Eine Frau und ein Mann halten Banksys Bild "Love is in the Bin" © picture alliance / Photoshot | -

Auf der Spur von Banksy

Stand: 05.10.2023 07:20 Uhr

Wer ist Banksy? In ihrem Podcast "Banksy - Rebellion oder Kitsch?" versucht sich Ortrun Schütz dem anonymen Street-Art-Künstler und seinen Graffitis anzunähern. Philipp Schmid hat mit der Journalistin gesprochen.

Das nennt man wohl einen Schreckmoment: Bei einer Kunstauktion ist gerade ein Bild verkauft worden - und kurz darauf fängt es an, sich selbst zu zerstören. Es schreddert sich selbst, bis am unteren Rand des Bilderrahmens nur noch feine Papierstreifen hängen. So geschehen bei Sotheby's 2018 mit dem Bild "Girl with Balloon" von Banksy. Ortrun Schütz hat sich für den Podcast "Banksy - Rebellion oder Kitsch?" intensiv mit Banksy und seinen Graffitis beschäftigt. NDR Kultur Moderator Philipp Schmid hat versucht, der Banksy-Expertin einige Geheimnisse zu entlocken.

2018 sorgte eine Auktion für Aufsehen, bei der sich ein Bild von Banksy selbst geschreddert hat. War das so geplant?

Ortrun Schütz: Das war auf jeden Fall eine geplante Aktion. Was nicht geplant war - angeblich laut einem Video auf YouTube, das Banksy später veröffentlicht hat - ist, dass das Bild nicht ganz geschreddert wurde, dass die Streifen unten dann heraushingen. So ist das sehr gut fotografierbar oder für Instagram nutzbar geworden und hat dadurch eine extreme Bekanntheit erreicht.

Banksy selbst hat gesagt, es sei Kritik an der Kunstwelt. Drei Jahre später wurde das Bild noch einmal versteigert - für das 16-fache des Preises. Wie passt das zusammen?

Ortrun Schütz: Ja, das muss man sich mal vorstellen. Umgerechnet 1,18 Millionen Euro hat das vorher gekostet - das war schon ein Erfolg. Drei Jahre später 16 Mal mehr, also 19 Millionen, das ist schon der Hammer. Man kann schon sagen, dass Banksys Marktwert insgesamt gestiegen ist durch diese Aktion. Allerdings konnte er vorher nicht wissen, was tatsächlich mit diesem Werk passiert. Ich habe mit Kunsträubern gesprochen, mit Händlern, die Banksys Werke aus Mauern ausschneiden, illegalerweise, obwohl Banksy das nicht will. Einer von denen hat behauptet, Banksy habe das bestimmt anonym selber gekauft. Denn Banksy selbst verdient an den Auktionen gar nichts. Das ist immer Second Market. Das heißt, die Künstler selbst dürfen ihre Kunst nicht bei den Auktionen versteigern lassen. Das heißt, er hat direkt an diesem Verkauf nichts verdient. Und was ich auch sagen kann: Er hat das Bild auf jeden Fall nicht anonym ersteigert. Die Person, die es dann versteigert hat für 19 Millionen Euro, das war eine Frau aus Deutschland.

Sie haben sehr lange recherchiert über Banksy, die Kunst, haben mit Freunden und auch mit Kritikern gesprochen. Was war für Sie das Überraschendste dabei?

Was mich schon tatsächlich überrascht hat, war, dass Banksy 2003 noch gar nicht so anonym war. Ich bin auf einen Artikel im "Tagesspiegel" aufmerksam geworden: Da ist eine junge Journalistin, die hat ihn persönlich getroffen und hat ihn tatsächlich auch in Ihrem Artikel beschrieben. Man weiß ziemlich genau, 2003 war der so um die 30 Jahre alt. Es war tatsächlich ein Mann. Die Journalistin beschreibt auch seinen Silberzahn und seine Goldkette - sie ist ihm wirklich richtig nahe gekommen. Damals war das noch nicht so ein Ding. Allerdings war schon klar: Er soll anonym bleiben, und sie hat ihn durch die Stadt begleitet. Sie hat tatsächlich den echten Banksy getroffen.

Sie haben gesagt, dass Banksy nichts verdient an der Versteigerung seiner Kunstwerke. Wer bekommt denn wann dieses Geld, diese 19 Millionen zum Beispiel?

Zum Teil ist es so, dass die Auktionshäuser auch einen Prozentsatz bekommen. Natürlich sind es auch Kunstsammler und Kunstsammlerinnen. Banksy verkauft auch weiterhin seine Werke. Wenn insgesamt der Kunstpreis hoch ist, dann verdient er auch mit den Werken, die er selbst verkauft, mehr Geld. Es ist nicht so, dass Banksy ein armer Schlucker ist. Aber die anderen Künstler und Künstlerinnen, die haben da teilweise richtig das Nachsehen und ihre Werke werden teilweise zu höchsten Preisen auf dem Kunstmarkt verkauft.

Eine Frage liegt natürlich auf der Hand: Wenn sie wüssten, wer Banksy wirklich ist, wer sich dahinter verbirgt - würden Sie es dann auch verraten?

Ich verrate es ja in meinem Podcast tatsächlich. Allerdings mache ich das nicht direkt, sondern ich sage, es gibt eine Theorie, die habe ich euch erzählt, und die ist einfach die allerwahrscheinlichste. Und wenn ihr richtig gut zugehört habt, dann wisst ihr, welche ich meine. Ich wollte es aber nicht so ganz platt und direkt sagen, denn - wie ein Street-Art-Experte mir auch im Podcast gesagt hat - es ist so ein bisschen, als würde man verraten, wer der Weihnachtsmann ist. Dass die Eltern die Geschenke bringen und dass es keinen Weihnachtsmann gibt. Außerdem macht es einfach Spaß, daran zu glauben, an diese anonyme Figur und sich jemanden vorzustellen und herumzurätseln. Eine Person, die man sich so wünscht. Und jemand, der für das Gute kämpft, so wie man das selber gerne hätte.

Nun könnte ein Fall vor dem High Court in London dazu führen, dass Banksys wahrer Name bekannt wird, wie die Zeitung "Daily Mail" berichtete. Dort ist Anklage wegen Verleumdung gegen einen Mann namens Robin Gunningham erhoben worden. Das Gespräch führte Philipp Schmid.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Kultur | Journal | 05.10.2023 | 16:00 Uhr

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