Volker Kutscher zum Gereon-Rath-Finale: "Es fühlt sich richtig an"
Auch in seinem letzten Band der Gereon-Rath-Reihe taucht Volker Kutscher wieder tief in die Zeit des deutschen Nationalsozialismus ein. Ein Gespräch mit dem Autor über einen fehlbaren Menschen und das Danach.
Auch in seinem letzten Band der Gereon-Rath-Reihe taucht Volker Kutscher wieder tief ein in die Zeit des deutschen Nationalsozialismus. "Rath" ist kein herkömmlicher Krimi, denn es geht in erster Linie nicht um die Suche nach einem Mörder. Ein Gespräch mit dem Autor über einen fehlbaren Menschen und das Danach.
Wie fühlt sich so ein Tag für Sie an: Eher Wehmut oder endlich geschafft?
Volker Kutscher: Ein bisschen beides. Aber das "endlich geschafft", überwiegt im Moment noch. Das war auch das Gefühl, das ich so beim Schreiben des letzten Satzes hatte. Ich dachte, jetzt habe ich die Geschichte so zu Ende erzählt, wie es sich richtig anfühlt - über zehn Romane hinweg.
Zehn Romane, das heißt, sie haben auch fast zwei Jahrzehnte mit dieser Figur verbracht. So eine Figur ändert sich sicherlich. Man selber ändert sich, ändert sich auch die Beziehung - mag man die Hauptfigur irgendwie mal mehr oder mal weniger?
Kutscher: Bei Gereon Rath ist das ja definitiv so, dass man ihn nicht immer mag. Er ist ja auch nicht immer nett. Ich glaube, es geht den Menschen, die das Ganze lesen, wahrscheinlich ähnlich. Auch im letzten Roman - da verrate ich wahrscheinlich auch nichts Außergewöhnliches - hatte er auch ein paar Szenen, in denen er nicht so wirklich nett rüberkommt.
Sie sind versöhnt mit ihm jetzt auseinandergegangen?
Kutscher: Ja! Er ist halt ein fehlbarer Mensch, ein normaler Mensch. Ich habe ihn ja auch ganz bewusst so angelegt. Superhelden in Romanen mag ich ohnehin nicht. Unfehlbare Menschen, die alles richtig im Roman machen, das macht ja kein Mensch in einem richtigen Leben. Man macht ja immer irgendwie Fehler. Aber wie man damit und auch mit den eigenen Unzulänglichkeiten, sei es charakterlich oder sonstwie, umgeht, das ist ja gerade das Spannende.
Würde Sie es reizen, sich vielleicht irgendwann in ein paar Jahren noch mal eine ganz andere historische Dekade zu erschließen?
Kutscher: Jein. Ich will mich da nicht festlegen. Natürlich kann ich mir das vorstellen. Aber ob ich wirklich noch unbedingt historisch erzählen werde, wenn ich etwas ganz Neues beginne, das weiß ich nicht. Diese Frage stellt sich auch noch nicht sofort, weil ich trotz der abgeschlossenen Romanreihe mich mit der Welt von Gereon Rath noch ein bisschen beschäftigen werde. Ich stehe bei Kat Menschik im Wort, der Illustratorin aus Berlin, mit der ich schon zwei kleine illustrierte Bände gemacht habe, dass wir auch einen dritten machen, der auch im Rath-Kosmos spielen wird. Also das wird mich als Nächstes erstmal beschäftigen - also ein bisschen etwas kleines, um auch das Thema für mich selber langsam so ein bisschen auszuschleichen und langsam wieder zu anderen Dingen überzugehen.
Aber noch mal zu sagen: Ich nehme jetzt die 60er-Jahre und spinne mir noch mal so einen Kosmos und mache das Ganze nochmal von vorn, ist erst mal nicht geplant?
Kutscher: Nee, in diesem riesigen Umfang sowieso nicht. Wie gesagt, das kann ich mir vorstellen, aber ich will mich da überhaupt nicht festlegen, denn was ich machen werde, wenn ich mit Rath durch bin, da schaue ich in den Ordner, den ich seit 20 Jahren tatsächlich mit allen möglichen Ideen angefüllt habe und die ich mir verkniffen habe, weil ich erst mal das Rath-Projekt zu Ende führen wollte. Und diese Ideen schaue ich mir mal an, was sich da so angesammelt hat und greif mir die raus, worauf ich die meiste Lust habe.
Das Gespräch führte Jan Wiedemann.