Pinguin Flocki: Astrid Kaiser schreibt Kinderbuch über den Klimawandel
Wie bringt man Kindern den Klimawandel näher? Keine leichte Aufgabe, findet Erziehungswissenschaftlerin Astrid Kaiser von der Uni Oldenburg, und schrieb ein Kinderbuch. Jetzt ist "Pinguinkind Flocki hat Angst vor kaltem Wasser" erschienen, in dem Flocki die Folgen des Klimawandels erlebt.
Das Thema Klimawandel ist angesichts der Erfahrungen, die wir beispielsweise mit dem Hochwasser haben, brisant und hochaktuell. Kinder müssen aufgeklärt, aber nicht erschreckt werden. Frau Kaiser, was hat Sie dazu inspiriert, die Geschichte vom kleinen Pinguin Flocki zu schreiben?
Astrid Kaiser: Erst einmal hatte ich meiner Enkeltochter Geschichten erzählt. Bei den Geschichten versuche ich immer, etwas pädagogisch Wertvolles zu machen. Da habe ich zuerst die Idee gehabt: "Das Pinguinkind hat Angst vor kaltem Wasser", also es verhält sich anders, als die Erwachsenen wollen. Das passiert bei vielen Kindern, dass sie nicht richtig parieren, wie Erwachsene manchmal sagen. Da wollte ich Kindern Halt geben: Das ist nicht falsch, wenn du diese Angst oder dieses Verhalten hast. Jeder Mensch, egal, wie verschieden er ist, ist wertvoll und jedes kleine Kind und jedes kleine Tierkind ist wertvoll - egal, wie es sich verhält.
Das Thema ist ja nicht nur, dass jeder so ist, wie er ist, sondern Sie behandeln auch das Thema Klimawandel in diesem Kinderbuch. Wie haben Sie das zusammengebracht?
Kaiser: Das ergibt sich ganz automatisch. Ich habe sehr viel Forschungsliteratur gesehen, dass gerade der Nachwuchs bei Pinguinen und deren Lebensraum durch den Klimawandel sehr gefährdet sind. Für mich war das schon immer als Professorin eine wichtige Aufgabe: Themen, die in der Welt bedeutsam sind, sollten über Geschichten transportiert werden, denn über Geschichten lernen Kinder besser. Deswegen habe ich in diese Geschichte die Klimawandel-Erfahrung eingebaut, aber nicht als Katastrophen-Pädagogik. Das halte ich für ganz gefährlich, Kindern Angst zu machen und Dramen in der Welt vorzuspielen. Es ist wichtig, dass Kinder es aufarbeiten, dass sie sich gedanklich damit auseinandersetzen, dass sie Fragen stellen können. Genau dazu ist das Kinderbuch geschrieben: den Kindern zu helfen, ihre inneren Sorgen und Fragen, die sie bei Fernsehbildern haben, wenn sie Überschwemmung sehen, auf leichte und angenehme Art entgegenzukommen.
Es sind interessante Texte dabei - für Kinder total leicht verständlich. Aber es sind auch wunderschöne Illustrationen von Anne-Beate Berghäuser dabei. Wie sind Sie zusammengekommen?
Kaiser: Das war eine ganz witzige Geschichte. Ich hatte erst eine Kunststudentin als Illustratorin angesprochen und die hat jahrelang nichts gemacht. Dann hat mir eine Freundin erzählt: Die neue Ehefrau ihres früheren Freundes aus der Studienzeit habe schon ein Kinderbuch illustriert. Dann habe ich einfach dort angerufen und bin im richtigen Moment da gewesen. Ihr Vater war gerade gestorben und sie hatte eine Trauerkarte von einer Freundin bekommen mit einem Pinguin als Bild. Die Freundin hat dazu kommentiert: Dieser Pinguin wird dir Trost spenden - und sie hat dann plötzlich den Anruf von mir bekommen, ein Pinguin-Kinderbuch zu illustrieren. Sie hat sofort zugesagt und mir nachher erzählt, dass das sehr therapeutisch für sie war, weil sie beim Malen der Pinguine immer wieder an ihren Vater dachte. Ich denke, die Bilder sind deshalb so gut gelungen, weil sie emotional mit ihrem Vater noch in Verbindung stand. Deswegen hat sie den Pinguinen so viele Gefühle eingezeichnet. Diesen Pinguinen mit wenigen Strichen so viel Herzlichkeit, Wärme und Gefühlsintensität zu geben, ist ihr wirklich gelungen. Ich denke, da spielt diese Situation in ihrem eigenen Leben eine große Rolle.
Für wen soll dieses Buch sein? Nur für Kinder - oder wird auch daran gedacht, dass in Kindergärten oder Schulen zu geben?
Kaiser: Ich denke, dass das auch in Kindergärten und Schulen eine ganz wichtige Rolle spielen kann, denn Kinder haben Fragen zum Klimawandel. Am Schluss ist für die Lehrperson oder Erzieherin ein Text geschrieben, der fachlich richtig ist. Wenn Kinder fragen: Was ist denn Klimawandel? Wie kommt es dazu? Dann kann man den vorlesen oder mit eigenen Worten nacherzählen und Kinder bekommen eine fachlich richtige Orientierung. Ich mache auch Lesungen in Kindergärten und Grundschulen, weil das so wichtig ist, dass dort dieses Thema, das den Kindern am Herzen liegt oder auf der Seele drückt, behandelt wird - aber nicht mit Erschrecken, sondern mit einer sehr liebevollen Geschichte.
Haben Sie bereits Feedback von jungen Lesern und Leserinnen bekommen, die dabei waren? Wie haben die reagiert?
Kaiser: Ja, eine Erzieherin in Saalfeld hat mir geschrieben, dass sie das mit den Kindern gelesen hat und dass die Kinder so gerührt und interessiert waren und ganz gespannt zuhörten. Ich selber habe es, als das Buch noch nicht fertig war, in einer Vorschule in Indonesien vorgelesen. Da waren drei Bilder noch nicht gezeichnet, also habe ich den Kindern gesagt: Malt doch selber Bilder, damit die Frau, die die Bilder zeichnet, eine Idee hat, was Kinder wollen. Die haben in Indonesien tropisches Klima und wirklich nichts mit der Antarktis zu tun - die haben so schöne Bilder gemalt. Ich habe Fotos gesehen, wie sie mir mit offenem Mund zuhörten, diese Geschichte vom Pinguin ganz ernst verfolgten und mit Sorgen sahen, wie er auf einer kleinen Eisscholle schaukelte und Angst hatte. Da haben sie richtig mitgefühlt. Dazu ist Literatur da: dass Kinder mitfühlen, ernst nehmen, was passiert, und noch mehr wissen wolle.
Das Gespräch führte Martina Gilica.