"Transatlantik": Neuer Band der "Babylon Berlin"-Reihe
Volker Kutschers neuer Band der Krimireihe um Kommissar Gereon Rath ist sehr komplex und opulent. Dennoch gelingt es dem "Babylon Berlin"-Autor in "Transatlantik", ein spannendes Sittengemälde des Jahres 1937 zu zeichnen.
Volker Kutscher ist mit seinen Kriminalromanen um Kommissar Gereon Rath berühmt geworden. Der erste Band "Der nasse Fisch" spielte 1929 in Berlin, es folgten acht weitere Bände. Durch die Decke ging Kutschers Bekanntheit und die seiner Bücher 2017, als die Serie "Babylon Berlin" veröffentlicht wurde. Kutschers Romane bildeten die literarische Grundlage dafür. Jetzt ist mit "Transatlantik" Band neun der Reihe erschienen. Das Buch knüpft unmittelbar an die Geschehnisse des Vorgängerromans "Olympia" an.
"Transatlantik": Harte Zeiten für Raths Ehefrau Charly
Das Ende des achten Bandes, "Olympia", war ein Schock. Kommissar Gereon Rath war auf der Flucht aus Deutschland am 3. Mai 1937 in den Zeppelin "Hindenburg" gestiegen, es ging nach New York. Dort stürzte das Luftschiff am Abend des 6. Mai ab. Ob Rath den Absturz überlebt hatte, blieb unklar.
Unterdessen in Berlin und im neunten Band: Für Raths Ehefrau Charly sind es harte Zeiten. Sie weiß nicht, ob ihr Mann noch lebt, und sie bemüht sich vor Gericht, ihren früheren Pflegesohn Fritz aus einer geschlossenen Anstalt zu befreien. Außerdem ist ihre beste Freundin Greta seit einiger Zeit spurlos verschwunden. Und es gibt einen Mord. Der Tote war SS-Mann und wurde mit Autoabgasen vergiftet. Bei der Durchsuchung des Autos findet der verantwortliche Kommissar Lange, ein früherer Kollege Raths, erste Hinweise:
Unter der vorderen Sitzbank ertastete er einen kleinen Gegenstand auf der Beifahrerseite und kramte ihn hervor. Ein Lippenstift. Guerlain Paris stand in feinen Buchstaben auf der Hülle (...) Und das im Wagen eines SS-Offiziers. Frauen, die sich die Lippen anmalten, waren im neuen Deutschland eigentlich verpönt. Leseprobe
Die Lippenstiftspur führt direkt zu Greta, Charlys verschwundener Freundin. Die kannte den Toten und wird schon bald als Verdächtige gehandelt und von der Polizei gesucht. Charly mischt sich immer wieder in die Ermittlungen ein und begibt sich so in Gefahr, auch weil ein alter Gegenspieler ihres Mannes von der SS nicht lockerlässt.
Mit falscher Identität in New York
Gereon Rath hat den Absturz der "Hindenburg" überlebt und arbeitet als Postbote in New York. Für Volker Kutscher ist Rath kein besonders positiver Charakter: "Er ist schon recht egoistisch, laviert sich gerne so durch, von daher vielleicht ein typischer Rheinländer. Und das Einzige, was ihn da wieder rausreißt, ist sein extremes Gerechtigkeitsempfinden. Er kann Ungerechtigkeiten nicht ertragen und er tut alles, um Ungerechtigkeiten wieder gerade zu bügeln. Das sind nicht immer die legalen Wege, die er da einschlägt."
Auch Raths neues Leben in New York ist alles andere als legal. Er hat sich eine falsche Identität zugelegt. Muss aber schnell feststellen, dass ihn seine Vergangenheit auch in Amerika einholt.
Volker Kutscher zeichnet spannendes Sittengemälde
Die Geschichte von "Transatlantik" ist sehr komplex und opulent. Es gibt eine Unmenge Protagonisten, neue und bekannte aus den Vorgängerbänden. Volker Kutscher erzählt süffig, detailreich und sehr versiert. Seine wichtigsten Protagonisten hatten viel Zeit sich zu entwickeln, sie sind wie gute alte Bekannte. Und Kutscher gelingt es grandios, ein lebendiges und spannendes Sittengemälde des Jahres 1937 zu zeichnen. Er schildert, wie sich Deutschland mittlerweile verändert hat, aber auch, wie eine gewisse Normalität eingezogen ist. Viele Menschen haben sich angepasst, nicht wenige sind auch begeistert vom Regime. Der Kriminalfall wird dabei fast ein bisschen zur Nebensache.
Transatlantik
- Seitenzahl:
- 592 Seiten
- Genre:
- Krimi
- Verlag:
- Piper
- Bestellnummer:
- 978-3-492-07177-2
- Preis:
- 26 €