ist nur viel stärker geworden. Wichtig ist, Dinge wieder zusammenzufügen, zum Beispiel beim Agroforst. Da pflanzen wir schmale Baumstreifen gleichmäßig über eine Ackerfläche verteilt an, parallel können wir den Acker für Getreide, Erbsen oder Mais nutzen und haben zusätzlich noch die Baumstreifen, die wiederum ganz viele Leistungen in den Acker bringen, wie Biodiversitätsaufbau und Humusaufbau, das verändert das Mikroklima. Aber wir können in den Baumstreifen auch noch andere Produkte anbauen. Man könnte dort Obst, Beeren oder Nüsse anbauen. Das heißt, wir versuchen wirklich mehrere Ernten auf die gleiche Fläche im gleichen Jahr zu bekommen, insbesondere wenn wir die Tiere noch in diese Philosophie integrieren. Das ist der Schlüssel. Wir wollen auch die Technologie wieder reinbringen. Denn die technologischen Möglichkeiten können uns helfen. Wir müssen nur die richtigen Fragen stellen und wir dürfen nicht Technologien nutzen, um Systeme eines kaputten Systems zu bekämpfen, sondern wir müssen Technologie nutzen, um die Komplexität an einem regionalen, ökologischen Kontext zu verstehen und unser Landnutzungssystem anhand dessen auszurichten. Mit der Natur arbeiten, heißt weniger Kosten und mehr Ertrag. Das ist natürlich eine große Aufgabe.
Das Gespräch führte Martina Kothe.