Nur bedingt heiter: Der Satiriker Ephraim Kishon
Sein Leben und seine Arbeit waren geprägt von seiner Erfahrung im Holocaust. Ephraim Kishon war ein politischer Mensch, ein Frauenheld. Als überehrgeizig beschreibt ihn die aktuelle Biografie "Ephraim Kishon. Ein Leben für den Humor" zu seinem 100. Geburtstag.
Als Amos Oz 1992 als erster Israeli den Friedenspreis des deutschen Buchhandels erhält, wurmt das Ephraim Kishon. Zwar erkennt er in einem Interview an, dass Oz "sehr begabt" sei, "ein außerordentlich guter Redner" und "sympathisch". Aber Kishon hadert mit seiner vermeintlich fehlenden literarischen Anerkennung in Deutschland. 40 Millionen Bücher hat er verkauft, 34 Millionen davon in Deutschland.
"'Natürlich' bekomme Oz den Preis, 'weil er für den palästinensischen Staat' sei, als 'nach Meinung der Weltöffentlichkeit für den Frieden". Kishon verknüpfte die öffentliche Wahrnehmung des Schriftstellerkollegen mit der politischen Haltung", heißt es in der aktuellen Biografie von Silja Behre.
Kishon brauchte die Aufmerksamkeit
Als einen tiefpolitischen Menschen beschreibt die Historikerin den Schriftsteller und Satiriker. Und als jemanden, der es nur schwer ertragen konnte, wenn andere mehr Aufmerksamkeit bekamen, als er. Ein weniger politisches Beispiel ist eine Werbeanzeige, die einmal ein neues Buch von ihm zusammen mit einem Werk der Autorin Barbara Noack anpreist. Kishon ist empört.
"Für Kishon kam diese Werbeanzeige einer Herabsetzung gleich, würde die Annonce doch suggerieren, 'dass Ephraim Kishon und Barbara Noack zwei Schriftsteller vom selben Rang' seien, was er als rufschädigend, nicht nur für ihn, sondern auch für den Verlag empfand", schreibt Behre weiter.
Geboren wird dieser im Buch oft überehrgeizig wirkende Mann als Ferenc Hoffmann in Budapest. Er ist Jude. Im Krieg kann er während eines Gefangenentransports fliehen, viele seiner Verwandten werden in Auschwitz ermordet. Sein Leben wird geprägt von der Erinnerung daran. Das Schreiben Kishons schildert Behre auch ein Entkommen aus der Vergangenheit. 1949 geht er in das neu gegründete moderne Israel und wird schnell bekannt mit seinen Zeitungssatiren - dabei spricht er zunächst kaum Hebräisch.
In Deutschland wurden seine Bücher zu Bestsellern
"So wie der Holocaustüberlende zum beliebtesten Autor der Deutschen geworden war, hatte er im Erwachsenenalter Hebräisch gelernt. Beides sei ihm nur gelungen, weil er nicht gewusst habe, dass das eigentlich unmöglich war.", heißt es in dem Buch.
Zu Beginn der 60er-Jahre erscheinen die Texte dann ausgerechnet auch in Deutschland und werden hier zu Bestsellern. Für den Rest seiner Karriere ist Ephraim Kishon ein Verkaufsgarant für den Buchhandel. Kishon hat daran seinen Anteil nicht nur als Autor. Er schreibt die Bücher, aber er ist auch intensiv in die Vermarktung involviert.
Er war ein Medien- und Vertriebsprofi
Auf die Frage, warum er denn Interview- und Zeitungsanfrage von noch so unbedeutenden Zeitung irgendwo auf der Welt annehme, soll er verärgert reagiert habe. "Du verstehst nicht, wie die Welt funktioniert", habe er geantwortet. "Um Millionen von Büchern zu verkaufen, muss ich arbeiten."
Silja Behre schildert Kishons Leben und Erfolg nicht rein chronologisch, sondern nach Themen geordnet. Es dauert einen Moment, bis man sich als Leser daran gewöhnt. Kishon der Streiter für Israel, dessen Ansichten über Palästinenser heute sicher für Stirnrunzeln sorgen würden. Kishon der Medienprofi. Kishon der Workaholic und auch Frauenheld. Gebrochen am Grab seiner Frau Sara. "Als Sara Kishon im März 2002 starb (…) bekannte Kishon in der Traueranzeige, er habe mit ihr einen 'Teil meiner Seele' verloren", schreibt Behre.
Sehr intelligent, aber auch sehr berechnend
Es ist einer der wenigen Momente, in denen man Kishon nahekommt. Nicht, weil Behre das nicht gelingen würde, sondern weil der Mann selbst nicht übermäßig sympathisch erscheint. Sehr intelligent, aber auch kontrollierend und berechnend. Das ist angesichts seiner Erfahrung als Holocaustüberlebender verständlich. Gleichzeitig ist es aber überraschend zu lesen, dass der lustige Kishon in der Realität nur bedingt ein heiterer Mensch war.
Ephraim Kishon. Ein Leben für den Humor - Biografie.
- Seitenzahl:
- 416 Seiten
- Genre:
- Biografie
- Verlag:
- Langen Müller Verlag
- Preis:
- 25 Euro €