"Rath": Volker Kutscher schließt seine "Babylon Berlin"-Reihe ab
Auch in seinem letzten Band der Gereon-Rath-Reihe taucht Volker Kutscher wieder tief ein in die Zeit des deutschen Nationalsozialismus. "Rath" ist kein herkömmlicher Krimi, denn es geht in erster Linie nicht um die Suche nach einem Mörder.
Gereon Rath ist zurück in Deutschland. Nach seiner Flucht in die USA bekam er die Nachricht, dass sein Vater im Sterben liege und lebt jetzt unter falschem Namen in Köln. Sobald sein Vater gestorben ist, möchte er mit seiner Frau Charly zurück nach New York. Aber so einfach ist das nicht, denn Charly will Deutschland nicht ohne ihren ehemaligen Pflegesohn Fritz verlassen. Der ist verschwunden und steht unter Mordverdacht:
Der tote Junge lag nicht nur auf dem Gelände des HJ-Heims Dohnagestell, er trug auch die Uniform der Hitlerjugend. (...) Er hatte blondes Haar und ein hübsches Gesicht, dessen Schönheit allerdings durch das Entsetzen getrübt wurde, das einen immer noch aus weit aufgerissenen Augen anstarrte. Leseprobe
Fritz soll diesen und einen weiteren Hitlerjungen getötet haben. Daran glaubt Charly, die mit ihrem ehemaligen Chef Böhm eine Privatdetektei führt, keine Sekunde. Da sie den Ermittlungen der Kriminalpolizei nicht traut, macht sie sich selbst auf die Suche nach Fritz.
Volker Kutscher: "Wie konnte das passieren?"
Auch in seinem letzten Band der Gereon-Rath-Reihe taucht Volker Kutscher wieder tief ein in die Zeit des deutschen Nationalsozialismus. Ihn interessiere, so Kutscher in einem Interview mit NDR Kultur, was die Menschen bewegt habe: "Wie war das für die Leute, die damals gelebt haben? Die auch gar nicht wussten, wohin das Ganze führen würde, wie schlimm es noch werden würde, wie lange es noch dauern würde. Das ist letzten Endes auch der Hauptantrieb für mein Schreiben der Kriminalromanreihe: Wie konnte das passieren? Wie konnte aus der gar nicht mal so schlechten Weimarer Demokratie die schlimmstmögliche Diktatur auf deutschem Boden werden?"
Gereon Rath hat unterdessen seinen Unterschlupf in Köln verlassen und sich nach Berlin aufgemacht, denn Charly steckt in großen Schwierigkeiten.
"Rath": Kein herkömmlicher Krimi
Volker Kutscher erzählt in seinem Roman eine überaus vielschichtige und komplexe Geschichte, in der viele lose Fäden aus den vergangenen Bänden noch zusammengeführt werden müssen. Und: "Rath" ist kein herkömmlicher Krimi. Denn es geht in erster Linie nicht um die Suche nach einem Mörder. Längst kann die Kriminalpolizei nicht mehr unabhängig ermitteln, wurde mit der Gestapo zwangsvereinigt. Und Mord ist im Deutschland des Jahres 1938 auch nicht gleich Mord. Was besonders in der Reichspogromnacht deutlich wird:
Hilflos musste Josef mit ansehen, was die SA seinem Vater antat. Die Männer führten ihn ganz nah ans offene Fenster. Und dann, als er schon glaubte, sie wollten ihm nur Angst einjagen, packte einer der SA-Männer den alten, gebrechlichen Ariel Flegenheimer bei den Beinen und kippte ihn aus dem Fenster, als sei er ein Sack Zement. Leseprobe
"Rath": Spannend und stimmig
Der Erfolg von Volker Kutschers Gereon-Rath-Serie ist riesig und vollkommen verdient. Kutscher hat für jeden seiner Romane akribisch recherchiert, seine Detailversessenheit steht den Geschichten nicht im Weg, seine Plots sind spannend und stimmig. Vor allem aber hat er uns Nachgeborenen gezeigt, wie leicht es ist, in eine Diktatur zu stolpern und sich dann mitschuldig zu machen.
Für den Schriftsteller Volker Kutscher geht es natürlich weiter, er hat schon Ideen in einer Schublade gesammelt: "Mein Plan sieht eigentlich so aus: Ich werde diese Schublade öffnen - oder diesen Ordner auf dem Computer - und meine fliegenden Blätter durchgehen. Dann schaue ich, worauf ich am meisten Lust habe."
Rath
- Seitenzahl:
- 624 Seiten
- Genre:
- Krimi
- Verlag:
- Piper
- Bestellnummer:
- 978-3-492-07410-0
- Preis:
- 26 €