Die Gruppe Daft Punk mit Masken bei den MTV Video Music Awards 2013 in New York © picture alliance / abaca | Lionel Hahn Foto: Lionel Hahn
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AUDIO: Phantome des Kulturbetriebs: Der Wunsch nach Unsichtbarkeit (4 Min)

Phantome des Kulturbetriebs: Der Wunsch nach Unsichtbarkeit

Stand: 26.03.2024 12:12 Uhr

Patrick Süskind hat seit 18 Jahren nichts mehr veröffentlicht und scheut die Öffentlichkeit. Es gibt aber noch andere einsame Eigenbrötler, Blitzlichtgewitter-Boykottierer und anonym Abgetauchte im Kulturbetrieb.

von Florian Schmidt

Er ist so gut wie unsichtbar, lehnt Interviews ab, neue Buchprojekte ebenso. Aber: "Er ist kein Phantom. Es gibt ihn wirklich", betont eine Sprecherin des Diogenes Verlags, der Patrick Süskinds Werke auf den Markt gebracht hat. Seit Jahren lebt der Autor zurückgezogen am Starnberger See, Fotos von ihm existieren nur wenige, Preise und Auszeichnungen lehnt Süskind kategorisch ab - sind sie doch meist mit öffentlichen Auftritten verbunden. Im Literaturkosmos gibt es aber noch andere einsame Eigenbrötler, Blitzlichtgewitter-Boykottierer und anonym Abgetauchte.

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Thomas Pynchon: Der "gesichtslose" Bestsellerautor

Thomas Pynchon beispielsweise. Der amerikanische Schriftsteller verfügt über eine ähnliche Entziehungs-Energie wie Süskind. Keine Interviews, keine Preis-Galas, auch wenn eines seiner Bücher nominiert ist. Fotografieren lässt er sich schon gar nicht. Auf den wenigen jahrzehntealten Fotos sind eine Haartolle und hervorstehende Schneidezähne zu erkennen.

Der Schriftsteller ist mittlerweile 86 Jahre alt und weiterhin für den Literaturbetrieb und die Öffentlichkeit unauffindbar. Er hatte immerhin großen Spaß daran, in drei Folgen der Zeichentrick-Serie "Die Simpsons" aufzutauchen. Stilgerecht mit einer Papiertüte über dem Kopf, sprach er sich selber, inklusive einer großen Portion Selbstironie. Matt Groening, der Erfinder der "Simpsons", versichert, dass es ihn wirklich gibt. Er habe ihn gesehen, sich auch länger mit ihm unterhalten, sich seine Bücher signieren lassen. Pynchon sei sogar ein großer Fan der Serie.

Die Flucht in den "wunderbaren Frieden"

Portrait des Autors Thomas Pynchon aus dem Jahr 1953 © picture alliance / Photoshot
Thomas Pynchon im Alter von 16 Jahren an der Oyster Bay High School im Jahr 1953.

Das Gerücht, Pynchon sei eigentlich der Autor J.D. Salinger, der sich in den 1960er-Jahren zurückzog und nichts mehr veröffentlichte, kommentierte Pynchon übrigens mit dem Satz: "Nicht schlecht, versucht es weiter". Salinger hatte sich auf jeden Fall sehr souverän und konsequent entzogen.

Er hat sich 1951 mit seinem Kultroman, es war sein einziger, "Der Fänger im Roggen" in der Literaturgeschichte verewigt. Danach lebte Salinger über ein halbes Jahrhundert abgeschirmt hinter hohen Zäunen in den Hügeln von New Hampshire und veröffentlichte nichts mehr. Darin liege, das immerhin ist von ihm überliefert, "ein wunderbarer Friede".

Scheuer Star im Filmgeschäft

Es gibt aber bei weitem nicht nur am Ruhm leidende Literaten, sondern auch im glitzernd-glänzenden Filmgeschäft: Regisseur Terrence Malick ist bis heute ein öffentlichkeitsscheues Regie-Genie. Roter Teppich: eher nicht. Interviews oder Pressekonferenzen: Wozu? Malick lässt lieber seine Filme sprechen, auch wenn nicht alle ganz so deutlich zu verstehen sind. Und Preise? Die holt Malick natürlich nicht persönlich ab.

Als er in Cannes 2011 die Goldene Palme, den Hauptpreis des Filmfestivals, gewann, nahmen die Produzenten von "The Tree of Life" diese entgegen, ob Malick überhaupt da war, ist unklar. Seit 1998 existiert nur ein einziges PR-Foto von ihm. Vielleicht sollte Malick mal die Popstar-Prozedur probieren und eine Maske aufsetzen.

Masken in der Musikszene

NDR 2 Papenburg Festival Cro © NDR Foto: Axel Herzig
Pandakopf als Marke: der deutsche Rapper Cro.

Den deutschen Rapper Cro kennt man nur mit Pandakopf, Kollege Sido trat eine Zeitlang mit verchromtem Antlitz auf und das Pariser Duo Daft Punk setzte Astronauten-Helme auf. Das ging ein Vierteljahrhundert lang gut, dann wurden sie mal ohne Helm gesichtet, fotografiert und in vielen Online-Medien herrschte daraufhin schriftliche Schnappatmung: so sehen Daft Punk aus! Der Wahnsinn! Die Sensation! Dabei sind die beiden Franzosen, wie man inzwischen weiß, zwei ganz normal aussehende Herren.

Ist es also vielleicht gar nicht so schlecht, sich oder sein Gesicht aus den Klatschspalten und Social Media Feeds rauszuhalten? Peter Gabriel trat bei Genesis mal als Blume auf und erklärte den Drang zur Verkleidung so: "Die meisten Menschen möchten hinter einer Maske verschwinden. In anderen Kulturen tragen Menschen Masken, um zu zeigen, wer sie sind."

Bansky-Weisheit über Aufmerksamkeit

Irgendwie ist dieses Herumrätseln für uns alle doch auch viel spannender, als wenn wir die Süskinds, Malicks und Daft Punks dieser Welt jeden Tag zu sehen bekommen, oder? Vielleicht wäre es sogar etwas enttäuschend, wenn der weltberühmte britische Graffiti-Künstler Banksy seine Identität nicht mehr geheim halten könnte. Insofern gilt bis auf Weiteres noch der weise Bansky-Satz: "Wenn du etwas sagst und willst, dass die Leute zuhören, musst du eine Maske tragen."

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Der Vormittag | 26.03.2024 | 11:20 Uhr

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